Gefährlicher Weg im Kreis Gütersloh: "Wer hier spazieren geht, riskiert sein Leben"

Halle-Hesseln. Jaron Bodin hatte es schon befürchtet. Als der Förster von Wald und Holz NRW diese Woche seinen Routinegang durch den Wald nahe dem Hesseltal machte, musste er feststellen, dass das etwa 1,40 Meter hohe Sperrgatter aus Draht niedergerissen war. Die Metallstützen, die den Draht halten sollen, waren auf Höhe des Bodens abgeknickt. Das Flatterband mit der Aufschrift "Betreten verboten" war zerrissen und das in Plastikfolie eingeschweißte Informationsschreiben in die Gegend geschleudert. Wieder einmal haben Unbekannte die Absperrung des Försters ignoriert und hier ihrem Unmut freien Lauf gelassen. "Ich bin dieses Katz-und-Maus-Spiel leider schon gewohnt", sagt Bodin. Seit dem Sommer 2022 sorgt die Sperrung des beliebten Waldweges in Halle für viel Aufsehen. Wanderer hatten sich bereits im Sommer gewundert, warum im Landeswald zwischen der Gaststätte Hesseltal und der Burg Ravensberg plötzlich kein Durchkommen mehr war. Sie waren regelrecht sauer, ignorierten sämtliche Sperrungen und Warnhinweise. Damals hatte Förster Bodin zum Schutz der Waldbesucher den Wanderweg mit einem hohen Gatter aus Draht abgeriegelt, Flatterband mit der Aufschrift "Betreten verboten" gespannt sowie ein Informationsschreiben am Zaun befestigt. Es drohe Lebensgefahr, hieß es im August. Betroffen ist das parallel zur ehemaligen Bundesstraße 68 verlaufende Gebiet, das rund um den ersten Höhenzug und im folgenden Tal in Richtung Burg Ravensberg liegt. Es ist rund 1.000 Meter lang und hat eine Fläche von rund 35 Hektar. Knackpunkt ist der Weg an der Außenkante, der auch fast überall die Grenze des Landeswaldes bildet. Dieser Pass wird seit Langem gern von Wanderern genutzt, die ihr Auto im Hesseltal abstellen und dann zur Burg Ravensberg nach Borgholzhausen laufen. Auch Bewohner von Hesseln nutzen ihn für ihre Hundespaziergänge, gehen ihn über Feldwege von der ehemaligen B 68 an und verlassen ihn meist auch wieder vor dem offiziellen Anfang oder Ende. Die Bäume im Hessetal im Kreis Gütersloh bekommen eine Art Sonnenbrand Die sommerliche Sperrung des Waldweges wurde jetzt von der Unteren Forstbehörde noch einmal bestätigt. Die Sperrung sei keineswegs willkürlicher Akt, sondern eine zwingende Vorsichtsmaßnahme. "Aus diesem Grund bleibt der Weg bis auf Weiteres dauerhaft gesperrt", betont Jaron Bodin. Die Gefahr für Leib und Leben sei schlicht zu groß. Bodin wird ganz deutlich: "Wer hier jetzt noch spazieren geht, riskiert sein eigenes Leben!" Die Ursache dafür ist: An dem Weg am Südhang des Teutoburger Waldes stehen eine Vielzahl von Gehölzen (eine Zählung der Forstverwaltung ergab 80 bis 100 zum Teil sehr alte Buchen), die extrem geschwächt sind und jederzeit umstürzen oder Äste verlieren können. "Diese Ereignisse können praktisch immer auftreten - nicht nur bei Sturm oder starkem Regen. Es ist lebensgefährlich, diesen Weg zu nutzen", sagt Förster Bodin. Teilweise haben die betroffenen Buchen ein Volumen von zehn Festmetern Holz und wiegen bis zu zehn Tonnen. Schon ein einzelner, zehn Kilogramm schwerer Ast, der aus 20 Metern Höhe fällt, könne einen Spaziergänger erschlagen. Die extreme Schwächung der Bäume rührt von mehreren Faktoren. Jaron Bodin erklärt: "Zum einen fehlte in den vergangenen Jahren ausreichender Niederschlag. Zum anderen ist der Lichteinfall auf der Südseite recht hoch. Dadurch bekommen die Buchen - ähnlich wie wir Menschen - eine Art Sonnenbrand. Die Rinde platzt auf, das Holz zersetzt sich. Insekten und Pilze haben in solchen Fällen leichtes Spiel, den geschwächten Baum zu befallen und zu zersetzen." Aufwand einer Fällaktion im Hessetal im Kreis Gütersloh viel zu groß Zu diesen Folgen des Klimawandels kommt die Ausweisung des Areals zu einem Wildnisentwicklungsgebiet. Das Forstamt Hochstift hat den Bereich im Hesseltal und in Cleve schon vor fünf Jahren zu einem Wildnisentwicklungsgebiet erklärt, um die Anforderungen der nationalen Biodiversitätsstrategie zu erfüllen. Ausgewählt wurden Bestände, die aufgrund ihres Alters und der Baumartenzusammensetzung eine wichtige Rolle für die Natur spielen und sich hier möglichst ohne menschliche Eingriffe weiterentwickeln sollen. So wird dieses Waldstück sich selbst überlassen. "In der Theorie produzieren gestresste Bäume sehr viel neues Saatgut, aus dem kleine Bäume wachsen, die besser an die klimatischen Veränderungen angepasst sind", informiert Jaron Bodin. Dies sei allerdings ein sehr langwieriger Prozess. "In 30 Jahren haben wir dann vielleicht wieder 10 bis 15 Meter große Bäume", so Bodin. Um die Verkehrssicherheit in der Gegenwart zu gewährleisten, hatte die Forstbehörde nun die Wahl, entweder den Weg zu sperren (wie geschehen) oder die Bäume in Gänze zu fällen. "Eine Fällaktion in diesem Ausmaß würde einen viel zu großen Eingriff in die unter Schutz stehende Natur bedeuten und wichtige Strukturen zerstören", sagt Förster Bodin. Aus diesem Grund müssen die Wanderer nun auf die anderen Wege ausweichen. Dabei bietet sich der Hermannsweg als Ersatz an. Jaron Bodin wird regelmäßig wiederkommen und das Sperrgatter kontrollieren.

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