Mohn Media in Gütersloh: Klagenden Mitarbeitern drohen jetzt Konsequenzen

Gütersloh. Im Streit um die Vereinheitlichung der Arbeitszeiten bei Mohn Media halten Geschäftsleitung und Betriebsrat an ihrer Sichtweise fest. Das neue 37,5-Stunden-Modell werde von nahezu 99 Prozent der Belegschaft mitgetragen, außerdem sei es rechtens. Der weitaus größte Teil der Mitarbeiter profitiere davon. Mitarbeiter, die dennoch gegen die Vereinbarung klagen, müssen nun mit Konsequenzen rechnen. Das sieht eine Betriebsvereinbarung vor, die Geschäftsleitung und Betriebsrat &bdquo;vor wenigen Tagen finalisierten“, wie es heißt. Dabei handelt es sich um ein Paket zur Beschäftigungssicherung. Betriebsbedingte Kündigungen sind demnach für ein Jahr bis 30. Juni 2025 ausgeschlossen. Diese Zusage gelte aber nur für jene, die das neue Arbeitszeitmodell unterstützen. Geschäftsführer Dirk Kemmerer: &bdquo;Damit wollen wir den Beitrag honorieren, den sie für die Zukunftsfähigkeit von Mohn Media leisten.“ Rund 20 Beschäftigte von Mohn Media haben geklagt Wer das neue Modell nicht mitträgt, sind einige Mitarbeiter mit Altverträgen, die noch aus Jahren vor 1997 stammen und in denen die 35-Stunden-Woche steht. Viele sind es nicht. Lesen Sie auch: Neues Arbeitszeit-Modell bei Mohn Media aus Gütersloh löst Klagewelle aus Von den 1.520 Beschäftigten haben lediglich 100 einen solch alten Arbeitsvertrag, und davon wiederum hat nur ein kleiner Teil, etwa 20 Beschäftigte, Klage beim Arbeitsgericht eingereicht. Sie sind nicht damit einverstanden, dass sie für ihre zweieinhalb Stunden Mehrarbeit keinen Lohnausgleich bekommen sollen. Eingeführt hat Mohn Media das neue 37,5-Stunden-System schon im November vergangenen Jahres. Es flankiert eine Reihe von Maßnahmen, mit denen der Druckerei-Riese seine Zukunft sichern will: bessere Produktionsstrukturen, der Einsatz fahrerloser Transportsysteme, Verbesserung des Einkaufs, Sanierung des Buchgeschäfts. Darum ist die Arbeitszeit-Harmonisierung so wichtig Die Arbeitszeit-Harmonisierung ist bedeutsam, weil es Arbeitsabläufe erleichtert, ein durchgängiges Drei-Schichten-System à 7,5 Stunden von montags bis freitags handhabbarer macht, weil die verschiedenen Regelungen zuvor auch zu Missstimmungen geführt hatten. Sechs Zeitmodelle hatte es gegeben, herrührend aus verschiedenen Partnerschaftspaketen. Folge dieser Neuregelung ist, dass die allermeisten Mitarbeiter 1,5 bis 2,5 Stunden pro Woche weniger arbeiten müssen, bei vollem Lohnausgleich. Sie hatten zuvor 39- oder 40-Stunden-Wochen geschoben und sind entsprechend zufrieden. Zudem ist nun klar: Wochenend-Arbeit ist automatisch Mehrarbeit und wird auch entsprechend entlohnt. Kemmerer sagt, das vorgezogene Umsetzen der Harmonisierung habe dem Unternehmen eine siebenstellige Summe gekostet. Das Unternehmen ließ sich dennoch darauf ein, weil das neue System erlaubt, die Arbeitszeit effizienter an die Laufzeiten der Maschinen und an die Schichten zu koppeln. &bdquo;Alle sollten mitziehen“, sagt der Betriebsrat &bdquo;Es gab den klaren Wunsch der Belegschaft, die Arbeitszeiten zu vereinheitlichen“, sagt Betriebsrat Ralf Gerlach. &bdquo;Nahezu alle wollten das. Wir haben uns die Frage gestellt, welche Arbeitszeit brauchen wir, um arbeitsfähig zu sein und um die Firma zukunftsfit zu machen.“ Verbunden damit seien Investitionen des Unternehmens und Zusagen der Geschäftsleitung. Lesen Sie auch: Personelle Veränderung bei Gütersloher Unternehmen Bertelsmann löst Spekulationen aus Dass manche Beschäftigte dennoch nicht bereit seien, diese Umstellung mitzutragen, finde er &bdquo;unsolidarisch“, so Gerlach. &bdquo;Letztlich sind wir hier eine große Familie. Deswegen sollten auch alle mitziehen.“ Tatsache jedoch ist, dass bislang alle klagenden Mitarbeiter ihren Prozess am Arbeitsgericht gewonnen haben. Das Gericht vertritt den Standpunkt, dass die Mitarbeiter einem Anheben ihrer Arbeitszeit persönlich zustimmen müssen. Das gehe nur individualvertraglich, nicht per Betriebsvereinbarung. Mohn Media hält Vereinbarung für rechtmäßig Die Mitarbeiter mit den 35-Stunden-Verträgen waren zwar auch zuvor in dem 37,5-Stunden-Schichtbetrieb eingebunden, hatten jedoch ihre Mehrarbeit ausgezahlt oder gutgeschrieben bekommen. Mit dem Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung soll das nicht mehr gelten. Geschäftsleitung und Betriebsrat vertreten trotz der bisherigen Niederlagen die Auffassung, die Vereinbarung sei rechtmäßig. Man habe das geprüft. Nicht nur die Juristen des Unternehmens seien zu diesem Schluss gekommen, auch der gesondert beauftragte Anwalt des Betriebsrates. Kemmerer: &bdquo;Außerdem ist es ja so, dass die Vereinbarung dem Wunsch nahezu der gesamten Belegschaft entspricht. Wir würden uns daher wünschen, dass alle mitziehen.“ Mohn Media hat Berufung gegen die Urteile eingelegt, die Verfahren liegen nun beim Landesarbeitsgericht in Hamm. Gewerkschaft in Sorge vor Drohkulisse Dass die klagenden Kollegen nun vom Kündigungsschutz ausgenommen werden sollen, könnte die Gewerkschaft auf den Plan rufen. Ein Verdi-Vertreter hatte schon vor einem Monat die Sorge geäußert, Mohn Media könnte ein Drohkulisse aufbauen. Der Hebel dafür sei das schon länger geplante Abschalten von zwei Druckmaschinen im Bereich Action Print. Das gehe mit dem Abbau von Stellen einher. Die Sorge sei, dass es jene treffe, die vor Gericht nichts anderes als ihr Recht geltend machen wollten. Geschäftsführer Kemmerer und Betriebsratschef Gerlach verweisen derweil auf die lange Tradition des Partnerschaftsgedankens bei Mohn Media. Die Druckerei, 1835 gegründet, habe schwierige Zeiten auch deswegen überstanden, weil man immer an einem Strang gezogen habe. Enger Schulterschluss von Geschäftsleitung und Betriebsrat 1997, beim ersten Partnerschaftspaket, hatten sich die Mitarbeiter bereit erklärt, zwei Stunden Mehrarbeit ohne Lohnausgleich zu leisten, im Gegenzug seien 1.700 Arbeitsplätze garantiert worden. 2003 beim Standortsicherungspaket das gleiche Modell. Auch in den jüngeren Vereinbarungen (3M-Paket 2019) und aktuell (CMYK) setze sich dieser Solidargedanke fort. Dass der Schulterschluss zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat eng ist, zeige sich auch daran, dass es mittlerweile einen wöchentlichen Jour Fixe gebe. Hinzu kommt die jährliche Klausur, einst um Ostern, jetzt im Herbst.

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