Sexistisches Auftreten und Vergünstigungen: Vorwürfe gegen Güterslohs Bürgermeister

Gütersloh. Bürgermeister Norbert Morkes steht massiv in der Kritik. Aus dem Brief, den die fünf städtischen Beigeordneten im Frühjahr an Morkes geschrieben haben, wurden nun Inhalte bekannt. Demnach werfen die Beigeordneten dem Bürgermeister in vielerlei Hinsicht Fehlverhalten vor, etwa Alleingänge und mangelnde Absprachen. Das führe zu finanziellen und juristischen Risiken für die Stadt. Weitere Vorwürfe beziehen sich auf die Nutzung des Dienstwagens und sein Verhalten gegenüber Frauen. Die Beigeordneten halten Morkes ein &bdquo;mehrfaches frauenverachtendes, sexistisches Auftreten gegenüber Kolleginnen in der Verwaltung“ vor. Das sei nicht hinnehmbar. Beim Dienstwagen verschaffe sich Morkes &bdquo;illegitime Vorteile“. So nutze er den Wagen entgegen mehrfacher Hinweise laufend auch für private Zwecke, aber offenbar ohne es zu bezahlen. Morkes äußerte sich gestern nicht dazu. Er ist seit dem 23. November erkrankt, wird aber, wie es am Dienstag hieß, ab heute wieder im Rathaus erwartet. Weiter heißt es in dem Brief, Morkes lasse sich zu privaten Terminen chauffieren und nehme Einladungen an, &bdquo;die über das übliche Maß und eine angemessene Bewirtung hinaus gehen.“ Für die Bediensteten der Stadt gelte jedoch die Regel, Belohnungen und Geschenke sowie sonstige Vorteile (zum Beispiel Einladungen), die in Zusammenhang mit der Arbeit stehen, grundsätzlich nicht annehmen zu dürfen. &bdquo;Bereits der Anschein einer möglichen Annahme derartiger Vergünstigungen ist zu vermeiden“, heißt es. Alle fünf Gütersloher Beigeordneten haben das Schreiben unterzeichnet Der Brief ist unterzeichnet von allen fünf Beigeordneten: Henning Matthes, Andreas Kimpel, Nina Herrling, Carsten Schlepphorst, Thomas Könnecker. Gemeinsam mit dem Bürgermeister bilden sie den Verwaltungsvorstand. Die Existenz eines solchen Schreibens dürfte in der Gütersloher Stadthistorie und im weiten Umland einmalig sein. In ihrem Schreiben hatten die Beigeordneten Morkes nicht nur aufgefordert, sein Verhalten zu ändern, sondern auch, die Ratsmitglieder &bdquo;in angemessener Weise zu unterrichten“. Das lehnte er stets ab. Seit kurzem jedoch ist es Vertretern der Ratsfraktionen möglich, Einsicht zu nehmen. Das städtische Rechtsamt, das anfangs Zweifel geäußert hatte, ob ein einzelnes Schreiben juristisch bereits als Akte zu werten sei und somit Akteneinsichtsrecht begründen könne, begründete das mit dem in der Gemeindeordnung NRW geregelten Informationsrecht der Ratsmitglieder, wonach diese &bdquo;über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zu unterrichten“ seien. Mehrere Ratsvertreter haben seither Einsicht genommen. Was ihnen unter Aufsicht vorgelegt wurde, sind fünf DIN-A-4-Seiten, die ein – zumindest beim Verfassen – zerrüttetes Verhältnis zwischen dem Bürgermeister und dem städtischen Spitzenpersonal nahelegen. Die Beigeordneten schreiben, Morkes habe ihre Loyalität eingefordert. Loyalität bedeute aber nicht bedingungslose Gefolgschaft. &bdquo;Eine absolute Grenze findet loyales Verhalten darin, unethische oder gesetzwidrige Anweisungen oder Verhaltensweisen zu akzeptieren oder zu tolerieren.“ Lesen Sie auch: Wegen Mittelalterfest - Kreis Gütersloh beschäftigt sich mit Bürgermeister Norbert Morkes &bdquo;Ein konstruktives und förderliches Miteinander ist mittlerweile nahezu unmöglich“ Morkes trage mit seinem Verhalten &bdquo;nicht zu einer gelingenden Zusammenarbeit im Verwaltungsvorstand und in der Gesamtverwaltung bei“, so die Beigeordneten. Und weiter: &bdquo;Vielfach zeugen Ihre fehlenden, teilweise unwahren Informationen an den Verwaltungsvorstand und Ihre oftmals ablehnende, bagatellisierende Reaktion auf sachlich vorgetragene und fundierte Beratung von Misstrauen und Intransparenz gegenüber Ihren Beigeordneten.“ Morkes’ nach außen getragene, missbilligende Haltung gegenüber Mitarbeitern der Verwaltung und den Beigeordneten mache &bdquo;ein konstruktives und förderliches Miteinander mittlerweile nahezu unmöglich“, heißt es. Sachliche Auseinandersetzungen seien mit ihm kaum zu führen, da er sich persönlich angegangen fühle und häufig allein um der Opposition willen eine gegenteilige Auffassung vertrete. Politik, Verwaltungsvorstand und insbesondere der Bürgermeister seien den Interessen der Stadt verpflichtet, doch mit seinem Verhalten konterkariere Morkes genau dieses Bemühen. Seit seinem Amtsantritt sei es unzählige Male vorgekommen und geschehe laufend, dass er bei für die Stadt Gütersloh großen Projekten im Alleingang und unabgestimmt &bdquo;Gespräche mit (vermeintlich) beteiligten Personen“ führe und Absprachen treffe. Im besten Falle entspreche das nicht dem bisherigen Vorgehen der Stadt, im schlechtesten sei es aus rechtlicher, finanzieller und/oder faktischer Sicht nicht haltbar. Immer wieder kokettiere er damit, nicht Teil der Verwaltung zu sein &bdquo;Folgen eines solchen Verhaltens sind finanzielle und juristische Risiken für die Stadt, bedeuten Verzögerungen bei Projekten und bergen in jedem Fall ein nicht zu unterschätzenden Ansehens- und Vertrauensverlust in die Stadtverwaltung“, so die Beigeordneten. Mehrfach habe man ihn darauf hingewiesen, aber Morkes lasse es sich nicht nehmen, weiter so zu agieren. &bdquo;Die daraus resultierenden Risiken sind wir nicht mehr bereit zu tragen beziehungsweise abzufedern“, so die Beigeordneten. Kritik äußert der Verwaltungsvorstand auch an dem Führungsverhalten von Morkes. Seit seinem Amtsantritt kokettiere er immer wieder damit, nicht Teil der Verwaltung zu sein. Oft – etwa bei Entscheidungen, die nicht in seinem Sinne fielen – erzähle er, dass er anders entschieden hätte. &bdquo;Diese mangelnde Rückendeckung ist inakzeptabel.“ Auch bei der Nutzung städtischer Ressourcen sei kein Vorbildverhalten zu erkennen, Beispiel Dienstwagen. Während sich die Mitarbeiter an klare Regeln hielten und bei Verstößen mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen müssten, erlaube sich Morkes durch die private Nutzung einen finanziellen Vorteil. Mehrfach habe man ihn darauf hingewiesen, dass die private Nutzung sowohl steuerlich als auch über den Gehaltsvorteil rechtlich sauber zu lösen sei, aber passiert ist das offensichtlich nicht. Die Beigeordneten schließen auch das Einleiten rechtlicher Schritte nicht aus Gegenüber Verwaltungsmitarbeiterinnen verhalte sich Morkes frauenverachtend und sexistisch. &bdquo;Mit der Rechtfertigung, ich bleibe wie ich bin sowohl anzügliche Bemerkungen über die Bekleidung von Kolleginnen gemacht zu haben oder bewusst provozierend im Sprachgebrauch zu sein (), ist für ein Vorbild, das ein Bürgermeister sowohl in die Verwaltung hinein als nach außen sein sollte, nicht vertretbar.“ Aus Sicht der Beigeordneten gibt es hier keinen Spielraum: &bdquo;Wir werden Fehlverhalten, sobald sie bekannt werden, konsequent ansprechen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten.“ Auch auf Morkes’ Eigenart, nahezu jede Person zu duzen, gehen die Beigeordneten ein. Sein Angebot des &bdquo;Du“ sei vielfach unerwünscht. Der Bürgermeister missbrauche damit seine Position als Vorgesetzter, da sich viele Kollegen und Kolleginnen in diesen Situationen überrumpelt fühlten und sich nicht trauten, darauf hinzuweisen. Die Beigeordneten fordern Morkes auf, sein Verhalten in allen Punkten zu überdenken und Veränderungen vorzunehmen. Nur dann sei eine gedeihliche Zusammenarbeit möglich. Ein Weiter so könne es nicht geben, wenn es um das Wohl und die Interessen der Stadt Gütersloh gehe.

Meistgelesen