Die CDU bleibt stärkste Kraft, die Grünen legen mächtig zu

Rietberg. Die Grünen in Rietberg sind auf Erfolgskurs. Mit 11,46 Prozent der abgegebenen Stimmen (plus 6,2 Prozent) und einer Verdoppelung ihrer bisher zwei auf nunmehr vier Ratsmandate sind sie die unangefochtenen Wahlsieger der gestrigen Kommunalwahl. Im Stadtparlament stellen sie künftig die drittstärkste Fraktion. Freuen darf sich auch die CDU (43,11 Prozent), auf die 17 Sitze entfallen – bei einem Minus von 0,9 Prozent. Gewinner sind auch die Liberalen (4,69 Prozent), die ein zweites Mandat erhalten haben (plus 2,3 Prozent). Die Freien Wähler (32,38 Prozent) müssen hingegen drei Sitze abgeben und sind im neuen Rat mit nur noch zwölf Mandaten vertreten (minus 5 Prozent). Die SPD-Fraktion (8,35 Prozent) verliert einen Sitz und verfügt damit nur noch über drei Mandate (minus 2,7 Prozent). Die Beteiligung der insgesamt 23.896 Wahlberechtigten lag bei 55,6 Prozent. Anders als in anderen Kommunen, stand der Bürgermeister gestern nicht zur Wahl. Die Amtszeit von Andreas Sunder, der erst 2018 wiedergewählt wurde, dauert noch bis 2025. Zugewinne der Grünen sind nicht allein mit dem Zeitgeist zu erklären Den Zugewinn der Grünen allein mit dem Zeitgeist zu erklären, würde dem Engagement von Gabi Siepen, die seit 30 Jahren im Bau-, Planungs- und Verkehrsausschuss dicke Bretter bohrt, nicht gerecht. Ihre sachkundigen Beiträge, die in der nun abgelaufenen, fast sechseinhalb Jahre währenden Legislaturperiode bisweilen ungehört verhallten, treffen inzwischen auch in den übrigen Fraktionen auf offene Ohren. Jüngstes Beispiel ist die Forderung der Grünen, dass Trinkwasser, das für die Gartenbewässerung und das Befüllen von Pools genutzt wird, nicht länger von der Abwassergebühr zu befreien (ein Beschluss steht noch aus). Auch in Themen wie die geplante Bebauung einer Grünfläche im Herzen von Varensell oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 in den Dorfzentren haben die Grünen sich konstruktiv eingebracht. Die Christdemokraten, die bis Mai 2014 im Rat die absolute Mehrheit stellten, stellen auch weiterhin die stärkste Fraktion. Das Wahlprogramm unter dem Motto &bdquo;Heimat.Zukunft.Rietberg" hat offenbar gezündet. Dass die CDU dennoch Stimmen eingebüßt hat, mag zurückzuführen sein auf manche vielleicht nicht ganz durchdachte Forderung, die – konfrontiert mit den Kosten – dann doch wieder abgeschwächt werden musste. Beispiel: &bdquo;Wir wollen die Schulbücher abschaffen und beantragen, dass jeder Schüler in Rietberg, von der Grundschule bis zum Abitur, mit einem Tablet ausgestattet wird". Dass die Freien Wähler, die von sich selbst behaupten &bdquo;wir sind keine Polit-Profis und möchten auch keine sein", Vertrauen eingebüßt haben, überrascht nicht. Die Kaltschnäuzigkeit im Umgang mit der Bürgerinitiative gegen das City-Outlet dürfte den Rietbergern ebenso sauer aufgestoßen und in Erinnerung geblieben sein, wie das bisweilen selbstverliebte Agieren in dem öffentlich ausgetragenen Streit mit der CDU um den Standort des neuen Dorfplatzes in Mastholte. Der Wähler hats quittiert. "Einzige Fraktion, die über die gesamte Legislatur klare Kante gezeigt hat" Dass die SPD einen Sitz verloren hat, war nicht unbedingt zu erwarten. Denn ganz falsch liegt Gerd Muhle nicht, wenn er sagt: &bdquo;Wir sind die einzige Fraktion, die über die gesamte Legislatur klare Kante gezeigt hat." Ob zum Thema ÖPNV und Mobilität, den prekären Lebens- und Arbeitsverhältnissen der Werkvertragsarbeiter, die geforderte Unterschutzstellung des Hauses Hamschmidt oder das Silvesterfeuerwerksverbots in der historischen Altstadt: Die SPD hat stets engagiert, konstruktiv und an der Sache orientiert argumentiert. Der FDP, die künftig mit einer Stimme mehr im Rat mitmischt und damit wieder Fraktionsstärke erreicht, ist es offenbar gelungen, ihre Stammwählerschaft zu halten und neue Stimmen hinzu zu gewinnen. Dem einen oder anderen mag in Erinnerung geblieben sein, dass die Liberalen sich als einzige Fraktion von Anfang an klar gegen das 2018 an einem Bürgerentscheid gescheiterte City-Outlet-Projekt positioniert haben. Der Wähler hat es honoriert – allein schon mit Blick auf die Frage, wie Rietberg heute, in Zeiten von Corona, darbendem Einzelhandel und womöglich leer stehenden Konsumtempeln am Nord- und Südtor, wohl da stünde. Spannend könnte die Diskussion um die FDP-Idee werden, vor den Toren der Stadt einen künstlichen See zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen anzulegen.

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