Wegziehen fürs Studium? Die Hälfte der Studenten bleibt in der Heimat

Berlin/Gütersloh. Die Frage der Hochschulwahl beschäftigt viele junge Menschen bereits vor ihrem Abitur. Wichtig ist dabei vor allem die gewünschte Fachrichtung, doch die Nähe zum Heimatort spielt eine immer größere Rolle. So zeigt eine Untersuchung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh, dass die Hälfte der Studenten in Deutschland in der näheren Umgebung bleibt. Das gilt jedoch nicht für alle Studienfächer und Regionen. So ist die Lage an den staatlichen Hochschulen in OWL: Nach Angaben von Studienautor Marc Hüsch liegen zwischen dem Ort, an dem das Abitur oder eine andere Hochschulzugangsberechtigung erworben wurde, und der Hochschule der Wahl oft weniger als 50 Kilometer. &bdquo;Zwei Drittel studieren in einer Entfernung von weniger als 100 Kilometer vom Heimatort und nur jeder Fünfte muss mehr als 200 Kilometer reisen.“ Für die Analyse haben Hüsch und sein Team die Daten des Statistischen Bundesamtes zu allen 2,9 Millionen Studenten ausgewertet, die im Wintersemester 2022/2023 an einer deutschen Hochschule mit mindestens 1.000 Studenten eingeschrieben waren. Die Untersuchung zeigt jedoch auch, dass der Einfluss der räumlichen Entfernung je nach Studienfach stark variiert. Bei Fächern, die nur an wenigen Hochschulen angeboten werden und hohe Zulassungsbeschränkungen haben, wie Psychologie oder Medizin, wählen Studenten häufiger Hochschulen, die weit entfernt liegen. Laut Hüsch liegt der Median bei etwa 108 Kilometern zwischen Studien- und Heimatort, was bedeutet, dass 50 Prozent der Studenten in einer Entfernung von weniger oder gleich 108 Kilometer studieren, die restlichen 50 Prozent in größerer Entfernung. Angehende Mediziner und Psychologen verlassen häufiger ihre Heimat Bei Studienfächern, die flächendeckend von Hochschulen angeboten werden, wie Maschinenbau oder Betriebswirtschaftslehre, wählen die Studenten hingegen häufiger Hochschulen in der Nähe ihres Heimatortes. Hier liegt der Median bei etwa 36 Kilometern, wobei Frauen mehr Kilometer in Kauf nehmen als Männer. Für die hohe Zahl an Studenten, die heimatnah studieren, gibt es nach Angaben Hüschs viele Gründe, wie zum Beispiel die gestiegenen Wohn- und Energiekosten. &bdquo;Die Entwicklung deckt sich mit Ergebnissen aus dem CHE Hochschulranking. Auch hier verzeichnen wir einen wachsenden Anteil an Studenten von aktuell 28 Prozent, der noch bei den Eltern wohnt.“ Abiturienten aus OWL studieren auch gern in OWL Der Trend zum heimatnahen Studium lässt sich auch in OWL beobachten. So zeigt die Untersuchung für die Universitäten Bielefeld und Paderborn, die Hochschule Bielefeld und die Technische Hochschule OWL, dass besonders viele Studenten aus der Nachbarschaft kommen. Universität Bielefeld, 24.555 Studenten: Die meisten Studenten stammen aus Bielefeld (19,1 Prozent), Kreis Herford (10,4 Prozent), Kreis Gütersloh (10,1 Prozent), Minden-Lübbecke (8 Prozent), Kreis Lippe (7,6 Prozent), Kreis Warendorf (3,2 Prozent) und Kreis Paderborn (2,7 Prozent). Der Anteil ausländischer Studenten liegt bei 5,6 Prozent. Universität Paderborn, 18.502 Studenten: Die meisten Studenten stammen aus dem Kreis Paderborn (18,7 Prozent), Kreis Soest (9,9 Prozent), Kreis Lippe (6,7 Prozent), Kreis Höxter (6,2 Prozent), Kreis Gütersloh (5,3 Prozent), Bielefeld (4,7 Prozent), Hochsauerlandkreis (3,7 Prozent) und Kreis Herford (2,1 Prozent). Der Anteil ausländischer Studenten liegt bei 12,8 Prozent. Hochschule Bielefeld, 10.538 Studenten: Die meisten Studenten stammen aus Bielefeld (22,9 Prozent), Kreis Gütersloh (13,4 Prozent), Kreis Herford (11,2 Prozent), Kreis Minden-Lübbecke (10,4 Prozent), Kreis Lippe (6,6 Prozent), Kreis Paderborn (3,6 Prozent) und Kreis Warendorf (3,1 Prozent). Der Anteil ausländischer Studenten liegt bei 3,2 Prozent. Technische Hochschule OWL, 5.960 Studenten: Die meisten Studenten stammen aus dem Kreis Lippe (23,7 Prozent), Bielefeld (8,8 Prozent), Kreis Paderborn (6,3 Prozent), Kreis Herford (6,3 Prozent), Kreis Höxter (4,5 Prozent), Kreis Gütersloh (3,5 Prozent) und Kreis Minden-Lübbecke (2,6 Prozent). Der Anteil ausländischer Studenten liegt bei 13,6 Prozent. In der Analyse haben Hüsch und sein Team zudem die Ausschöpfungsquote berechnet. Damit kann der Anteil der Studenten mit Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung in einem bestimmten Kreis berechnet werden, der an der jeweiligen Hochschule studiert. &bdquo;Dies lässt Rückschlüsse zu, wie attraktiv eine Hochschule regional und überregional ist“, erklärt Hüsch. An der Universität Bielefeld liegt die Ausschöpfungsquote in Bielefeld bei 28,8 Prozent. Danach folgen: Kreis Herford (26,4 Prozent), Kreis Gütersloh (20,9 Prozent), Kreis Minden-Lübbecke (18,4 Prozent) und Kreis Lippe (17,1 Prozent). An der Universität Paderborn liegt die Ausschöpfungsquote im Kreis Paderborn bei 28,4 Prozent. Danach folgen: Kreis Höxter (19,4 Prozent), Kreis Soest (14,5 Prozent), Kreis Lippe (11,4 Prozent) und Kreis Gütersloh (8,3 Prozent). An der Hochschule Bielefeld liegt die Ausschöpfungsquote in Bielefeld bei 14,8 Prozent. Danach folgen: Kreis Herford (12,2 Prozent), Kreis Gütersloh (11,8 Prozent), Kreis Minden-Lübbecke (10,2 Prozent) und Kreis Lippe (6,4 Prozent). An der Technischen Hochschule OWL liegt die Ausschöpfungsquote im Kreis Lippe bei 13 Prozent. Danach folgen: Kreis Höxter (4,5 Prozent), Kreis Herford (3,9 Prozent), Kreis Holzminden (3,2 Prozent) und Bielefeld (3,2 Prozent). &bdquo;Für die Regionen resultiert deshalb eine große Bedeutung der Hochschullandschaft vor Ort. Diese kann dabei helfen, Fachkräfte zu sichern und jungen Menschen nach dem Erwerb der Hochschulreife in ihrer Heimatregion eine Perspektive aufzuzeigen“, sagt Hüsch.

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