Hausärztemangel in Gütersloh: Diese Praxis sucht jetzt dringend Verstärkung

Gütersloh. In der Praxis von Dr. Michaela Strenge am Kolbeplatz in Gütersloh herrscht auch nach offiziellem Sprechstundenende geschäftiges Treiben. Noch 45 Minuten nach Schließung kümmert sich die Medizinerin um die verbleibenden Patienten. Gerne würde die Ärztin ihr Praxisteam um einen Assistenzarzt erweitern, doch die Suche gestaltet sich schwierig. Seit gut einem Jahr ist Strenge auf der Suche nach Unterstützung. Bislang allerdings ohne Erfolg. &bdquo;Täglich betreuen wir etwa 80 Patientinnen und Patienten“, erklärt Strenge. &bdquo;Schon während der Sprechstunde am Vormittag klingelt das Telefon oft 60 Mal.“ Die hohe Nachfrage führt dazu, dass sie regelmäßig Patienten, die einen neuen Hausarzt suchen, abweisen muss, weil ihre Kapazitäten erschöpft sind. &bdquo;Ich kann nicht mehr Leisten als jetzt“, betont die Medizinerin. Lesen Sie auch: Hausarzt-Praxis im Kreis Gütersloh schließt – Nachfolger-Suche bleibt erfolglos Die unvermeidliche Bürokratie, die den Praxisbetrieb begleitet, bleibt dabei nicht selten auf der Strecke. &bdquo;Zum Jahreswechsel konnten wir glücklicherweise eine Sekretärin einstellen, die mir in administrativen Angelegenheiten enorm entlastet“, so Strenge erleichtert. Erweiterung des Angebots zur Bekämpfung von Lifestyle-Erkrankungen Zusätzlich plant die Praxis eine Erweiterung ihres Behandlungsangebots. In Kooperation mit der Diplom-Personaltrainerin Simone Dreier wird an einem Konzept gearbeitet, das gezielte Bewegungsstrategien, individuelle Schmerztherapie und präventive Maßnahmen zu einem ganzheitlichen Ansatz verbindet. Das Ziel: Die Gesundheit und Lebensqualität der Patienten langfristig zu fördern und effektiver auf Lifestyle-Erkrankungen wie Übergewicht reagieren zu können, erläutert Strenge. Doch es ist nicht nur der hohe Krankenstand und die Umstrukturierung ihrer Praxis, die Strenge nach Verstärkung suchen lässt. Sie sieht die hausärztliche Versorgung in Gütersloh in Gefahr. &bdquo;Die hausärztliche Versorgung steht vor großen Herausforderungen. Immer mehr Ärzte gehen in den Ruhestand, während zu wenige Nachwuchsmediziner nachrücken“, sagt die Medizinerin. Besonders betroffen sei der Kreis Gütersloh, wo die Hausarztdichte mit nur 50,4 Ärzten pro 100.000 Einwohner deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liege, ergänzt sie. Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) unterstützen die Befürchtungen der Ärztin. 82,5 Hausärzte (Vollzeitäquivalente) sind derzeit nach Angaben der KVWL im Mittelbereich Gütersloh tätig, zu dem neben der Stadt Gütersloh auch Verl, Harsewinkel und Versmold zählen. Das ergibt demnach einen Versorgungsgrad von 80,4 Prozent. Bei unter 75 Prozent sprechen Fachleute von einer Unterversorgung. Kooperation mit der Universität Bielefeld &bdquo;Es gibt eine Erhebung von 2023, nach der das Durchschnittsalter der Hausärzte 63,4 Jahre beträgt. Das heißt, in den kommenden zehn Jahren wird ein massiver Rückgang an Ärzten zu erwarten sein“, betont Strenge. Aus diesem Grund habe sie sich auch dazu entschieden eine Kooperation, als akademische Lehrpraxis mit der Universität Bielefeld einzugehen. &bdquo;Als akademische Lehrpraxis bieten wir Medizinstudierenden die Möglichkeit, wertvolle Praxiserfahrung zu sammeln und einen tiefen Einblick in die moderne medizinische Versorgung zu erhalten“, sagt Strenge. Die Ausbildung von Medizinstudierenden und Ärzten müsse nun oberste Priorität haben, um den drohenden Zusammenbruch der hausärztlichen Versorgung zu verhindern, fügt sie hinzu. Lesen Sie auch: Wechsel in Gütersloher Praxis: Duo verabschiedet sich – das sind die neuen Betreiber &bdquo;Wir brauchen dringend Nachwuchsmediziner, die sich für die Allgemeinmedizin begeistern.“ Das sei jedoch nicht so einfach. Allgemein hin gebe es immer noch die Annahme unter angehenden Medizinern, dass die Tätigkeit als Allgemeinmediziner spröde und langweilig sei. &bdquo;Das ist nicht der Fall. Klar, es gibt Routinearbeiten, aber die machen nicht mehr als 30 Prozent des Jobs aus“, betont Strenge. Außerdem ermögliche die Arbeit in einer Praxis eine viel bessere Work-Life-Balance im Vergleich zu einer Anstellung im Krankenhaus.

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