Spektakuläres Wohngebiet für Gütersloh: Neue Details von Unternehmerfamilie zu den Plänen

Gütersloh. Einer kam sogar im Blaumann. Aus Gewohnheit. Den hatte er immer an, wenn er zu Flötotto ging, also holte er ihn auch dieses Mal aus dem Schrank. Die Gelegenheit, nach so langer Zeit mal wieder durch die alten Hallen zu schreiten, die Chance, sich über das neue Großprojekt zu informieren, jenes, das den Namen &bdquo;Wohnfabrik Friedrichsdorf“ trägt, wollte er sich unter keinen Umständen entgehen lassen. So wie viele andere Friedrichsdorfer Bürger auch. Die Öffnung des Areals war ein Angebot der Eigentümerfamilie. Sie will informieren, die Bürgerschaft mitnehmen. Unlängst hatte sie öffentlich gemacht, was aus der Industriebrache werden soll: ein Wohngebiet. Kein gewöhnliches, sondern eines, das herausragt: für Gütersloh, für die ganze Region. Auf dem Gelände der alten Schulmöbelfabrik soll demnach ein Quartier entstehen, das 220 bis 230 Wohneinheiten umfasst, 180 davon in den durchsanierten und umgestalteten Werkshallen. Eine Revitalisierung enormen Ausmaßes, von Politik und Stadt gleichermaßen beklatscht. Quartier für 400 bis 450 Menschen soll entstehen &bdquo;Dieser Termin ist angesetzt, um uns und unser Vorhaben vorzustellen“, sagte Familiensprecherin Anette Flötotto-Düsing. &bdquo;Die Menschen sollen einen ersten Eindruck bekommen und spüren, dass wir es ernst meinen.“ Stichwort Transparenz. An den Stellwänden und auf den Tischen waren Pläne, Ansichten, Entwürfe zu sehen. Architekt Michael Maas, Spezialist für Umbauten, war aus Münster angereist, der Projektentwickler und Stadtplaner Dirk Tischmann war aus Rheda-Wiedenbrück gekommen. Es gab Kaffee, Kuchen und Getränke. Lesen Sie auch: Spektakuläres Wohngebiet für Gütersloh: Unternehmerfamilie hat außergewöhnliche Pläne Was sie präsentierten, ist in der Tat ambitioniert. Sie planen ein Quartier für 400 bis 450 Menschen: für Familien, Paare, Singles und Senioren. Typologie und Größe der Wohnungen werden so konzipiert, dass sie diese Vielfalt ermöglichen. Das Quartier soll grün werden, nachhaltig. Bestandserhalt. Ent- statt Versiegelung. Investition liegt &bdquo;ganz grob“ bei 75 bis 80 Millionen Euro Architekt Maas sagte, er rechne mit einer Bauzeit von drei Jahren. Zunächst sei der Altbau dran, dann die Neubauten. Davor, die Zeit für Planung und Genehmigung, veranschlagt er mit bis zu zwei Jahren. Die Höhe der Investition, &bdquo;aber bitte nur ganz grob“, beziffert er mit 75 bis 80 Millionen Euro. Annähernd zwei Drittel entfallen auf Umbau. Die Bausubstanz, so Maas, sei gut. Flötotto habe solide gebaut und auf Werterhalt geachtet. Vorgesehen ist, die Hallen zu durchbrechen, in Einzelgebäude zu unterteilen, aber bei Erhalt der Tragwerke und Strukturen. &bdquo;Das hier hat Potenzial, überregional ein Referenzprojekt zu werden, ein Vorbild für andere. Wir werden zeigen, was man aus Industriebauten machen kann“, so Maas. Dass die Bauherrin so etwas ermögliche, sei ein Glück. &bdquo;Wir stehen hier nicht unter Druck, jeden Quadratmeter an Wohnfläche herauszuquetschen. Das ist toll. Es gibt uns die Chance, Ideen umzusetzen und etwas Besonderes zu entwickeln.“ Das Feedback der Bürger sei erfreulich, sagte Anette Flötotto-Düsing. Sie höre viel Positives. Manche Bürger hätten sich sogar schon nach Wohnungen erkundigt. Pläne der Familie seien mutig und vielversprechend, heißt es Aus den Gesprächen nehme sie mit, dass auch die Infrastruktur wachsen müsse: Kitas, Schulplätze, vielleicht ein Bürgerhaus. &bdquo;Das stimmt“, so die Juristin. &bdquo;Wenn das kleine Friedrichsdorf an Einwohnerzahlen derart zulegt, sind solche Aspekte mitzudenken.“ Als Dorfgemeinschaftshaus böte sich womöglich die Kfz-Werkstatt (aktuell: Beinling) an. Deren Fläche liegt innerhalb des Gesamtquartiers von 4,47 Hektar, sie ist in den ersten Plänen unter dem Stichwort &bdquo;öffentliche Nutzungen“ rubriziert. Auf der anderen Seite gebe es Stimmen, denen der Erhalt der Werkstatt wichtig sei. &bdquo;Großes Kompliment an die Familie“, sagte Ursula Kukereit, Vorstandsmitglied des örtlichen Heimatvereins, als es den noch gab. Flötotto habe Friedrichsdorf schon immer geprägt, nun sehe es erneut danach aus. &bdquo;Was die Familie vorhat, ist mutig, und es hört sich vielversprechend an. Wir drücken die Daumen.“ Einen Treffpunkt zu bekommen, ein Bürgerhaus, sei tatsächlich wünschenswert. &bdquo;So etwas fehlt uns hier im Ort. Das betrifft auch die Feuerwehr und den Sportverein. Der Taubenschlag reicht gerade mal für 40, 50 Leute, aber nicht für größere Gruppen. Dann müssen wir nach Verl oder so. Auch nach Beerdigungen wissen die Leute nicht, wohin.“ Größe des Projekts sei für den Ortsteil enorm, sagt eine Anwohnerin Arnd Jaskulla stellte sich Flötotto-Düsing als letzter verbliebener Hausarzt in Friedrichsdorf vor. &bdquo;Bei einem solchen Großprojekt sollte man auch die ärztliche Versorgung mitdenken“, sagte der 62-Jährige. Möglicherweise lasse sich eine Einheit integrieren, die Raum für eine Gemeinschaftspraxis böte, für ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). &bdquo;Eine solche Chance sollte man mindestens ernsthaft in Erwägung ziehen.“ Lesen Sie auch: Gütersloher Wohnungsmarkt unter Druck: Einzigartiges Projekt könnte Wende bringen Den Aspekt der infrastrukturellen Versorgung hob auch die Friedrichsdorfer Bürgerin Sylvia Münstermann hervor. Für den kleinen Ortsteil, der sich im Kern immer noch als Dorf verstehe, sei die Größe des Projektes enorm. Die Dichte der Bebauung dürfe nicht dazu führen, dass eine Schieflage entstehe und es woanders an Kapazitäten fehle. Auch die Anbindung an den Nahverkehr sei zu bedenken. Gegen Ende machte sich draußen vor dem Werkstor Günter Eberhardt für den Heimweg mit dem Rad fertig. Acht Jahre lang, von 1972 bis 1980, war er als Leiter zuständig für den Direktvertrieb, eine Epoche, in der Flötotto so rasant aufblühte, dass es mit dem Liefern kaum hinterherkam. &bdquo;Es war eine dolle, eine verrückte Zeit“, so der 78-Jährige. Ihn freue es, dass das Gelände nicht einfach plattgemacht werde und aus dem Ortsbild und irgendwann der Erinnerung verschwinde. &bdquo;Ich glaube, hier passiert was Gutes.“

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