Alltag mit künstlichem Darmausgang - Engeraner berichtet: „Man denkt erst, das Leben hört auf“

Enger. &bdquo;Man denkt erst: Das Leben hört auf“, sagt Hans Abelshauser (48). Nach einer Not-OP vor zwei Jahren wurde ihm ein Stoma, ein künstlicher Darmausgang eingesetzt. Über 150.000 Menschen in Deutschland haben einen solchen künstlichen Ausgang. Die Umstellung auf die neue Situation kann hart für sie sein. Dass der Darm nun über einen Beutel entleert wird, ist ein großes Tabuthema und schwierig für das Selbstwertgefühl. Unterstützung finden Betroffene im Kreis Herford in der Stoma-Selbsthilfegruppe in Enger. Einmal im Monat treffen sich rund 15 Stoma-Betroffene in den Räumlichkeiten unter der Stadtbücherei Enger. Es ist die einzige Stoma-Selbsthilfegruppe im Kreis Herford. Die nächsten Gruppen gibt es erst in Bielefeld und Minden. Wer in der Selbsthilfegruppe gedrückte Stimmung und einen ständigen Austausch über die eigene Krankengeschichte erwartet, liegt deutlich falsch. Denn in der Stoma-Gruppe wird viel gelacht, ohne Scham gesprochen und vor allem Gemeinschaft erlebt. Gemeinschaft mit Menschen, die einen vielleicht etwas besser verstehen können als die eigenen - &bdquo;stoma-losen“ - Angehörigen. &bdquo;In eine ziemliche Depression verfallen“ Laut der Deutschen Krebsgesellschaft haben rund 70 Prozent aller Stomaträger eine Krebserkrankung. Zum ersten Mal hätte sie die Erkrankung mit 30 gehabt, berichtet eine der Besucherinnen der Gruppe. Nun ist sie 65. In ihrer Familie sei das eine Erbkrankheit. &bdquo;Mein Vater und meine zwei Brüder, von denen ist keiner über 40 Jahre alt geworden“, berichtet sie. Nachdem sie zum vierten Mal deswegen operiert wurde, sei ihr dann ein seitlicher Darmausgang gelegt worden, erinnert sich das Gruppenmitglied. Lesen Sie auch: Wie ein Arztwechsel für eine Familie aus Spenge zum Albtraum wurde Der Begriff Stoma beschreibt mehrere Operationen. Typisch sind laut der ILCO (der deutschen Selbsthilfevereinigung und Menschen mit Darmkrebs sowie deren Angehörigen) ein künstlicher Dick- oder Dünndarmausgang als Stoma. Es gibt aber auch eine künstliche Harnableitung. Ihr &bdquo;Geschäft“ erledigen die Betroffenen dann nicht mehr selbst, sondern der Darm (beziehungsweise der Harn) wird über den künstlichen Ausgang in einen Beutel entleert. Eine Stoma-Operation kann deutlich früher im Leben kommen, als gedacht. Sie kenne einen Fall, in dem ein Baby direkt am Tag nach der Geburt ein Stoma gesetzt bekommen hätte, berichtet Elke Luttermann. Die ausgebildete Krankenschwester ist als Stomatherapeutin tätig. Sie betreut Menschen, nachdem sie mit einem Stoma aus dem Krankenhaus entlassen wurden. Einige Patienten würden nach Einsetzen des Stomas &bdquo;in eine ziemliche Depression verfallen“, sagt Elke Luttermann. &bdquo;Man steht nicht alleine da“ Ein Stoma kann auch sehr plötzlich eingesetzt werden, wie Hans Abelshauser (48) berichtet. Wegen einer Vorerkrankung wurde er am Dickdarm operiert, berichtet er. Fünf Tage nach der Operation sei er dann aber mit starken Schmerzen aufgewacht. Die OP-Nähte waren gerissen, erinnert er sich. Es kommt zur Notoperation und Abelshauser verlässt das Krankenhaus mit einem Stoma. &bdquo;Das ist ein Gefühl, als zieht einem jemand die Beine weg“, sagt Abelshauser. Vor der Operation hätte er sich nicht vorstellen können, &bdquo;mit meinem Siebenjährigen mit Beutel Fußball zu spielen.“ Die Selbsthilfegruppe habe ihm Halt gegeben, berichtet Abelshauser. Es sei eine Gruppe mit &bdquo;tollen Persönlichkeiten.“ Es sei hilfreich gewesen, zu wissen: &bdquo;Da sind so viele, die das auch haben.“ Eine weitere Besucherin (77) berichtet, wie ihr eine gute Bekannte Mut gemacht hat, die seit über 20 Jahren ein Stoma hat. &bdquo;Man steht nicht alleine da“, fasst es ein weiteres Gruppenmitglied zusammen. Einen festen Plan für die Abende gebe es in der Gruppe nicht, berichtet Manuela Sales, die die Selbsthilfegruppe leitet. Ab und an gebe es aber mal spezielle Ausflüge, bei denen die ganze Gruppe essen gehe. Mal gebe es auch geladene Gäste. Zu Beginn der Treffen werde geschaut, ob einer der Anwesenden aktuell Probleme habe, sagt Sales. Danach werde die Gruppe zu einem netten Gesprächskreis. Wann sich die Gruppe trifft 2023 sei die Gruppe gegründet worden, sagt Marion Borges. Sie ist die Stellvertreterin von Sales und sei kurz nach der Gründung dazugestoßen, berichtet sie. Inzwischen hätten sie den ersten Stoma-Schock überwunden, sagen mehrere Gruppenmitglieder. &bdquo;Ich treibe viel Sport. Man kann damit schwimmen“, sagt eine 65-Jährige. Es gibt sogar spezielle Bademode, damit die anderen Besucher nicht den Beutel am Bauch sehen. &bdquo;Mein Leben muss normal weiterlaufen“, so die Teilnehmerin. Bei Hans Abelshauser wurde das Stoma inzwischen wieder zurückverlegt. Soll heißen: Er hat den künstlichen Ausgang nicht mehr. Doch er kommt weiter zu der Gruppe, weil sie ihm so viel bedeutet. Er appelliert gerade an junge Menschen mit einem Stoma, &bdquo;dass ihr, wenn es euch trifft, euch helfen lasst.“ Ein Stoma sei kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Die Selbsthilfegruppe trifft sich jeden zweiten Mittwoch im Monat um 19 Uhr in den Räumlichkeiten der Stadtbücherei Enger an der Bahnhofstraße 15. Das nächste reguläre Treffen ist am 9. Juli. Weitere Informationen gibt es bei Gruppenleiterin Manuela Sales unter Tel. 01577 5847384. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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