Angeklagter bestreitet Gewaltausbruch: Ehepaar misshandelt?

Bünde/Bielefeld. Der Vorfall ist mittlerweile mehr als dreieinhalb Jahre her, nun muss sich Patryk I. (Namen aller Betroffenen geändert) vor der X. Großen Strafkammer des Bielefelder Landgerichts verantworten. Der polnischstämmige Arbeiter ist angeklagt, im September 2018 ein Paar in dessen Bünder Wohnung gequält und die Frau zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht bislang von folgendem Geschehen aus: Im September 2018 hielt sich der Angeklagte mehrere Tage in der Wohnung auf, die Barbara O. gemeinsam mit ihrem Verlobten Filip S. bewohnte. Als sich Filip S. am 26. September bei der Arbeit befand, war I. mit der Frau alleine. Gegen 14.30 Uhr begann er plötzlich, diese zu beleidigen. Er drohte, er werde sie umbringen und forderte sie auf, ihr T-Shirt auszuziehen. In der Folge begrapschte er die verängstigte Barbara O. und fügte ihr mit einem Küchenmesser eine Verletzung an der rechten Hand zu. Darüber hinaus hielt er ihr ein Messer an Hals und Bauch und schlug der Frau mit der flachen Hand mehrfach ins Gesicht. Als Filip S. gegen 16.15 Uhr von der Arbeit zurückkehrte, sagte I., dass die Frau ein Verhältnis mit ihm habe. In der Folge soll er weiter auf die Frau eingeschlagen, Filip S. mehrfach getreten und beide mit einer Geflügelschere bedroht haben. Schließlich stach er der Frau mit dem Küchengerät in den Rücken und ein Bein. Darüber hinaus legt die Anklage I. zur Last, Barbara O. in den Schwitzkasten genommen zu haben und diese derart gewürgt zu haben, dass die Frau kurzzeitig das Bewusstsein verlor. Er nötigte O. zu weiteren sexuellen Handlungen. Dabei verlor er schließlich die Geflügelschere. Filip S. ergriff das Gerät und ging damit auf den Angeklagten los, während Barbara O. die Polizei anrief. Anschließende Blutproben ergaben, dass Patryk I. zur Tatzeit nicht unerheblich unter dem Einfluss von Alkohol, Amphetaminen und Cannabis stand. Angeklagter sagt, er sei "ein böser Mensch gewesen" In der Verhandlung vor der X. Großen Strafkammer des Landgerichts räumte I. ein, dass es tatsächlich einen unschönen Vorfall gegeben habe – doch habe dieser sich gänzlich anders abgespielt als in der Anklage niedergelegt. Er sei früher in Polen &bdquo;ein böser Mensch“ gewesen, berichtete der Angeklagte. Dies habe daran gelegen, dass er seit dem 18. Lebensjahr Drogen konsumiert habe, was allerlei Straftaten inklusive mehrerer Haftstrafen nach sich gezogen habe. Doch habe er nach einer Haftentlassung 2017 die Kurve bekommen wollen: Über eine Leiharbeitsfirma habe es ihn nach Bünde verschlagen, wo er zunächst in einem von der Firma angemieteten Zimmer gewohnt habe. Auch mit der Drogenabstinenz habe es zunächst sehr gut geklappt. Als er schließlich Filip S. und dessen Verlobte kennengelernt habe, habe die Frau ihm angeboten, dass er doch bei dem Paar wohnen könne, schilderte der Angeklagte weiter. Er habe dies als einen Ausbruch aus seinem Alltag gesehen, verbunden mit der Aussicht, mit dem Paar Drogen konsumieren und feiern zu können: &bdquo;Ich dachte, ich könne das kontrollieren.“ In der Folgezeit sprachen sie dann offenbar regelmäßig berauschenden Mitteln zu. &bdquo;Amphetamine gehörten bei uns dazu wie das Brot zum Frühstück“, sagte I. vor Gericht. Schließlich sei es in Abwesenheit von Filip S. zu Annäherungsversuchen seitens dessen Verlobter gekommen. &bdquo;Ich dachte mir: Warum nicht? Ich habe das aber nur als Abenteuer angesehen“, so der Angeklagte. Als die Frau ihn schließlich aufforderte, er solle später Filip S. aus der Wohnung werfen, habe er dann doch Zweifel bekommen. Während die Frau im Bad war, habe er eine Bekannte in Polen angerufen – mit der Bitte, in der Leitung zu bleiben und das Gespräch mitzuverfolgen. Als O. ins Zimmer zurückgekehrt sei, habe O. wiederholt, dass S. aus der Wohnung geworfen werden soll. &bdquo;Ich sagte zu ihr. Bist du bescheuert?“, führte I. in der Verhandlung weiter aus. "Ich schäme mich, hier zu sitzen" Daraufhin habe sich ein Streit entwickelt, in dessen Verlauf O. gesagt habe, dass sie einfach alles leugnen werde. Als er sie damit konfrontiert habe, dass es eine Ohrenzeugin am Telefon gebe, sei O. panisch geworden. Als schließlich Filip S. zurückgekehrt sei, habe er diesem vom Geschehen berichtet. Schließlich habe ihn S. mit einer Geflügelschere angegriffen. &bdquo;Ich habe die Angriffe nur abgewehrt. Dabei hörte ich, wie O. mit der Polizei telefonierte.“ &bdquo;Ich schäme mich, hier zu sitzen“, sagte I. vor Gericht, &bdquo;ich bin nicht in dieses Land gekommen um Straftaten zu begehen.“ Außerdem empfinde er Stress, weil er die Vorwürfe nicht einfach zugeben könne. &bdquo;Ich habe viele Straftaten begangen – aber niemals welche mit sexuellem Hintergrund“, führte er aus. Nun obliegt es dem Gericht, herauszufinden, welche der Versionen der Wahrheit wohl am nächsten kommt. Der Prozess wird am 8. Juni fortgesetzt.

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