Fahrschüler stehen nach langer Corona-Pause Schlange für Prüfungstermine

Versmold. Vom 16. Dezember bis 10. Januar ging gar nichts in den Fahrschulen in Nordrhein-Westfalen. Wegen des harten Lockdowns konnten die Fahrlehrerinnen und -lehrer weder Fahrstunden, theoretischen Unterricht noch Prüfungen anbieten. Ärger herrscht vor allem auch darüber, wie kurzfristig die Bestimmungen ausgesprochen wurden. &bdquo;Wir wurden einfach stillgelegt. Alle sind sehr enttäuscht, auch die Eltern. Es gab so viele Fragen, auf die wir keine Antworten hatten. Wir mussten uns immer erklären", sagt Christian Kern, Inhaber der gleichnamigen Fahrschule in Versmold. Die Unklarheit mancher Begriffe habe bei vielen zur Verwirrung geführt. So sei beispielsweise berufsbezogene Ausbildung erlaubt gewesen. &bdquo;Doch was heißt das eigentlich? Kraft- und Busfahrer ist klar. Aber was ist mit denen, die für ihren Beruf einen Anhänger ziehen müssen, oder die, die ohne &bdquo;Lappen" nicht zu den jeweiligen Arbeitsorten beziehungsweise Berufsschulen kommen?", fragen sich Kern und Dietrich Pleitner, Inhaber der zweiten Versmolder Fahrschule, unisono. Die Frage sei überhaupt nicht geklärt worden, weil keiner Bescheid gewusst habe. Weder das Straßenverkehrs- noch das Ordnungsamt, erinnern sich beide. &bdquo;Das ist ein Stück Freiheit" Ab dem 11. Januar gab es schließlich leichte Lockerungen. So durften die, die mehr als die Hälfte der erforderlichen Stunden bereits hinter sich hatten, wieder geschult werden. Auch da gab es große Verunsicherungen. Denn was ist in diesem Fall die Hälfte? Es gibt zwölf Pflichtstunden, aber der Rest liege an der individuellen Begabung der Fahrschüler. &bdquo;Die meisten benötigen zusätzlich zu den Pflichtstunden im Schnitt 30 Stunden", erläutert Kern. Patrick Bußmann war Fahrschüler von Christian Kern und hatte 17 Fahrstunden. Er war fit für die Fahrprüfung, die er eigentlich am 18. Dezember hätte machen dürfen. Der Lockdown hat ihn damals besonders hart getroffen, denn nur zwei Tage vorher kam aufgrund der Pandemie die Absage. &bdquo;Das war für mich natürlich schlimm", sagt Patrick Bußmann, der im Betrieb seiner Eltern eine Lehre zum Gebäudereiniger begonnen hat. Einen Monat musste er warten, bis er am 21. Januar seine Prüfung ablegen konnte. Am 30. April ist der Auszubildende 18 Jahre alt geworden und darf nun eigenständig mit seinem BMW fahren. &bdquo;Das ist ein Stück Freiheit", strahlt der Versmolder. &bdquo;Die Schüler können nach einer so langen Zeit nicht einfach in die Prüfung gehen" &bdquo;Die Schüler können nach einer so langen Zeit nicht einfach in die Prüfung gehen. Sie müssen zusätzliche Fahrstunden nehmen, um perfekt vorbereitet zu sein. Das verursacht natürlich Mehrkosten", sagt Christian Kern, der insgesamt fünf Fahrschulen betreibt. Das seien sechs Stunden von je 45 Euro. Drei Prüfungen hatte er angemeldet. Insgesamt sollten gut 30 Führerscheinanwärter am 17., 18. und 22. Dezember ihre Fahrprüfung ablegen. Alle wurden storniert. Theoretischer Unterricht ging nur noch online. &bdquo;Wir durften nur noch maximal 25 Schüler in NRW theoretisch schulen. Das Kuriose daran: Ich musste das extra beantragen, und wir mussten außerdem jede einzelne Stunde aufzeichnen", sagt Kern. Viermal die Woche jeweils 90 Minuten seien das gewesen. &bdquo;Wie viele Datenmengen sind das? Als wären wir Verbrecher. Da ist mir der Kragen geplatzt, und ich habe beim Landrat Widerspruch eingelegt", bemerkt Kern noch immer verärgert. Seit dem vergangenen Freitag dürfen die Fahrschulen wieder im Präsenzunterricht schulen. Tjark Flethe ist Schüler von Dietrich Pleitner. Er fing im Herbst 2020 mit dem Führerschein an. Ab Dezember schulte er sich per App und bestand die theoretische Prüfung mit null Fehlerpunkten. Dann gab der Versmolder ordentlich Gas und nahm eine Fahrstunde nach der nächsten, um möglichst schnell zur praktischen Prüfung angemeldet zu werden. Daraus wurde bisher allerdings nichts. Aber schon bald hat der 18-Jährige seinen Führerschein in der Tasche. Darüber ist er froh, denn er ist in der Ausbildung zum Maurer und sein Chef braucht dringend jemanden, der mobil ist und eigenständig zu den Baustellen fahren kann. &bdquo;Das ist völlig unlogisch" Dietrich Pleitner hatte und hat noch mit Corona zu kämpfen. &bdquo;Die finanzielle Decke wird dünner, und auch die verlorene Zeit ist ein schwieriger Punkt. Wir können das Vierteljahr, das uns insgesamt fehlt, nicht so schnell aufholen", sagt der Fahrlehrer. Als vor drei Wochen im Kreis die Notbremse gezogen wurde, hätten sie wieder nicht schulen können, aber prüfen. &bdquo;Das ist völlig unlogisch. Das kann man keinem erklären", zeigt sich Pleitner erstaunt. Schulen im Fahrschulwagen geht jetzt wieder. Aber lediglich tagsüber. Wegen der noch immer geltenden Ausgangssperre dürfen Fahrschulen keine Nachtfahrten anbieten. Das sind aber Pflichtstunden, ohne die es keine Zulassung zur Prüfung gibt. Mulmiges Gefühl im Auto ohne Mindestabstand Pleitner gesteht, er habe immer ein mulmiges Gefühl, wenn er neben einem Schüler sitze. Im Auto seien 1,50 Meter Mindestabstand schließlich nicht einzuhalten. Er ärgert sich auch über die unterschiedlichen Regelungen in den Nachbarkreisen, die für ihn ein weiteres Problem darstellten. &bdquo;Die Schüler sahen Fahrschulwagen und fragten sich, warum geht das bei uns nicht? Das ist bitter." Und weil die Fahrschulen so lange geschlossen hatten, stehen die Fahrschüler jetzt Schlange. Viele wollen den Führerschein machen, doch der TÜV hat einfach zu wenig Prüfungstermine, obwohl er jetzt auch samstags prüft. &bdquo;Wir ziehen die vor, die dringend den Führerschein benötigen. Das ist natürlich ärgerlich für die anderen. Geht aber nicht anders", erklärt Dietrich Pleitner.

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