Anonymer Brief mit schweren Vorwürfen gegen Bünder Waldkindergarten

Bünde. Der Waldkindergarten in Dünne basiert auf einem besonderen Konzept. Kinder kommen auf dem rund 1.400 Quadratmeter großen Gelände tagtäglich mit der Natur in Kontakt. In die ausgebaute Holzhütte geht es nur bei schlechtem Wetter. Getragen wird der Kindergarten vom Gründerverein. Der muss sich nun allerdings harten Vorwürfen stellen. Vor kurzem erreichte die NW-Redaktion ein anonymer Brief. Dort heißt es unter anderem, dass das Erzieherteam nicht in der Lage sei, &bdquo;ihrer pädagogischen Aufgabe nachzugehen und die Kinder in kritischen Situationen entsprechend zu betreuen oder zu schützen.“ Der Absender kritisiert in seiner anonymen Beschwerde zudem eine &bdquo;dauernd wechselnde Personalsituation“, oder auch die kurzfristige Änderung von Schließ- und Ankündigung von Ausfallzeiten – im Jahr 2023 soll das fast wöchentlich der Fall gewesen sein. Die Kita-Betreuung sei nicht sichergestellt Auch die Betreuung in der Bring- und Abholzeit sei laut dem anonymen Absender nicht sichergestellt, weil teilweise nur ein Erzieher vor Ort gewesen sei. Ebenso ist die Rede von einem leichtfertigen Umgang mit Gefahren in den zum Gelände gehörenden Wäldern. Die Kritikpunkte lassen darauf schließen, dass es sich bei dem Absender um einen Elternteil eines Kindes handelt, das den Waldkindergarten besucht oder besucht hat. Da der Verfasser allerdings keine Kontaktdaten hinterlassen hat, waren Nachfragen nicht möglich. Der anonyme Absender hat den Brief auch an das Jugendamt gesendet. Das bestätigt Katrin Greiwe, Referentin von Bürgermeisterin Susanne Rutenkröger, auf Nachfrage der NW. Gemeinsam mit dem Landesjugendamt bearbeite die Behörde nun die Beschwerde, heißt es. Gespräche mit dem Vorstand des Vereins sind geplant. Vorsitzende Görtz bestätigt Vorwürfe zum Teil Die Vorsitzende Hannah Görtz zeigte sich im Gespräch mit der NW zutiefst betroffen über die Vorwürfe. Besonders die Kritik an den Erzieherinnen findet sie &bdquo;anmaßend und frech“, wie sie sagt. Zurzeit arbeiten fünf pädagogische Fachkräfte in dem Waldkindergarten, eine davon befindet sich noch im Studium. &bdquo;Das ist eine Kraft mehr als wir laut Schlüssel haben müssen“, sagt Hannah Görtz. Die Fachkräfte kümmern sich um 21 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Mehr zu dem Thema: 108 Meldungen von Kitas aus dem Kreis Herford wegen Erzieher-Mangels Die in dem Brief angesprochene &bdquo;dauernd wechselnde Personalsituation“ kann die Vorsitzende zum Teil bestätigen. &bdquo;Ich will nicht abstreiten, dass wir in dem Punkt Probleme hatten“, sagt Görtz. &bdquo;Aber hier war es nicht schlimmer als woanders.“ Damit bezieht sie sich auf die aktuelle Personalnot in vielen deutschen Kitas. Drei der fünf Erzieherinnen im Waldkindergarten seien seit vier Jahren konstant dabei. Bei den anderen beiden Stellen habe es Fluktuationen gegeben. Einige Eltern sind auch Vereinsmitglieder Gepaart mit Krankheitsfällen sei das wiederum Grund für die in der Beschwerde angesprochenen kurzfristigen Schließzeiten gewesen. Beinah wöchentlich – wie es in dem Brief heißt – sei das jedoch keineswegs vorgekommen. &bdquo;Wir hatten 2023 einmal drei Tage am Stück geschlossen“, berichtet Görtz. Davon abgesehen sei es zwischendurch vorgekommen, dass die Einrichtung ein bis zwei Stunden früher habe schließen müssen. Die 38-Jährige betont allerdings, dass der Vorstand das nicht leichtfertig getan habe – denn der ist von kurzfristigen Schließzeiten immer mit betroffen: Wer sein Kind in dem Waldkindergarten anmeldet, muss auch Vereinsmitglied werden. Dementsprechend sind auch Hannah Görtz und ihre Vorstandskollegen Eltern von Kindern, die den Waldkindergarten besuchen. Personallage habe sich wieder entspannt Der Vorwurf, dass die Betreuung in der Bring- und Abholzeit nicht sichergestellt sei, &bdquo;ist falsch“, so Görtz. Es handelt sich dabei um die erste und letzte halbe Stunde der Betreuungszeit. In Ausnahmefällen sei ihr zufolge eine Erzieherin höchstens mal 15 Minuten alleine gewesen; zum Beispiel an Tagen, an denen die Erzieherinnen wegen Krankheit unterbesetzt waren. &bdquo;Und da haben wir natürlich abgewägt: Reizt man das aus, was man darf oder schließt man?“, erklärt Görtz. Ihr Vereinskollege Philipp Quest, der für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins zuständig ist, findet es &bdquo;bizarr“, dass sich der Absender einerseits über Schließzeiten beschwert und andererseits ebenfalls kritisiert, wenn die Kita trotz Personalnot geöffnet blieb. Lesen Sie auch: Eingeschränkte Betreuung: So holen sich Eltern ihre Kitabeiträge zurück Nach der angespannten Situation zum Jahreswechsel, habe sich die Personallage in dem Waldkindergarten nun wieder entspannt, wie Görtz berichtet. Eine Erzieherin streitet die Vorwürfe ab Eine der Erzieherinnen ist Kathrin Günther. Sie ist seit Februar in der Kita angestellt und ist mit Hannah Görtz und Philipp Quest bei dem Gespräch mit der Neuen Westfälischen in der Kita anwesend. Günther, die vorher 20 Jahre als Erzieherin in Berlin gearbeitet hat, und ihre Teamkolleginnen waren ebenfalls erstaunt über die Vorwürfe, wie sie berichtet. Sie selbst versteht das Verhalten des Absenders nicht. &bdquo;Wenn ich wirklich solche Angst um mein Kind hätte, hätte ich es doch abgemeldet“, sagt sie. Zudem streitet sie ab, dass sie und ihre Kolleginnen &bdquo;leichtfertig“ – wie es in dem Brief heißt – mit Gefahrenstellen umgegangen seien. Die Erzieherinnen seien stets zu dritt im Wald mit den Kindern. Und: &bdquo;Die Kinder kennen die Punkte, bis wohin sie laufen dürfen“, so Günther. Keine weiteren Beschwerden über die Waldkita Philipp Quest und Hannah Görtz weisen auch darauf hin, dass sich die Erzieherinnen an die im Sicherheitskonzept festgehaltenen Punkte halten müssen. Dort heißt es unter anderem, dass Ausflüge in den umgebenden Wald nur gemacht werden dürfen, wenn das Erzieherteam keine Bedenken hat, dass durch Witterungsverhältnisse unverhältnismäßige Gefahren für die Kinder zu befürchten sind. Zudem, so Quest, würden Förster und Baumkletterer die Bäume regelmäßig kontrollieren, um mögliche Gefahren auszuschließen. Hannah Görtz und Philipp Quest sind sehr enttäuscht darüber, dass womöglich Eltern von (ehemaligen) Kita-Kindern hinter dem anonymen Brief stecken. Vereinzelt habe es mit Eltern Konfliktsituationen gegeben, allerdings finden sie die Beschwerde ungerechtfertigt. &bdquo;Dieses hintenrum ’reinwürgen’ finde ich wirklich schade“, sagt Philipp Quest. Er hätte sich ein persönliches Gespräch mit dem Verfasser gewünscht. Wie Katrin Greiwe von der Stadt Bünde sagt, handelt es sich bei dem anonymen Brief um die erste Beschwerde über die Einrichtung in Dünne, die beim Jugendamt eingegangen ist. Generell erhalte das Jugendamt &bdquo;nur vereinzelt Beschwerden über Kindertageseinrichtungen“, berichtet Greiwe. Lesen Sie auch: &bdquo;Bitte holt die Kinder früher ab“: Kita-Strategie verschärft Probleme noch

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