
Gütersloh. Heiliger Bimbam, die sind aber früh dran! Diesen Gedanken hatte eine Bürgerin aus Gütersloh auf dem Weg zur Arbeit am Freitagmorgen, 25. Oktober, um kurz nach neun Uhr beim Anblick der Turmuhr an der Martin-Luther-Kirche im Stadtzentrum. Hoch oben über dem Berliner Platz standen die Zeiger auf 8.08 Uhr.
Ist die Evangelische Kirche ihrer Zeit voraus? Tickte hier etwa schon früher als eigentlich geplant die Winterzeit? Schließlich werden unsere Uhren an diesem Sonntag, 27. Oktober, mitten in der Nacht von 3 auf 2 Uhr zurückgedreht. „Das hat damit aber gar nichts zu tun“, klärt Küsterin Adelheid Kardauke auf. Die Uhr-Sache war schnell gefunden.
Ein technischer Fehler hatte dafür gesorgt, dass die vier Zifferblätter des 1857 erbauten Gotteshauses in der Gütersloher Innenstadt für einige Stunden die falsche Zeit anzeigten. „Ab und zu hakt es eben mal“, sagt die 65-Jährige. Oft komme das aber nicht vor. Wenn die Uhr der Martin-Luther-Kirche jedoch mal wieder aus dem Takt gerät, dann hilft weniger die göttliche Gunst, sondern mehr der irdische Beistand des Nachbarn: Gleich nebenan liegt das Geschäft von Juwelier und Feinuhrmacher Dodt.
Küsterin geht nach 22 Jahren in Ruhestand
„Wir kennen die Uhr seit Jahrzehnten und helfen gerne aus Gefälligkeit“, erklärt Inhaber Martin Dodt. Ist nebenan Not am Mann, stehen mit seinen drei Uhrmachermeistern Ingo Fritzenkötter, Ralf Pohlmann und Kai Haselhorst gleich drei Experten bereit, die sich mit der 1952 konstruierten mechanischen Uhr des Herstellers Korfhage und Söhne aus Melle-Buer bestens auskennen. „Tickt sie nicht richtig, schlägt auch das Läutwerk zur falschen Stunde“, erläutert Ingo Fritzenkötter. Auch ihm war die falsche Zeit am Freitag ins Auge gefallen.
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Flugs machten sich die Herren der Zeit daran, den Fehler zu beheben, kletterten die vielen Stufen hinauf zu den Zahnrädern und der feinen Mechanik im Turmuhrwerk, das in einem mannshohen Holzverschlag untergebracht ist. Sie stellten alles wieder passend. Sehr zur Freude von Adelheid Kardauke, die seit 22 Jahren als Küsterin in der Evangelischen Kirchengemeinde Gütersloh tätig ist. Nach den Anfängen in der Trinitatiskirche folgten die Matthäus- und Johannes-Gemeinde.

Seit nunmehr zwölf Jahren ist die gebürtig aus Rietberg stammende und in Wiedenbrück lebende Adelheid Kardauke als Küsterin an der Martin-Luther-Kirche beschäftigt – doch bald ist ihre Ära dort beendet. „Ich gehe in Rente. Ende des Jahres ist Schluss“, erklärt die 65-Jährige. Von einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger wisse sie noch nichts. Doch noch sei dafür ja etwas Zeit.
Stellt sich am Ende noch die Frage, ob die Uhrmacher-Mitarbeiter in den nächsten Tagen wieder den Glockenturm hinauf klettern müssen? Schließlich wird sonntagfrüh wieder überall an der Uhr gedreht. „Nein“, klärt Ingo Fritzenkötter auf, „die Uhr der Martin-Luther-Kirche stellt sich selber um. Das läuft seit einigen Jahren funkgesteuert. Gott sei Dank.“