„Fast gestorben“: Bielefelder Krebs-Patient hilft Güterslohern mit seiner Geschichte

Gütersloh/Bielefeld. Das Leben von Detlef Wasmuth änderte sich im Jahr 2007 plötzlich und ohne Vorbereitung. Wegen Problemen mit dem Stuhlgang ließ er eine Darmspiegelung vornehmen. Die Diagnose: Darmkrebs. Er hatte Glück, der Krebs ist mittlerweile besiegt. Doch seitdem sieht sein Leben anders aus: Er ist Stomaträger. Seine Ausscheidungen werden seitdem durch einen künstlichen Darmausgang an der linken Bauchseite in einen Beutel geleitet, den er rund um die Uhr tragen muss. Das mag sich erst seltsam anhören, für Detlef Wasmuth ist das mittlerweile vollkommen normal. Und er will andere Stomaträgern und denen, die es bald werden, unterstützen. Dafür hat er zwei Selbsthilfegruppen - &bdquo;Freundeskreis der Stomaträger“ - in Gütersloh und Bielefeld gegründet. Dabei war bei seiner Diagnose noch gar nicht sicher, dass er überhaupt einen Stoma braucht, sagt er im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Plötzlich platzt der Mastdarm Die Bestrahlung und Chemo waren erfolgreich, der Tumor schrumpfte. Aber dann hatte er Pech, sagt er heute. Zwei Tage vor der geplanten OP, bei der der Tumor entfernt werden sollte, platzte sein Mastdarm - der Abschnitt des Darmes, der im After endet. Zwei Liter Blut sammelten sich im Bauchraum des Bielefelders. Wenn das nicht passiert wäre, würde er den Stoma heute vermutlich nicht brauchen, sagt der Bielefelder. Nach mehreren Tagen auf der Intensivstation und der OP begann er schließlich die zweite Chemo. &bdquo;Die hat mich fast umgebracht“, sagt Detlef Wasmuth. Die Chemo war zu stark. Nach wenigen Wochen war er von 75 auf 55 Kilogramm runter. &bdquo;Rechte Niere tot, die linke noch 70 Prozent. Niemand hat damit gerechnet, dass ich das überlebe.“ Entgegen dem Anraten seiner behandelnden Ärztin brach er die Chemo ab, denn: &bdquo;Ich entscheide, was mit meinem Körper passiert.“ Später hörte er von einem anderen Arzt, dass ihm das das Leben gerettet hat. Lesen Sie auch: Kampf mit Behörden: Mutter aus dem Kreis Gütersloh hofft auf Betreuung für kranken Sohn Nur Betroffene können Betroffenen helfen Er kämpfte sich zurück ins Leben, fortan allerdings mit einem künstlichen Darmausgang. In einer Selbsthilfegruppe des Verbandes &bdquo;ILCO“ lernte er viel über den Umgang mit dem neuen Stoma. &bdquo;Mir hat es gefallen, wie ich aufgenommen wurde. Selbsthilfegruppen haben in der Öffentlichkeit immer noch einen schlechten Ruf, aber nur Betroffene können Betroffenen helfen“, sagt Wasmuth. 2016 gründete er schließlich die beiden eigenen Selbsthilfegruppen in Gütersloh und Bielefeld. Einmal im Monat treffen sich die Mitglieder, um sich gegenseitig auszutauschen. &bdquo;Neuankömmlinge sollen erst einmal ihre Geschichte erzählen. Und man merkt: Das tut gut“, sagt der 77-Jährige, der beide Gruppen selbst leitet. Tipps für Menschen vor der OP Sogar Menschen, die noch keinen Stoma haben und kurz vor der OP stehen, sind willkommen. Denn sie können sich vorab wichtige Tipps abholen. Auch die Angehörigen seien jederzeit herzlich eingeladen, denn die werden oft vergessen, sagt der Bielefelder. &bdquo;Aber für sie ändert sich ja auch etwas, die müssen mit den Betroffenen leben.“ Neue Stomaträger wollen vor allem Fragen beantwortet bekommen, wie: Kann ich mit dem Stoma auch schwimmen gehen? Kann ich Fahrrad fahren? Kann ich damit in den Urlaub fliegen? Was muss ich bei der Ernährung beachten? Generell könne ein Stomaträger alles machen, was er vorher auch gemacht hat. Ratgeberforen im Internet solle man nicht allzu viel Gehör schenken, sagt Wasmuth. &bdquo;Alles, was ich vorher gegessen habe, esse ich jetzt auch. Der Körper sagt dir schon, was er nicht verträgt.“ Aktivitäten wie Schwimmen gehen oder in den Urlaub fliegen sei ebenso gar kein Problem. Die anderen Stomaträger geben lediglich Hinweise, worauf zu achten ist. Gruppenleiter legt Wert auf Unabhängigkeit Durch den Stoma sollen die Gruppenmitglieder nicht an Lebensqualität verlieren. Das sei Wasmuth ganz besonders wichtig. Deswegen lege er großen Wert darauf, dass jeder sich alleine versorgen kann. &bdquo;Erst dann ist man wirklich unabhängig“, sagt der 77-Jährige. &bdquo;Leute, die sich von dem Ehe-Partner versorgen lassen wollen, frage ich immer, ob sie dem anderen auch den Hintern abputzen wollen - weil nichts anderes ist das ja.“ In den Gruppentreffen soll es aber nicht nur um Krankheiten gehen. Vielmehr soll es ein lockeres und vor allem geselliges Miteinander sein, bei dem gescherzt und gelacht wird. &bdquo;Wir feiern zusammen Geburtstage mit Süßigkeiten und einem Glas Sekt, wir machen Ausflüge und Weihnachtsfeiern“, sagt Wasmuth. &bdquo;Es macht immer richtig viel Spaß.“ Seien Sie immer top informiert: Die aktuellen News aus Gütersloh gibt’s jetzt auf Whatsapp Doch die Selbsthilfegruppen werden immer kleiner - auch durch Corona. Darum appelliert Detlef Wasmuth an alle künftigen oder aktuellen Stomaträger in Gütersloh und Bielefeld vorbeizukommen, ganz nach dem Motto: &bdquo;Nur Betroffene können Betroffenen helfen.“ Einen Mitgliedsbeitrag gibt es nicht, die Teilnahme ist kostenfrei.

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