Trotz Spardruck: Gütersloher Stadtjubiläum sollte jetzt erst recht gefeiert werden!

Gütersloh. Nein, das Stadtjubiläum stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Die Querelen haben schon bei den ersten Planungen vor fast zwei Jahren begonnen. Das Kompetenzgerangel zwischen Gütersloh Marketing, Kulturdezernent Andreas Kimpel und dem damaligen Bürgermeister Norbert Morkes gipfelte darin, dass Morkes die Angelegenheit im laufenden Prozess zur Chefsache erklärte und Kimpel jegliche Verantwortung fürs Gelingen ablehnte. Inzwischen hat der Bürgermeister gewechselt, das Jubiläumsjahr ist angebrochen, die 200 avisierten Projekte sind gebündelt und im Veranstaltungskalender einsehbar. Als ein erstes sichtbares Zeichen des Stadtjubiläums wurden nun 53 Gullydeckel getauscht gegen eine neue Variante mit hübscher Gütersloh-Prägung. Die völlig intakten alten Gullydeckel werden indes eingelagert und bei Bedarf genutzt. Diese Aktion, eine Idee von Mitarbeitern der Stadtreinigung, kostet nach Angaben der Stadt für alle 53 Deckel 8.000 Euro. Statt öffentlichem Lob, wie erhofft, brach in Teilen der Bürgerschaft eine Diskussion los, die nicht nur die Ideengeber, sondern auch die Stadtspitze frustriert bis erschüttert haben soll, wie es heißt. Lesen Sie auch: Gütersloher Finanzkrise: Festakt für Mega-Geburtstagsjahr kurzzeitig auf der Kippe Gullydeckel sorgen in Gütersloh für Ärger Die Nachricht über die Gullydeckel verbreitete sich in der Tat wie ein Lauffeuer, schließlich hatte Stadtoberhaupt Matthias Trepper erst Ende Januar der Stadtgesellschaft erklärt, dass der Spardruck immens sei: &bdquo;Es ist hart und belastend. Die Stadt Gütersloh ist in einer Situation, in der sie noch nie war.“ 8.000 Euro dürfen getrost als &bdquo;Peanuts“ in einem städtischen Haushalt betrachtet werden. Aber darum geht es nicht. Es geht um mangelndes Fingerspitzengefühl. Wer soll sich denn über Gullydeckel freuen, während genau in diesen Tagen verkündet wird, dass Jugendtreffs schließen müssen, Sozialarbeiterstellen gestrichen, kein Baum mehr gepflanzt werden soll? Wie viele Bäume hätte man denn für 8.000 Euro in die Erde bringen können? Wie viele Parkbänke ersetzen und instandhalten können? Freilich lässt sich das eine nicht zwingend durch das andere ersetzen, etwa weil die Geldtöpfe nicht kompatibel sind. Aber so denkt kein Bürger. Und so sollten auch Politik und Verwaltung nicht denken. Die Spitzen der Ratsfraktionen haben sich darauf verständigt, beim Sparkurs der Stadt die Reihen möglichst geschlossen zu halten. Diskussion in Gütersloh hinter verschlossenen Türen Wie sehr der teils vehemente Protest gegen den Sparkurs die Vertreter von Politik und Verwaltung mitnimmt, zeigt sich daran, dass in dieser Woche kurz zur Debatte stand, auf den Festakt zum Gütersloher Stadtjubiläum zu verzichten. Dieser Festakt ist für Sonntag, 18. Mai, angesetzt. Es ist geplant, ihn in der Stadthalle mit rund 1.000 Bürgern sowie Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung zu feiern. Die Lust am Feiern kommt manchen Verantwortlichen aber offenbar langsam abhanden. So stellte der Verwaltungsvorstand in dieser Woche den Festakt zur Diskussion. Darf man unter diesen Umständen noch feiern – ja oder nein? Es ist gut, dass diese Frage unter den Verantwortlichen aufgekommen und diskutiert wurde. Es ist überhaupt nicht gut, dass diese Diskussion im Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung hinter verschlossenen Türen geführt wurde. Der Mangel an Transparenz kennzeichnet bedauerlicherweise den gesamten Sparkurs, der seit Monaten im Hinterzimmer ausgehandelt wird. Nach welchen Kriterien werden Gelder gestrichen? Steht der Mensch, die Sache oder die Fraktion im Vordergrund? Gibt es Leitlinien und wenn ja, wer definiert diese und wie sehen sie aus?Verwaltung und Politik sehen sich massiver Kritik ausgesetzt. Die Nerven liegen blank. Nerven der Gütersloher Bürger liegen blank Verwaltung und Politik sehen sich teils massiver Kritik ausgesetzt, wie es heißt. Die Nerven der Gütersloher Bürger liegen aber auch blank. Es geht um Existenzen, es geht um Strukturen, es geht um nicht weniger als das Wohlbefinden der Stadt Gütersloh. Sollen wir nun feiern in dieser misslichen Lage? Ja, wir sollten feiern. Nicht nur, weil der Großteil der Kosten über Sponsoren und Rücklagen von GT Marketing gedeckt zu sein scheint und die Veranstaltung finanziell keine Bürde für den Haushalt darstellt. Lesen Sie auch: Ärger um den neuen Gütersloh-Song: Vorwürfe gegen Stadt und anonymen Rapper Nicht nur, weil alles vorbereitet und geplant ist, weil die Partnerstädte kommen und das gesamte Festwochenende sonst den Bach runtergehen würde. Wir sollten feiern, weil ein 200. Geburtstag ein einmaliges Ereignis ist und ein Umstand, zu dem alle Bürger dieser Stadt beigetragen haben. Wir sollten feiern, weil es gerade in schwierigen Zeiten wichtig ist, zusammenzukommen, fröhlich zu sein, Gesellschaft zu (er)leben. Feiern bedeutet Freude teilen und damit Freude schaffen. Und wir sollten feiern, weil wir es können. Der Sparkurs ist längst nicht beendet.

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