Kirchenverkauf in Gütersloh: Was wird aus den sakralen Bauten?

Gütersloh. In Duisburg-Neumühl ist derzeit eine moderne Kirche mit Gemeindehaus im Angebot. Über Inserate auf Online-Plattformen wie &bdquo;immobilienscout24.de“ wird das Objekt angepriesen: 1.790.000 Euro müssen Käufer hinlegen, um die 900 Quadratmeter große, orange-rote Immobilie zu erwerben, in der früher mal Gläubige ihren Gottesdienst gefeiert haben. Auch in Gütersloh stehen Kirchen zum Verkauf – die evangelische Gemeinde etwa befindet sich mitten im Veräußerungsprozess. Doch wie weit ist dieser gediehen und wie steht es um die Zukunft der Gebäude und Grundstücke? &bdquo;Wir verkaufen unser Tafelsilber“, sagt Pfarrerin Wiebke Heine &bdquo;und das geht nun mal nicht von jetzt auf gleich.“ Die 56-jährige Gütersloherin führt als Presbyteriums-Vorsitzende gemeinsam mit Baukirchmeister Siegbert Geldner (61) die Gespräche mit potenziellen Käufern. Das Duo muss dabei Geduld beweisen, wie allein das Beispiel Kahlertstraße verdeutlicht. Dort steht die seit mehr als einem Jahr nicht mehr genutzte und nach wie vor von Schimmelbefall betroffene Kirche &bdquo;Zum Guten Hirten“ zum Verkauf. Im Oktober 2024 wurde bekannt, dass die Gemeinde für das 4.171 Quadratmeter große Areal mit Kirche, Turm und Gemeindehaus einen Verkaufserlös zwischen 1,3 und 1,5 Millionen Euro erzielen möchte und mit einer Handvoll Investoren verhandele. Hintergründe: Gefährlicher Schimmel in Gütersloh: Immobilie bleibt geschlossen – wie geht es weiter? Gespräche mit potenziellen Investoren laufen Inzwischen sind acht Monate vergangen. &bdquo;Wir sind immer noch mit den potenziellen Investoren im Gespräch“, sagt Wiebke Heine zum aktuellen Stand, &bdquo;denn bei einem so großen Areal und einer doch recht hohen Investitionssumme – auch für potente Investoren – dauert es eine Weile.“ Dass die Liegenschaft in Bauland für Mehrparteienhäuser umgewidmet wird, wie es nach NW-Informationen im Oktober zur Debatte gestanden haben soll, bestätigt die Pfarrerin nicht. Letztlich, so Wiebke Heine, habe der Käufer des Grundstücks &bdquo;die Freiheit und Verantwortung zu entscheiden, wie er damit umgeht“. Ungewöhnliche Konzepte für ehemalige Kirchen Bundesweit gibt es etliche Fälle, in denen sakrale Gebäude umgewidmet worden sind und einen neuen Zweck erfüllen. Dabei sind kreative Ideen umgesetzt worden: Die ehemalige Kirche St. Peter Waldhausen in Mönchengladbach ist Deutschlands einzige Kletterkirche. In Waldfischbach-Burgalben (Südwestpfalz) findet man in einer früheren Pfarrkirche den Friseur &bdquo;Hairdom“ und in Hürth hat ein Tanzstudio in ein profaniertes Gebäude Einzug gehalten. In Münster gibt es eine Kita mit Innenspielplatz. &bdquo;GlückundSeligkeit“: Bekanntes Restaurant in Bielefelder Kirche Das aber wohl renommierteste Beispiel befindet sich in Bielefeld. Dort wurde 2005 die ehemalige Martinikirche zum Restaurant &bdquo;GlückundSeligkeit“ umgebaut, was damals quer durchs Land für Schlagzeilen sorgte. &bdquo;Ein Restaurantbetrieb wie das GlückundSeligkeit in Bielefeld haben wir für keine unserer Kirchen im Blick“, stellt Wiebke Heine beim Ortstermin in der Gütersloher Johanneskirche fest. Das 1954 geweihte und auch durch einen Wasserschaden mittlerweile abgängige Gebäude am Pavenstädter Weg steht ebenfalls zum Verkauf. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Glu?ckundSeligkeit Bielefeld (@gluckundseligkeit) Dort scheint die Gemeinde etwas weiter zu sein als andernorts. &bdquo;Ich hoffe, dass wir hier auf der Zielgraden sind“, erklärt die Pfarrerin, die den geschäftsführenden Ausschuss und das Presbyterium laufend über den aktuellen Stand informiert. Was aus der Johanneskirche wird, entscheidet der zukünftige Besitzer – wenngleich das Presbyterium ebenso wie die westfälische Landeskirche vor dem Kauf ihre Zustimmung geben müssen. &bdquo;Um diese zu erlangen, erstellen wir gerade in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung für Bau und Liegenschaften des Kirchenkreises ein Gesamtkonzept unserer Immobilien“, erklärt Wiebke Heine. Außerdem arbeite man bei allen Vorhaben eng mit der Stadt Gütersloh zusammen. &bdquo;Natürlich wäre es super, wenn es eher mit einem Anbieter klappt, der die Werte der Kirche verkörpert.“ Aber man habe in Gütersloh eben auch mit Wohnungsnot zu kämpfen und auch sozialer Wohnungsbau sei eine Option. Weniger Mitglieder, weniger Kirchensteuern Oberste Priorität genießt derzeit aber die Marschroute, möglichst hohe Verkaufserlöse aus den Objekten an der Kahlertstraße und am Pavenstädter Weg zu erzielen. &bdquo;Denn wir stehen vor enormen Herausforderungen mit hohen Investitionen“, erklärt die Gütersloher Pfarrerin im Hinblick auf den 2020 begonnenen Zukunftsprozess. Weniger Mitglieder, weniger Kirchensteuern, aber immense Unterhaltskosten sorgen auch bei der evangelischen Kirchengemeinde in Gütersloh für Zwänge und große Auswirkungen auf den Bedarf und Bestand an Gebäuden. Bis 2032 soll die Zahl der Kirchen auf drei schrumpfen. Außerdem gibt ein Beschluss der Landessynode vor, dass bei den verbleibenden Kirchen (Martin-Luther-, Matthäus- und Erlöserkirche) der Treibhausgas-Ausstoß bis 2035 auf zehn Prozent gesenkt werden soll. &bdquo;Kommt darauf an, möglichst viel Geld in die Kasse zu spülen“ Obendrein wird ab 2030 – nach Eintritt der Babyboomer-Generation in den Ruhestand – die Bezugsgröße für eine Pfarrstelle auf 5.000 Gemeindeglieder angehoben. &bdquo;Fakt ist, dass wir aus diesen Gründen und aufgrund der zukünftig deutlich angespannten Personal- und Finanzlage mit einer hohen Dringlichkeit an unserer Gebäudekonzeption arbeiten müssen“, schildert Wiebke Heine – so bitter und schmerzhaft das auch für die Menschen sei, die ihre Kirchen und Gemeindezentren abgeben müssten. &bdquo;Für uns kommt es darauf an, möglichst viel Geld in die Kasse zu spülen.“ Lesen Sie auch: Neuer Rekord: So viele Gütersloher sind noch nie aus der Kirche ausgetreten Groß investieren müssen wird die Gütersloher Gemeinde unter anderem in den Erhalt und die Modernisierung der Martin-Luther-Kirche am Berliner Platz. &bdquo;Auch an diesen Plänen arbeiten wir kontinuierlich“, sagt Heine, die allein die jährlichen Kosten zur Unterhaltung der Innenstadtkirche auf mehr als 100.000 Euro beziffert. &bdquo;Bei allen Entscheidungsträgern herrscht Einigkeit, dass die Martin-Luther-Kirche baulich ertüchtigt werden muss.“ Mit Hinblick auf die zukünftige Nutzung der benachbarten Apostelkirche, die ab 2032 an nicht mehr aus Kirchensteuermitteln finanziert werden soll, &bdquo;hat es ein Auftaktgespräch gegeben“, erklärt Baukirchmeister und Presbyter Siegbert Geldner. Beteiligt seien daran auch die Stadt und die Bürgerstiftung gewesen. Die Umgestaltung der Evangeliumskirche (Auf der Benkert) zu einem Kolumbarium, also einer Aufbewahrungsstätte für Urnen, befände sich gegenwärtig in der Prüfung.

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