Am Bahnhof und ZOB

Auffällige Plakate in Güterslohs Innenstadt aufgetaucht – das steckt dahinter

Die Plakate im Stil einer Kinowerbung mit dem „FSK 18“-Logo sind seit wenigen Tagen an prominenter Stelle in Gütersloh zu sehen. Das hat es damit auf sich.

Die Plakate des Aktivistenkollektivs "Dies Irae", die auf das Tierleid in deutschen Schlachtbetrieben aufmerksam machen wollen. Der Titel erinnert zynisch an einen beliebten Kinderfilm aus dem Jahr 1995: "Ein Schweinchen namens Babe." | © Amelie Halstenberg

12.06.2025 | 12.06.2025, 10:14

Gütersloh. Manch einer ist vielleicht schon über die neuen Plakate mit „FSK 18“-Logo am Gütersloher Bahnhof und ZOB gestolpert. Das Aktivistenkollektiv „Dies Irae“ (lateinisch für „Tag des Zorns“) hat am vergangenen Wochenende Plakate im Stil einer Kino-Werbung aufgehangen.

Hintergrund dieser Plakataktion ist ein Gerichtsprozess, der am Mittwoch, 11. Juni, am Landgericht Oldenburg beginnt. Zwei Aktivisten hatten im Frühjahr 2024 mit versteckter Kamera die legale CO2-Betäubung von Schweinen in einem norddeutschen Schlachthof gefilmet, woraufhin der Betreiber die Tierschützer wegen Hausfriedensbruchs anklagte.

Nicht nur in Gütersloh laufen Passanten an den Plakaten mit dem Titel „Ein Schweinchen namens Babe - das qualvolle Ersticken“ entlang. Auch in Oldenburg und Osnabrück hat das Aktivistenkollektiv Plakate in verglasten Werbeschaukästen angebracht. Ein dunkler Hintergrund und Schweine hinter Gitterstäben sind darauf zu sehen.

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Gütersloher Polizei liegt bislang keine Anzeige vor

Mit „einfachem Werkzeug wurden die großen Werbevitrinen geöffnet und die Plakate getauscht“, berichtet die Aktionsgruppe. „Die Plakate in den Werbekästen wurden sachgerecht eingehängt und wieder verschlossen. Dabei entstand weder ein Sachschaden, noch wurden Plakate entwendet.“

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Das Vorgehen sei insofern nicht strafrechtlich relevant, betont das Kollektiv. Der Sprecher der Polizei Kreis Gütersloh, Mark Kohnert, wendet jedoch ein, dass der Betreiber der Werbevitrine Anzeige erstatten könne. Indes: „Aktuell liegt uns nichts vor. Es laufen keine Ermittlungen.“

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Das Bild auf den Plakaten stammt von Aufnahmen der beiden Aktivisten Anna Schubert und Hendrik Hassel, die die CO2-Betäubung von Schweinen im Schlachthof „Brand Qualitätsfleisch“ zeigen. Die Tierschützer filmten, wie Schweine in eine Gondel getrieben und dort mit Kohlendioxid betäubt werden.

Aktivisten werden auf fast 100.000 Euro Schadensersatz verklagt

Der Sauerstoffentzug löse Panik unter den Tieren aus und das CO2-Gas reize die Schleimhäute der Schweine. „Sie beginnen zu schreien, sind verängstigt und versuchen ihre Nasen durch die Gondelwand zu strecken, um an Sauerstoff zu gelangen“, beschreibt das Kollektiv „Dies Irae“ die Szenen.

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Nach „ARD“-Informationen habe der Schlachthofbetreiber den Betäubungsvorgang derweil von einem unabhängigen Tierschutzexperten prüfen lassen. Dabei seien keine Verstöße oder Mängel aufgefallen.

Nun verklagt das Unternehmen die Aktivisten Schubert und Hassel auf 98.000 Euro Schadensersatz wegen Hausfriedensbruch. „Sie sollen zusätzlich eine Unterlassungserklärung unterschreiben, das Material nicht weiter zu verbreiten. Andernfalls drohen 140.000 Euro Strafe“, so „Dies Irae“, die vor Prozessbeginn die Aktivisten mit ihrer Plakatkampagne unterstützen wollen.

Aktivisten sind seit 2013 deutschlandweit aktiv

„Dies Irae“ ist ein anonymes „Adbusting“-Kollektiv, das seit 2013 deutschlandweit mit Plakataktionen auf verschiedene gesellschaftliche und politische Themen aufmerksam machen möchte. „Adbusting“ ist eine Aktionsform, bei der Werbung im öffentlichen Raum überklebt oder auf andere Weise umgestaltet wird.

INFORMATION


Das ist CO2-Betäubung

Die Betäubungsmethode mit Kohlenstoffdioxid (CO2) ist erlaubt, aber umstritten. Die Tiere sollen beim Schlachten so wenig wie möglich leiden. Daher werden sie vorher betäubt. Doch die CO2-Betäubung läuft nicht unbedingt sanft ab.

So äußert sich die hessische Tierschutzbeauftragte Madeleine Martin zu den Aufnahmen der Tierschutzaktivisten in einem Beitrag der „ARD“: „Das, was wir hier gesehen haben, ist hochgradige Tierquälerei.“ Insbesondere die Atemnot mache diese Betäubungsform so „entsetzlich.“

Zwar werde derzeit nach alternativen Betäubungsmöglichkeiten geforscht. Doch diese neuen Methoden seien bisher nur in kleinen Anlagen getestet worden und somit noch nicht praxistauglich, so der Leiter der Stabsstelle Tierschutz bei Tönnies, Jörg Altemeier.