Rheda-Wiedenbrück. Als eines der letzten Geldinstitute bundesweit führt die Kreissparkasse Wiedenbrück für ihre privaten Kunden nach 70 Jahren einen Kontoführungspreis ein: Vom 1. Oktober an kosten alle privaten Konten fünf Euro pro Monat, also 60 Euro im Jahr. Diese Pauschale umfasst alle Leistungen rund um das Privatgirokonto. Das heißt, die bisherigen Preise für die Sparkassen-Card, für telefonische Überweisung sowie für TANs im Online-Banking entfallen ab diesem Zeitpunkt. Auch das Bargeldabheben an rund 23.600 Sparkassen-Geldautomaten deutschlandweit bleibt kostenfrei.
„Wir haben uns diese Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht. Am Ende eines tiefgehenden Analyse- und Entscheidungsprozesses haben wir uns entschieden, die Querfinanzierung der Privatgirokonten aufzugeben", sagte vor der Presse Johannes Hüser, der mit seinem Vorstandskollegen Werner Twent die Eckdaten des 163. Geschäftsjahres der Kreissparkasse Wiedenbrück erläuterte. Um es vorwegzunehmen: Angesichts der schwierigen Marktbedingungen ist man in der Führungsetage der Kreissparkasse Wiedenbrück durchaus mit dem Geschäftsjahr 2018 zufrieden. „Wir haben es auch im abgelaufenen Geschäftsjahr erneut geschafft, ein vergleichsweise starkes Wachstum in allen maßgeblichen Positionen und allen Kundensegmenten zu erreichen, auch und vor allem dank der prächtigen Entwicklung der heimischen Region", fasste Hüser, der Ende März 2020 in den Ruhestand treten wird, die aktuelle Lage zusammen.
Jammern hilft nicht, denn es gibt Faktoren in der Finanzwelt, auf die die heimischen Banker keinen Einfluss haben. So auch die Zinsen, die sich seit mehr als zehn Jahren auf Tiefflug befinden und jüngst sogar einen historischen Tiefpunkt erreicht haben. Ein langanhaltendes Niedrigzinsumfeld bedeute schlicht, so Hüser, dass der wesentliche Baustein im Geschäftsmodell aller regional verankerten Kreditinstitute deutlich weniger ertragreich sei. So werde es auch für die Kreissparkasse Wiedenbrück zunehmend schwieriger, aus den anvertrauten Kundeneinlagen eine auch nur geringe positive Rendite zu erwirtschaften. Er machte diese Zinsmisere an zwei Beispielen deutlich: Eine Anlage bringe heutzutage erst nach einer Laufzeit von 23 Jahren einen positiven Zins von 0,37 Prozent, 1,20 Prozent seien in der Theorie erst nach 100 Jahren zu erreichen. der Vorstandschef: „Daran sieht man, wie verrückt die Welt geworden ist".
Vorstandsmitglied Johannes Hüser geht 2020 in Rente
Wenn Johannes Hüser am 31. März seinen Chefposten an Werner Twent übergibt, hinterlässt er seinem Nachfolger ein reich bestelltes Feld. Das machen die Zahlen und Daten des Geschäftsjahres 2018 deutlich. Die Kreissparkasse Wiedenbrück habe sich in Anbetracht der „Großwetterlage aus Negativzinspolitik, Digitalisierung und Regulatorik" erneut erfolgreich durchgesetzt. Seinen Dank richtete Hüser vor allem an die Mitarbeiter, die zu diesem positiven Abschluss maßgeblich beigetragen hätten.
Hier die wichtigsten Kenndaten: Bei den Kundeneinlagen verzeichnete man eine erneute Zunahme um etwa 6,7 Prozent auf knapp 2,3 Milliarden Euro. Auch bei der Bilanzsumme gab es im Vergleich zum Vorjahr abermals einen überdurchschnittlichen Anstieg der Bilanzsumme um 6,3 Prozent auf mehr als 2,8 Milliarden Euro. Das Kreditgeschäft wuchs in diesem Zeitraum um 3,6 Prozent auf 1,16 Milliarden Euro. Gute Geschäfte machte die Kreissparkasse in den Bereichen Krankenversicherung (18 Prozent mehr Verträge) sowie bei der Kfz-Versicherung (plus 12 Prozent). Hüser und Twent erinnerten an das traditionell ausgeprägte öffentliche Engagement der Kreissparkasse – auch im vergangenen Jahr hat die Bank mit insgesamt 860.000 Euro eine Vielzahl von Vereinen, Kindergärten und Schulen sowie Initiativen in den Bereichen Jugendarbeit, Sport, Natur und Umwelt sowie Kunst und Kultur gefördert.
Besonders stolz ist man auf die überdurchschnittlich hohe Ausbildungsquote (8,7 Prozent). Aktuell bildet die Kreissparkasse 25 junge Menschen zu Bankkaufleuten aus. Es könnten mehr sein. Auch in den kommenden Jahren benötige man gut qualifizierte Nachwuchskräfte.
INFORMATION
Emilian Klein ist neu im Vorstand
- Während seiner jüngsten Sitzung hat der Verwaltungsrat Emilian Klein einstimmig zum 1. April 2020 zum Mitglied des Vorstands der Kreissparkasse Wiedenbrück bestellt.
- Das wurde durch die Zweckverbandsversammlung bestätigt, unterliegt aber noch dem Vorbehalt der Zustimmung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin), teilt das Geldinstitut mit. Die Bestellung erfolgt, da Johannes Hüser zum 31. März 2020 in den Ruhestand treten wird. Zum Vorstandsvorsitzenden hat der Verwaltungsrat ebenfalls einstimmig das langjährige Mitglied des Vorstands der Kreissparkasse Wiedenbrück, Werner Twent, berufen.
- Zu diesem Zeitpunkt wird Twent mehr als 37 Jahre für die Sparkassenfinanzgruppe und davon 23 Jahre als Vorstand der Kreissparkasse Wiedenbrück gewirkt haben.
- Emilian Klein begann seine Berufslaufbahn im Jahr 1994 bei der heutigen Sparkasse Gütersloh-Rietberg. Nach verschiedenen verantwortungsvollen Positionen war er dort ab 2007 Abteilungsleiter Gewerbekunden. Seit 2011 verantwortet der diplomierte Sparkassenbetriebswirt das Firmenkundengeschäft der Sparkasse Unna-Kamen und ist dort auch Verhinderungsvertreter des Vorstands. Der 43-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder.