
Gütersloh. Der Hochschulstandort Gütersloh bekommt einen weiteren Schub. Zum einen sind nun die ersten englischsprachigen Studiengänge an den Start gegangen – mit erfreulich guter Resonanz. Zum anderen haben die Kreistagsfraktionen dieser Tage entschieden, eine Stiftungsprofessur für weitere fünf Jahre mitzufinanzieren; damit verbunden ist die weitere Unterstützung des MINT-Schülerlabors.
Zum Dritten haben die Gütersloher Ratsfraktionen vor ein paar Tagen beschlossen, dass die Stadt das Mansergh-Quartier kaufen soll – und damit den Weg für den künftigen Dauerstandort des Campus’ geebnet.
Grundfakten
Der Campus Gütersloh der Hochschule Bielefeld verteilt sich auf die beiden Standorte im Flöttmann-Gebäude (Schulstraße, seit 2010) und Gleis 13 (Langer Weg, seit 2018). Rund 550 Studierende sind eingeschrieben, verteilt auf eine gewachsene Zahl an Studiengängen. Die Hälfte kommt aus dem Kreis Gütersloh, die andere Hälfte aus dem Umland. 16 Professoren lehren am Campus Gütersloh, dazu Lehrkräfte für besondere Aufgaben und eine Reihe von wissenschaftlichen Mitarbeitern.
Was wird studiert?
Der Campus bietet drei Varianten an: Praxisintegrierte Studiengänge, berufsbegleitende Studiengänge und Vollzeitstudiengänge. Die Fächer sind samt und sonders naturwissenschaftlich-technisch orientiert: Mechatronik/Automatisierung beispielsweise, Wirtschaftsingenieurwesen, Betriebswirtschaft, Data Science oder Digitale Technologien.
Lob der Präsidentin
Sie sei sehr zufrieden mit der Entwicklung des Campus Gütersloh, berichtete Hochschulpräsidentin Ingeborg Schramm-Wölk den Kreistagsfraktionen. Dass es diese Nachwuchsschmiede gebe, sei vielen mutigen Menschen im Kreis Gütersloh zu verdanken. Allein die praxisintegrierten Studiengänge, mit denen der Campus 2010 bei Flöttmann seinen Betrieb aufnahm, hätten seither 650 Absolventen verlassen. Eine Untersuchung zeigte zudem: Nahezu alle (91 Prozent) bleiben nach Abschluss ihres Studiums in der Region, als Fachkräfte in ihren Unternehmen.

Internationalisierung
Die Studierendenzahlen stagnieren (nicht nur in Gütersloh), und die Hochschule Bielefeld reagiert mit dem Ausweiten ihres englischsprachigen Angebotes. Ziel ist es, Studenten aus dem Ausland anzulocken. Es scheint es zu funktionieren. 139 Interessenten bewarben sich für die neuen Studiengänge, davon 96 auf den Vollzeit-Bachelor, 43 für den Master.
Ein bunter Mix an Nationalitäten war vertreten; besonders viele Bewerbungen kamen aus der Türkei, Indien und Bangladesch. Auch Ägypten und Pakistan standen weit oben auf der Liste. Überdies trafen Bewerbungen aus Ländern ein, aus denen sich zuvor noch niemand für ein Studium an der HSBI interessiert hatte, darunter Mauritius, Myanmar, Trinidad & Tobago, Südafrika.
Die Neulinge aus dem Ausland sollen helfen, die Studierendenzahlen zu stabilisieren oder zu steigern, und sie sollen als Fachkräfte für die Region gehalten werden. Gerade bei technischen Berufen wird die Lücke zwischen freien Stellen und geeigneten Bewerbern immer größer.
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Wie liefen die Vorbereitungen?
Die Hochschule kümmerte sich um Zulassungsvoraussetzungen, Visa, Aufenthaltsgenehmigungen und Wohnungssuche und vermeldete vor kurzem: Bisher konnten allen Eingeschriebenen eine Wohnung angeboten werden. An Start gingen drei Studiengänge: Industrial Engineering (in der Vollzeit- und in der praxisintegrierten Variante) und der Research Master Data Science. Die Lehrveranstaltungen laufen auf Englisch, dennoch sollen die Studierenden die Landessprache lernen: Zusätzliche Deutschkurse sind obligatorisch. Fest steht schon jetzt, dass in einem Jahr zwei weitere englischsprachige Studiengänge hinzu kommen: Mechatronics/Automation in der Vollzeit- und in der praxisintegrierten Variante.
Bewertung
Der Hochschulstandort Gütersloh ist gut fürs Image des Kreises. Davon ist Nikola Weber, Geschäftsführerin der Pro Wirtschaft GT, überzeugt. „Wissenstransfer fällt nicht vom Himmel. Aber hier wird er praktisch gelebt.“ Der Campus stärke den Wirtschaftsstandort, er verzahne Forschung, Lehre und Wirtschaft.
Hochschulpräsidentin Schramm-Wölk lobt die Zusammenarbeit mit der Gütersloher Innovationsmanufaktur IMA. „Das ist hervorragend. Ich habe es bisher noch nicht erlebt, dass so viele Menschen gemeinsam an einem Strang ziehen.“ Gerade sei man mit der IMA dabei, ein gemeinsames Profil zu entwickeln. Begeistert zeigt sie sich von der Idee des Mansergh-Quartiers an der Verler Straße, dem perspektivischen Dauerstandort des Campus: „Diese Vision vom Studieren, Leben, Wohnen und Arbeiten an einem Ort.“
Stiftungsprofessur
Für die Finanzierung der Stiftungsprofessur und dem Etablieren des MINT-Schülerlabors flossen bislang mehrere Geldquellen. Die Stadt Gütersloh gewährte von 2020 bis 2024 pro Jahr 75.000 Euro, die Stiftung der Kreissparkasse Wiedenbrück jährlich 25.000 Euro, der Kreis jährlich 50.000 Euro. Vom Kreis liegt nun mit dem Beschluss der Fraktionen die Zusage vor, diese Förderung bis 2029 zu verlängern. Das ermöglicht, das „Center for Applied Data Science“ fortzuentwickeln, eine Einheit, die sich mit dem Erfassen, Aufbereiten und Analyisieren von Daten beschäftigt – und damit, wie Firmen diese für ihre Digitalisierung und für Anwendungen künstlicher Intelligenz nutzen können.
MINT-Schülerlabor
Zugleich sichert die Förderung das MINT-Schülerlabor ab, bei dem die Pro Wirtschaft GT eng mit der Hochschule zusammenarbeitet. MINT steht für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Von 2020 bis Mitte 2024 wurde am Campus Gütersloh ein Kursangebot etabliert, das mittlerweile 3.010 Kinder und Jugendliche wahrnahmen. Allein im Juli waren es 925.
Sie besuchen Kurse mit den Titeln „Spike Roboter & Gesundheit“, „Einführung in den 3D-Druck“, „Smart Home – Einblick in die Welt der vernetzten Geräte“ oder „Künstliche Intelligenz – hinter den Kulissen von ChatGPT“. Dieses Schülerlabor sei enorm wichtig, um Interesse für die technisch-naturwissenschaftlichen Fächer zu wecken und die berufliche Orientierung zu lenken, heißt es.