Gütersloh

SPD-Politiker spekuliert über mögliche Haftstrafe für Unternehmer Tönnies

Ralf Stegner kritisiert, dass Tönnies Anträge auf Lohnkostenerstattung beim Land NRW gestellt hat. Er appelliert, Unternehmer Clemens Tönnies zur Verantwortung zu ziehen. Sebastian Hartmann von der SPD in NRW springt ihm zur Seite.

Bei Tönnies hatten sich rund 1.400 Arbeiter nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Dafür, dass das Unternehmen nun Staatshilfen beantragt hat, steht es in der Kritik. | © Andreas Frücht

13.07.2020 | 15.07.2020, 14:50

Berlin (dpa/geis). In der Debatte über die Arbeitsbedingungen bei dem nordrhein-westfälischen Schlachtbetrieb Tönnies hat der SPD-Politiker Ralf Stegner über eine Haftstrafe für den Unternehmer Clemens Tönnies spekuliert. „Da findet richtige Ausbeutung statt. Er hat eine Menge damit zu tun, dass wir da einen Corona-Hotspot hatten", sagte Stegner am Sonntagabend bei „Bild live". Er fügte hizu: „So jemand braucht nicht staatliche Hilfe durch Steuergelder, der sollte zur Verantwortung gezogen werden. Vielleicht kommt er irgendwann in staatliche Kost und Logis." Bei Tönnies würden Gesetze missachtet. Dem müsse mit aller Konsequenz nachgegangen werden.

Tönnies stellt Antrag auf Erstattung von Lohnkosten

Mit Blick auf den Antrag des Unternehmens auf Erstattung von Lohnkosten durch das Land Nordrhein-Westfalen in der Corona-Krise sagte der schleswig-holsteinische SPD-Fraktionschef im Politik-Talk „Die richtigen Fragen", es sei „unverschämt, dafür die Steuerzahler heranzuziehen."

Der Schlachtbetrieb Tönnies und weitere Subunternehmer hatten Ende vergangener Woche beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe Anträge auf Erstattung von Lohnkosten durch das Land Nordrhein-Westfalen gestellt. Hintergrund sind die Quarantäne-Maßnahmen, die nach dem massiven Corona-Ausbruch unter Tönnies-Arbeitern am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück verhängt wurden. Das Infektionsschutzgesetz sieht nach Angaben der Behörden eine Erstattung vor, wenn Gesundheitsämter einen Betrieb schließen und Quarantäne anordnen.

Unternehmen soll auf Staatshilfen verzichten

Bei Tönnies hatten sich rund 1.400 Arbeiter nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Die ersten Fälle waren nach Tests Mitte Juni bekannt geworden. Vorübergehend waren deshalb zusätzliche Corona-Einschränkungen des öffentlichen Lebens für den Kreis Gütersloh und auch für den Nachbarkreis Warendorf verhängt worden. Dort wohnen ebenfalls viele Tönnies-Mitarbeiter.

Der thüringische CDU-Landesvorsitzende Mike Mohring forderte Tönnies in der Sendung am Sonntag zum freiwilligen Verzicht auf Staatshilfen auf. „Das sollte nicht der Steuerzahler ausbügeln", sagte Mohring. Ähnlich äußerte sich auch CSU-Generalsekretär Markus Blume: „Bei Tönnies ist Aufklärung notwendig, was da eigentlich passiert ist, wo geltendes Recht und Gesetz nicht eingehalten wurde. Klar ist, dass das nicht auf dem Rücken der Steuerzahler ausgetragen werden kann."

Hartmann kritisiert Tönnies und attackiert Laschet-Regierung

Wie schon Stegner, kritisiert auch Sebastian Hartmann, SPD-Vorsitzender in NRW, den Unternehmer Clemens Tönnies und seinen Fleischkonzern. „Die Dreistigkeit von Fleischbaron Clemens Tönnies ist schier grenzenlos", schreibt er in einem Statement an die Redaktion. "Nun fordert er staatliche Hilfe, um die ausgefallenen Lohnkosten durch die Corona-Quarantäne in seinem Konzern zahlen zu können. Das Unternehmen hat zusammen mit seinen Subunternehmen die Erstattung der Lohnkosten durch das Land Nordrhein-Westfalen gestellt. Das ist unverschämt."

Grund für den massiven Corona-Hotspot sei Tönnies "dreiste Misswirtschaft, für die über Jahre Gesetze gebrochen worden sind." Dafür dürfe nicht der Steuerzahler aufkommen. Vielmehr müsse Tönnies persönlich und mit aller Konsequenz zur Verantwortung gezogen werden. Der Unternehmer allein habe "zig Millionen mit seinem ausbeuterischen und menschenverachtenden System gescheffelt." Hartmann weiter: "Auch wenn das Infektionsschutzgesetz eine Erstattung für Unternehmen vorsieht, wenn Gesundheitsämter einen Betrieb schließen und Quarantäne anordnen, hat sich Tönnies diese Möglichkeit selbst verwehrt durch sein System der Ausbeutung."

Der SPD-Politiker hätte es begrüßt, wenn Tönnies schon vor Jahren dafür gesorgt hätte, dass seine Mitarbeiter nicht in "verschimmelten und überbelegten Bruchbuden" hätten leben müssen. Ihnen hätten vernünftige Arbeits-, Lebens- und Wohnverhältnisse zugestanden. "Doch das interessierte den Fleischbaron überhaupt nicht", so Hartmann. Für ihn zähle nur das Geld und sein maximaler Gewinn. "Hier muss jedoch auch die Rolle der Laschet-Regierung genau beleuchtet werden. Sie hat für Tönnies Sonderregelungen geduldet und unterstützt", erklärt Sebastian Hartmann.