Rechtsstreit um Bauprojekt in Gütersloh geht weiter: Showdown um die Hagedorn-Ranch

Gütersloh/Minden/Bielefeld. Wird der 20. September zum Tag der Entscheidung über die geplante Reitanlage der Gütersloher Unternehmerin Barbara Hagedorn? Exakt zwei Jahre und drei Tage, nachdem gegen die Rechtmäßigkeit der Genehmigung für das umstrittene Bauvorhaben geklagt worden ist, kommt es am heutigen Mittwoch zum juristischen Showdown. Um 10.45 Uhr wird der Fall um die &bdquo;SL Riding Ranch“ in Bielefeld-Holtkamp vor dem Verwaltungsgericht Minden mündlich verhandelt. Im Kern haben die fünf Mitglieder der 9. Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Christoph Schewe dabei in Sitzungssaal II zu klären, worum es sich bei dem XXL-Bauprojekt an der Brockhagener Straße 285, kurz hinter Isselhorst, handelt. Für einen selbstständigen landwirtschaftlichen Betrieb wäre die seinerzeit von der jetzt beklagten Stadt Bielefeld erteilte Baugenehmigung zulässig. Folgt das Gericht hingegen der Sichtweise des Klägers, dem nordrhein-westfälischen Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), so handelt es sich bei der Hagedorn-Ranch um eine in dem Gebiet unzulässige private Reitsportanlage. &bdquo;Aus unserer Sicht verstößt die Baugenehmigung gegen geltendes Bauplanungs- und Naturschutzrecht. Dies haben wir in einer 51-seitigen Zusammenfassung und Aktualisierung der Klagebegründung, die dem Gericht seit 14 Tagen vorliegt, noch einmal ausführlich dargelegt“, erklärt Adalbert Niemeyer-Lüllwitz. Der 72-Jährige wird in seiner Funktion als Mitglied des BUND-Landesvorstands am Mittwoch der Verhandlung in Minden beiwohnen, ebenso wie der stellvertretende NRW-Vorsitzende Thomas Kremerkämper und der Berliner Rechtsanwalt Thorsten Deppner. Man sei anhand der vorliegenden Fakten zuversichtlich, dass am 20. September &bdquo;positiv im Sinne des Natur- und Landschaftsschutzes entschieden“ werde, hieß es in einer noch am Dienstagvormittag veröffentlichten Stellungnahme. Barbara Hagedorn ist weiter von der Zulässigkeit überzeugt Darin untermauerte der BUND seine Position anhand einer &bdquo;Fülle von Fakten und Hinweisen“, die darauf hindeuteten, &bdquo;dass die Riding Ranch primär als für die Familie Hagedorn, beziehungsweise die mindestens 18 im familiären Besitz befindlichen Reitsportpferde geplant wird.“Die Stadt Bielefeld gab vor dem Verhandlungsauftakt am Mittwoch keine Äußerungen ab. Stadt-Pressesprecher Daniel Steinmeier reagierte auf eine entsprechende Anfrage der &bdquo;Neuen Westfälischen“ von Montag nicht. Auch aus Sicht von Claas Birkemeyer, Rechtsanwalt von Barbara Hagedorn, könnte der 20. September finalen Charakter in den Rechtsstreitigkeiten um die Reitanlage haben. &bdquo;Ich gehe fest davon aus, dass es im Anschluss an die Verhandlung eine Entscheidung geben wird“, erklärte der Baurecht-Spezialist der Bielefelder Wirtschaftskanzlei Streitbörger Part GmbB. Seine Klientin hat nach ihrer Darstellung vor, auf der früheren Hofstätte an der Brockhagener Straße den Bau eines landwirtschaftlichen Pferdpensionsbetriebs zu verwirklichen. Sie sei nach wie vor von der Zulässigkeit überzeugt und wolle den Betrieb zu Ende bauen. Ursprünglich war eine Fertigstellung im Frühjahr 2022 geplant. Gegenwärtig ruhen die Bauarbeiten. Seit knapp mehr als zwei Jahren hält der Fall die Gerichte auf Trab. Neben dem Hauptsacheverfahren (Aktenzeichen 9K 5297/21) hat es in Minden drei Eilverfahren gegeben, zuzüglich einer Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster. Der Fall hält die Gerichte auf Trab Was bisher geschah: Die Chronologie der Ereignisse beginnt am 2. Juli 2021. An diesem Tag erteilt die Stadt Bielefeld (Angeklagte) die Baugenehmigung für das Vorhaben der Gütersloher Unternehmerin Barbara Hagedorn (Bauherrin und Beigeladene) nahe der Gütersloher Kreisgrenze.28. Juli 2021: Die &bdquo;Neue Westfälische“ berichtet erstmalig über die geplante Reitanlage in Bielefeld-Holtkamp und über den Ende Juni gegründeten Riding Club Gütersloh (RCG).16. September 2021: Der NRW-Verband des BUND (Kläger) reicht beim Verwaltungsgericht die Klage gegen die durch die Stadt Bielefeld erteilte Baugenehmigung ein.2. November 2021: Der BUND und sein Rechtsanwalt Thorsten Deppner wollen per Eilantrag einen Baustopp (Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage) erwirken. 13. Dezember 2021: Das Verwaltungsgericht Minden verhängt den Baustopp. In der Folge gibt es Ärger um die Wiederaufnahme der Arbeiten, die sich aber als erlaubte Sicherungsmaßnahmen herausstellen. Das Bauamt Bielefeld versichert: &bdquo;Es ist alles okay.“ Im Februar, März und April 2022 reichen Bauherrin Hagedorn und ihr Anwalt überarbeitete Unterlagen ein, Wirtschaftlichkeitsberechnung und Betriebsbeschreibung. Das Bauamt prüft den Nachtrag.15. Juli 2022: Die Stadt Bielefeld spricht eine geänderte Baugenehmigung aus. 19. Juli 2022: Barbara Hagedorn reicht einen Eilantrag gegen den Baustopp ein. 24. August 2022: Weil die Bauherrin die geänderte Baugenehmigung als eigenständig wertet, lässt sie die Arbeiten wieder aufnehmen. 30. August 2022: Das Verwaltungsgericht Minden gibt eine Einschätzung der Rechtslage ab, wonach der Baustopp weiter Bestand haben müsste. 1. September 2022: Die Stadt Bielefeld ordnet daraufhin eine Stilllegungsverfügung an und verhängt später aufgrund von Zuwiderhandlungen Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 60.000 Euro. 2. September 2022: Der Hagedorn-Anwalt Birkemeyer wendet sich per Eilantrag gegen die Stilllegungsverfügung. 8. September 2022: Das Verwaltungsgericht Minden entscheidet, dass die Stilllegungsverfügung rechtens ist. 13. September 2022: Barbara Hagedorn schreibt in einem Pressestatement von Anfeindungen gegen Mitarbeiter auf der Baustelle und erklärt, dass der Bielefelder Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) persönlich in das Verfahren zur Erteilung der Baugenehmigung eingebunden gewesen sei. 16. September 2022: Beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster legt die Bauherrin Beschwerde gegen die Mindener Entscheidung ein. 6. Dezember 2022: Das OVG Münster weist die Beschwerde Barbara Hagedorns zurück. 11. März 2023: Im "NW"-Interview sieht die Bauherrin keinen Grund, &bdquo;warum die Ranch nicht gebaut werden kann“. 21. März 2023: Der BUND äußert sich öffentlich: &bdquo;Dieser Fall darf nicht zum Vorbild für Rechtsbrüche werden.“ 7. Juni 2023: Barbara Hagedorn zieht ihren Eilantrag gegen den Baustopp aufgrund &bdquo;gerichtlicher Gepflogenheiten“ im Vorfeld eines Erörterungstermins zurück. 21. Juni 2023: Vor Gericht kommt es zum Erörterungstermin. Die Parteien vereinbaren Stillschweigen. 9. August 2023: Das Gericht gibt bekannt: Am 20. September wird verhandelt. Stichtag!

Meistgelesen