Stadt sucht neue Händler: Wie es um den Bünder Wochenmarkt steht

Bünde. Das Erste, was beim Ortstermin am frühen Dienstagmittag auffällt, ist der Geruch. Es ist dieser Duft nach frischem Obst und Gemüse, der in der Luft liegt – und der Lust auf das Einkaufen macht. In Bünde sorgen insgesamt drei Obst- und Gemüsehändler für das typische Wochenmarkt-Flair. Einer von ihnen ist Sascha Plaß. An seinem rund 16 Meter langen Verkaufsstand in direkter Nachbarschaft zum Gymnasium am Markt gibt es von Kartoffeln über Salate, Möhren und Paprika bis hin zu Erdbeeren alles, was das Herz von Marktbesucherinnen und -besuchern höherschlagen lässt. Einige Obst- und Gemüsesorten in der Auslage baut der 52-Jährige aus Bad Salzuflen selbst an. Bis auf exotische Früchte wie Bananen holt er den Rest &bdquo;überwiegend von umliegenden Höfen“, sagt Plaß. Etwas, das seine Kundschaft zu schätzen weiß. Die freundliche Marktatmosphäre sticht ins Auge &bdquo;Ich gehe bestimmt seit 50 Jahren auf den Markt in Bünde. Weil hier die Qualität stimmt und nicht wie im Supermarkt alles in Plastik eingewickelt ist. Außerdem schätze ich den persönlichen Kontakt zu den Händlern“, sagt eine Kundin am Stand von Plaß. Und in der Tat: Beim Blick über den Platz sticht die freundliche Marktatmosphäre ins Auge. Ein Schwätzchen hier, ein Schwätzchen dort – auch an den anderen Ständen fühlen sich die Kunden offenbar wohl. Zum Thema: Diese sechs Wochenmärkte gibt es im Kreis Herford zu entdecken Auch ein weiterer Händler, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, bestätigt: &bdquo;Ich bin jetzt seit rund 40 Jahren hier und habe ganze Familien über die Jahre begleitet – die Kinder sind groß geworden, weggezogen und kommen heute noch mit auf den Markt, wenn sie mal zu Besuch sind. Nicht selten haben sie selbst wieder einen Kinderwagen dabei.“ Anzahl der Kunden und Händler ist überschaubar Was allerdings auch auffällt, ist, dass die Anzahl der Kunden doch überschaubar ist. Und die Zahl der Stände ebenfalls. Sascha Plaß stimmt diesem Eindruck zu. &bdquo;Der Dienstag ist im Normalfall nur zum Lüften der Ware da“, sagt er. Aber auch am Donnerstag und selbst am Haupttag, dem Samstag, sei es nicht mehr so wie früher. Das bestätigt auch sein Kollege, der sich noch an Markttage in den 60er- und 70er-Jahren erinnern kann. Da sei &bdquo;richtig was los“ gewesen. Es habe Kochvorführungen an den einzelnen Ständen gegeben und zum Teil hätten die Menschen an den Ständen mit frischer Ware Schlange gestanden. Zum Thema: Ein Bünder Gemüsehändler sagt nach Jahrzehnten Tschüss Sascha Plaß ist seit 1996 selbstständiger Markthändler. 2018 hat er zunächst den Stand von Reinhard und Inge Westerbeck in Enger übernommen, Ende 2019 hat er die jahrzehntelang auf dem Markt aktiven Westerbecks dann auch in ihrer Heimatstadt Bünde beerbt. Arbeitstage mit zwölf Stunden sind die Regel &bdquo;Während Corona waren die Menschen froh, dass sie draußen einkaufen konnten, aber das war dann auch schnell wieder vorbei“, sagt Plaß. Die Gesellschaft habe sich eben so entwickelt, mutmaßt er. An erster Stelle kämen das Auto und der Urlaub, für Essen sei dann nicht mehr so viel Geld übrig. Obwohl Plaß Markthändler in vierter Generation ist, trägt er sich daher mit dem Gedanken, die Familientradition zu beenden. Es lohne sich einfach nicht mehr so. Zumal sein Arbeitstag oftmals zwölf Stunden oder mehr habe. &bdquo;Um drei Uhr morgens fangen wir hier mit dem Aufbau an, zwischen sechs und sieben Uhr kommen die ersten Kunden“, berichtet Plaß. Nach Marktschluss um 13 Uhr heißt es abbauen und rund eine Stunde nach Hause fahren. Und selbst dort warten oft noch Bürotätigkeiten. Wenn dann noch am Ende des Monats nicht mehr genug hängen bliebe, würde man ins Grübeln kommen, ob das den ganzen Aufwand wert sei, erzählt Plaß. Stadt sucht neue Händler für den Wochenmarkt So wie ihm ging es in der Vergangenheit schon mehreren Händlern. Von der Zeit als der Marktplatz aus allen Nähten platzte, können Plaß und die anderen nur noch träumen. Am Dienstag sind noch sieben Stände regelmäßig da. Am Samstag sind es immerhin noch 16 Händler. Die Stadt hat als Betreiberin die rückläufige Zahl an Händlern längst registriert und sucht daher neue Marktbeschicker aus fast allen Bereichen, teilt Katrin Greiwe, Referentin der Bürgermeisterin, auf NW-Anfrage mit. Denn &bdquo;durch die abnehmende Händlerzahl hat auch die Attraktivität des Marktes abgenommen“. Allerdings gebe es aufgrund der auch von Plaß geschilderten Arbeitsbedingungen insgesamt immer weniger Händler. &bdquo;Hinzu kommt, dass die Menschen generell seltener oder weniger auf dem Wochenmarkt kaufen, vermehrt wird der Weg in den Discounter gewählt. Die Zahl der Kunden nimmt daher im Laufe der Jahre ab. Die ältere Generation, die mit den traditionellen Marktbesuchen aufgewachsen ist, wird weniger“, teilt Greiwe die Einschätzung der Stadt mit. Händler wünschen sich Entgegenkommen bei den Gebühren Aus Sicht von Sascha Plaß unternimmt diese allerdings nicht genug, um den einst in Bünde so bedeutenden Markt zu fördern. Neben mehr Werbung schlägt er unter anderem vor, dass alle Händler an allen drei Markttagen kommen müssten. Wenn beispielsweise am Dienstag ein Bäcker fehle, würde das die Attraktivität verringern. Angesichts der schwindenden Erträge wünscht sich Plaß zudem ein Entgegenkommen bei den Gebühren. 30 Cent pro angefangenem Quadratmeter kostet die Standgebühr, dazu kommen Stromkosten und eine Toilettenbenutzungsgebühr. Sein Kollege sieht das ähnlich. &bdquo;Die Energiekosten sind für uns Händler eine echte Herausforderung. Dabei sollte es doch auch im Interesse der Stadt sein, dass der Wochenmarkt als Tradition in der Stadt erhalten bleibt.“ Auch wenn sich die Gewohnheiten der Menschen geändert hätten – für viele, meist ältere Menschen, trage ein Wochenmarkt noch immer zur Lebensqualität in einer Stadt bei. &bdquo;Die Toilette kostet zwei Euro pro Tag pro Person. In anderen Städten ist das umsonst“, sagt Plaß. Und auch den Strom gebe es anderswo zum Selbstkostenpreis. Plaß fragt: &bdquo;Warum muss die Stadt am Markt überhaupt etwas verdienen?“ Für ihn jedenfalls, das wird im Gespräch deutlich, ist es fünf vor zwölf.

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