Eine Spur führt nach Gütersloh: Betrug bei Führerscheinprüfungen in mehr als 20 Städten

Gütersloh. Falsche Fahrschüler und Spionagetechnik beim Test: Das schmutzige Geschäft mit den Führerscheinprüfungen läuft in Deutschland weiter auf Hochtouren. Jetzt ermittelt die Polizei gegen eine mutmaßlich in mehreren Bundesländern aktive Bande von Urkundenfälschern, die – ausgehend vom Raum Hannover – bei Betrügereien mit theoretischen Führerscheinprüfungen geholfen haben sollen. Hunderte Einsatzkräfte der Polizei haben jetzt 43 Objekte in mehreren Bundesländern durchsucht, wie die zuständige Staatsanwaltschaft und Polizeidirektion in Hannover mitteilten. Eine Spur in dem Fall führt auch nach Gütersloh. Lesen Sie auch: Rentner im Kreis Gütersloh gibt Führerschein freiwillig ab – großer Ärger über ADAC Dort haben Polizeibeamte am Montag, 28. Oktober, die Privatwohnung eines Verdächtigen durchsucht. &bdquo;Dabei handelt es sich um eine Person, die für einen Absolventen in eine Prüfung gegangen ist, sich für denjenigen ausgegeben und dafür Geld bekommen hat, also ein sogenannter Stellvertreter“, erläutert der zuständige Erste Staatsanwalt Oliver Eisenhauer im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Ermittlungen beginnen 2022 in Hannover Weitere Angaben zur Person und durchsuchten Objekt machte der Staatsanwalt aus ermittlungstaktischen Gründen nicht. Ziel der Durchsuchungsaktion, bei der die Gütersloher Polizei Amtshilfe geleistet hatte, sei das Auffinden von Beweismitteln gewesen, die den Tatverdacht begründen. &bdquo;Das können Aufzeichnungen in schriftlicher oder digitaler Form oder auch Kontoauszüge sein“, schildert Staatsanwalt Eisenhauer. Ein Ergebnis zu der Durchsuchung in Gütersloh liege noch nicht vor, zu einer Verhaftung sei es nicht gekommen, so der Staatsanwalt weiter. Die Ermittlungen dauern an. Polizei und Staatsanwaltschaft in Hannover sind an dem Fall bereits seit Mitte 2022 dran. Die Ermittlungen richteten sich zunächst gegen einen 32-Jährigen aus Hannover. Dann wurden fünf weitere Beschuldigte im Alter von 24 bis 32 Jahren identifiziert. &bdquo;Bei den sechs Personen handelt es sich um die mutmaßlichen Haupttäter, die von Hannover aus die Bande gegründet und organisiert haben sollen“, klärt der Erste Staatsanwalt auf. Gegen sie richtet sich das aktuelle Verfahren, wegen des Verdachts der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung sowie des Fälschens beweiserheblicher Daten. Durchsuchungen in mehr als 20 weiteren Städten Gegen einen Beschuldigten wurde Haftbefehl erlassen. Die Männer sollen beispielsweise Prüflinge verdeckt mit Audio- und Videotechnik ausgestattet haben, sodass sie Prüfungsfragen aus der Ferne lesen und dem Fahrschüler beantworten konnten. In anderen Fällen sollen sie sich bei Führerscheinprüfungen des Technischen Überwachungsvereins (TÜV) stellvertretend für andere Personen als Prüfling ausgegeben haben – so auch im vorliegenden Fall aus Gütersloh. Nachdem die Polizei nun am Sonntag einen der Männer der Fälscherbande am Flughafen Hannover festgenommen hatte, folgten am Montag die Durchsuchungen. Neben dem Objekt in Gütersloh gab es laut den Beamten in mehr als 20 weiteren Städten Durchsuchungen, darunter in Hannover, Leipzig, Bochum, Gelsenkirchen, Bremen, Bonn und Castrop-Rauxel. Dabei entdeckten die Beamten etwa teils mit Audio- und Videotechnik präparierte Kleidung. Außerdem stellte die Polizei 50 Mobiltelefone, diverse Computer, Laptops und Tablets, rund 100.000 Euro Bargeld, rund 300 Gramm Gold und eine Schreckschusspistole sicher. Dass Betrug rund um den Führerschein nach wie vor auch in Gütersloh ein brandaktuelles Thema ist, zeigt einer der jüngsten Fälle der sogenannten &bdquo;Technikprüfung“. Betrüger in Gütersloh fliegt auf &bdquo;Erst gestern ist hier wieder ein Betrüger mit Kamera aufgeflogen“, sagt Fahrschulbetreiber Martin Senkhorst aus Gütersloh am Dienstag 29. Oktober. Der Mann habe sich bei der Prüfung merkwürdig verhalten, wild auf dem PC herum geklickt. Schließlich habe sich herausgestellt, dass er kein Wort Deutsch sprach, die Testfragen hingegen fleißig beantworten konnte. &bdquo;Mithilfe der verdeckten Kamera“, so Senkhorst: &bdquo;Sie erfasst die Fragen, überträgt diese über einen Sender zu einer anderen Person, die die richtigen Antworten ermittelt und dem Prüfling über einen Ohrstöpsel mitteilt.“ Derlei Versuche seien fast schon alltäglich. Als der Prüfer den Betrugsversuch in Gütersloh aufdeckte, flüchtete der Mann. Lesen Sie auch: Neustart im Kreis Gütersloh: Früherer Fahrlehrer der Bundeswehr macht sich selbstständig Doch selbst wenn Fahrschüler beim Betrugsversuch erwischt werden, kämen sie in den meisten Fällen zu glimpflich davon, kritisiert der Gütersloher Fahrlehrer. Rechtlich stelle die Täuschung in der Theorie keine Straftat oder Ordnungswidrigkeit dar, weil dabei kein geldwerter Nachteil entstehe. &bdquo;Schwindler erwartet schlimmstenfalls eine mehrmonatige Sperre“, weiß Martin Senkhorst zu berichten. TÜV: Betrugsversuche auf Rekordniveau Käme es überhaupt zu Verfahren, so würden diese seiner Erfahrung nach von der Staatsanwaltschaft allesamt eingestellt. Der TÜV hatte im vergangenen Jahr von Betrugsversuchen auf Rekordniveau bei Führerscheinprüfungen berichtet. Damals waren bundesweit in den ersten neun Monaten des Jahres insgesamt 2.711 aufgedeckte Täuschungsversuche bei 1,5 Millionen abgelegten Theorie-Prüfungen registriert worden - ein Negativrekord. Nach aktuellen Zahlen des TÜV Nord sind im Kreis Gütersloh in diesem Jahr bislang sieben Täuschungen beim Straßenverkehrsamt gemeldet worden. &bdquo;Die Dunkelziffer liegt vermutlich höher, da nicht jeder Täuschungsversuch aufgedeckt werden kann“, erklärt TÜV-Nord-Sprecher Claas Alexander Stroh aus Hannover. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2023 waren im Kreis Gütersloh elf Täuschungen an den Kreis Gütersloh gemeldet worden.

Meistgelesen