Pädokriminelles Netzwerk zerschlagen: Welche Rolle spielte ein 56-Jähriger aus Minden?

Minden/Bielefeld. Als im Sommer 2024 das Spezialeinsatzkommando (SEK) die Wohnung von Ralf S. (Name geändert) im Stadtteil Stemmer stürmte, war der 56-Jährige gerade im Darknet aktiv. Auf seinem Laptop liefen zu diesem Zeitpunkt mehrere Videos, die schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zeigten. Seit Mittwoch, 2. Juli, muss sich S. vor dem Landgericht Bielefeld verantworten. Die Staatsanwaltschaft Köln wirft ihm die bandenmäßige Verbreitung kinderpornografischer Inhalte vor. Er soll aktives Mitglied des inzwischen zerschlagenen Darknet-Portals &bdquo;Alice im Wunderland“ gewesen sein – ein Fall, der landesweit für Schlagzeilen sorgte. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) äußerte sich dazu im Oktober 2024 auch auf einer extra dafür einberufenen Pressekonferenz. Welche Rolle spielte der Mindener in diesem kriminellen Netzwerk? Die Polizisten fanden bei ihm mehr als 30.000 strafbare Bilder von Mädchen und minderjährigen Frauen sowie vier Videos. Staatsanwältin Juliane Weber sagte vor Gericht, die weiblichen Personen seien in sexuellen Posen und bei sexuellen Handlungen mit Erwachsenen zu sehen. Der Angeklagte soll zwischen Mai und Juni 2024 mehrere Dateien in dem Forum hochgeladen und Missbrauchstaten zum Nachteil von Kindern verbreitet haben. Ralf S. soll dort außerdem Material angeschaut haben. Hintergrund: Großeinsatz gegen Kindesmissbrauch? Spezialeinheiten stürmen Wohnhaus Drei Vorstrafen wegen ähnlicher Delikte Bei seiner Einlassung am Mittwoch holte der Angeklagte weit aus und beschrieb, dass er bereits wegen ähnlicher Delikte drei Vorstrafen habe, sich zwischen 2013 und 2014 therapieren ließ und seit 20 Jahren eine Nebenstrompädophile habe. Eigentlich sei er nur an erwachsenen Frauen interessiert und habe wie vor der neunmonatigen U-Haft eine langjährige Beziehung geführt. Ralf S. gab an, dass er mit dem Material von jungen Frauen lediglich seine Fantasie anregen wolle. &bdquo;Ich würde nie zum Täter werden und schaue mir nur im stillen Kämmerlein Bilder an“, sagte er. Der Verpackungsmechaniker gab an, keinen sexuellen Kontakt zu Minderjährigen zu suchen und Gewaltdarstellungen abzulehnen. Dennoch war er auf einer Plattform aktiv, in der genau solchen Dateien verbreitet und sogar der schwere Missbrauch von Säuglingen geteilt wurde. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen habe er mit dem Beginn der Corona-Pandemie viel Zeit allein zu Hause verbringen müssen und sei auf die Plattformen im Darknet gestoßen. &bdquo;Ich bin schwach geworden.“ Irgendwann habe er das Forum &bdquo;Alice im Wunderland“ gefunden und die Angebote dort passiv konsumiert. &bdquo;Ich war erstaunt, was dort alles zu sehen war.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke .responsive23-cJjflqcP2VLTWIRc-bar-vertical-sexueller-missbrauch-von-kindern { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-cJjflqcP2VLTWIRc-bar-vertical-sexueller-missbrauch-von-kindern { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-cJjflqcP2VLTWIRc-bar-vertical-sexueller-missbrauch-von-kindern { padding-top: 142.86%; } } Angeklagter war fast täglich auf der Plattform unterwegs Interessiert sei er vor allem an fiktiven pornografischen Erzählungen gewesen und Bildern von jungen, pubertierenden Frauen. Seiner Ansicht nach seien diese volljährig gewesen und nicht zu den Aufnahmen gezwungen worden. Woher er wusste, ob ein Zwang bestand oder nicht, ließ er offen. Da er selbst keine Dateien hochgeladen habe, wurde er eigenen Angaben zufolge aus dem Forum geworfen. Konzept sei es dort, dass sich Mitglieder aktiv beteiligen. &bdquo;Daraufhin habe ich einige Internetlinks zu Galerien veröffentlicht, die ich selbst nicht hochgeladen, aber abgespeichert hatte.“ Obwohl sich Ralf S. für junge Mädchen nicht interessieren will, zeigten die von ihm geteilten Bilder jedoch genau diese. Durch die Links habe man ihm wieder einen Zugang zur Plattform gewährt, auf der er bis zum SEK-Einsatz fast täglich aktiv war, so der Angeklagte. Die Staatsanwältin Juliane Weber und Vorsitzende Richterin Verena Willeke stellten infrage, ob der Mindener wirklich nur an pubertierenden Frauen Interesse habe und nicht an Mädchen unter zehn Jahren. Schließlich seien viele Dateien mit Bildern dieser Altersgruppe bei ihm gefunden worden. Auch als das SEK bei ihm einstieg, hatte er Fenster mit Videos offen, auf denen Kinder zu sehen waren. Insgesamt durchsuchte das SEK sieben Objekte deutschlandweit Der Angeklagte sagte hierzu, er habe ganze Galerien heruntergeladen. Dort sei auch Material enthalten gewesen, das ihn nicht ansprach. Außerdem behauptete er, weniger Dateien besessen zu haben. Es müsse sich um Duplikate auf der Festplatte handeln. &bdquo;Ich will wieder den Schritt ins Leben schaffen, eine weitere Therapie beginnen.“ Die Anklage beruht auf einer Durchsuchung am 27. September 2025 in einem Mehrfamilienhaus im sonst eher beschaulichen Sandbauernweg. Anwohner berichteten dem MT damals, dass mit Sturmhauben vermummte Polizisten Fenster im ersten Stock des Hauses eingeschlagen und gegen 17.30 Uhr einen Mann abgeführt haben sollen. Dabei handelte es sich um den Angeklagten. Mehr dazu: Neuer Missbrauchskomplex aufgedeckt? Innenminister veröffentlicht erste Informationen Insgesamt durchsuchten die Spezialkräfte damals im großen Umfang sieben Objekte in verschiedenen Bundesländern und vollstreckten sechs Untersuchungshaftbefehle – gegen zwei Administratoren, zwei Moderatoren und zwei Nutzer des Forums. Das soll laut Ermittlern mehr als hunderttausend Mitglieder gehabt haben. Neben Rolf S. müssen sich fünf weitere Beschuldigte dem MT zufolge demnächst in einem gebündelten Verfahren vor dem Landgericht Mönchengladbach verantworten. Sie hatten offenbar führende Rollen auf der Plattform, sollen mehr Straftaten als Rolf S. begannen und mehr Dateien besessen sowie verbreitet haben. Der Prozess gegen den Mindener ist der erste in diesem Komplex. Der Prozess gegen den Mindener wird am 18. Juli fortgesetzt.

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