Erste Zweifel an Verlagerung des Gütersloher Bahnhofs auf das Postgelände

Gütersloh. Seit fast fünf Jahren diskutieren die Politiker immer mal wieder darüber, ob die Stadt ihr Vorkaufsrecht nutzen und das Postareal neben dem Hauptbahnhof erwerben soll. Auch kurz vor Ablauf der bis Ende Juni verlängerten Frist herrscht darüber Unklarheit. Allein für die Grünen ist die Sache glasklar: &bdquo;Kaufen! Das hätten wir schon längst tun sollen“, sagt Fraktionssprecherin Birgit Niemann-Hollatz. Die übrigen Fraktionen tendieren offenbar eher dazu, beim Eigentümer des gut 9.000 Quadratmeter großen Geländes, einer gemeinsamen Gesellschaft (Gleis Gütersloh GmbH) der Unternehmen Hagedorn (Gütersloh) und Borchard (Bielefeld), einen weiteren Aufschub um ein halbes Jahr bis Ende dieses Jahres zu erwirken. Es gebe noch eine ganze Reihe offener Fragen unter anderem zu denkbaren Formen der Zusammenarbeit, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Volker Richter. Ähnlich äußert sich Heiner Kollmeyer (CDU). Bekanntlich will die Stadt den ZOB auf das Postareal verlegen, weil am bisherigen Standort gegenüber am &bdquo;Filmwerk“ der Platz zu klein geworden ist. Ein Gutachten hatte unlängst bescheinigt, dass der alte ZOB nicht zukunftsfähig sei. Zudem gibt es Überlegungen, den Willy-Brandt-Platz vor dem Bahnhof in die Pläne zur Neugestaltung einzubeziehen und einen großen Wurf anzustreben, möglicherweise mit einer neuen Bebauung an den Rändern. "Bekommen 90 Prozent Förderung" Für die Grünen steht spätestens nach dem Gutachten fest, dass der ZOB auf die andere Seite der Kaiserstraße wandert. Birgit-Niemann Hollatz plädiert daher für den Ankauf des Postgeländes. &bdquo;Wenn wir die Fläche für eine neue Mobilstation, also fürs Gemeinwohl nutzen, bekommen wir 90 Prozent Landesmittel als Zuschuss für den Erwerb des Grundstücks und noch einmal 90 Prozent Fördermittel für den Aufbau der Station, die die verschiedenen Verkehrsträger sowie Sharing-Angebote miteinander verknüpft. “ Die Stadt dürfe sich die Sache nicht aus der Hand nehmen lassen. Denkbar sei zudem, dass die neugegründete städtische Immobiliengesellschaft Concept GT das Vorhaben realisiere. Für den Geschäftsführer der Gleis Gütersloh GmbH sowie des Hagedorn-Unternehmens Revital, Rick Mädel, steht die Verlagerung des ZOB hingegen noch längst nicht fest, wie er auf Anfrage sagt. &bdquo;Wir befinden uns in spannenden Zeiten der Mobilitätswende. Es sollten jetzt keine überhasteten und voreiligen Entscheidungen getroffen werden.“ Denn noch sei ja offen, nach welchem System die Busse künftig fahren und welche Art von Fahrzeugen eingesetzt werden. Somit könnten jetzt auch noch keine Aussagen über den Platzbedarf getroffen werden sowie ob und wie der ZOB verlagert werde. Das derzeit praktizierte Rendezvous-System, bei dem alle Buslinien zur gleichen Zeit am ZOB losfahren, steht seit längerem in der Kritik. Vor allem der Umweltverband GNU fordert, intelligente Linienführungen mit Umsteigemöglichkeiten in den einzelnen Stadtvierteln anzubieten und damit den Stadtbus attraktiver zu machen. "Fertiges Konzept in zwei Jahren" Mädel macht keinen Hehl daraus, dass den Partnern Hagedorn und Borchard sehr daran gelegen sei, die Zukunft am Hauptbahnhof aktiv mitzugestalten. Bis ein fertiges Konzept auf dem Tisch liege, dauere es aber wohl noch zwei bis drei Jahre. Zunächst komme es darauf an, eine rechtssichere Konstruktion dafür zu finden. Das sei die vorrangige Aufgabe für die kommenden Monate, sagt Mädel. Es spreche also nichts gegen eine Fristverlängerung zu leicht veränderten Bedingungen bis Ende des Jahres. Dem Vernehmen nach bleibt es bei dem ursprünglich vereinbarten Kaufpreis von 5,1 Millionen Euro. Jedoch ist ein Aufschlag bei den Kosten für das Freiräumen des Geländes vorgesehen. Zwei Gutachten, zwei Meinungen Die Grünen verweisen unterdessen auf ein vorliegendes Rechtsgutachten. Danach wäre ein Verzicht auf das Vorkaufsrecht und eine Realisierung oder Umsetzung direkt durch die Firma Hagedorn oder ein Investorenmodell (ohne ein Ausschreibungs- oder Wettbewerbsverfahren) ein Verstoß gegen das Vergabe- und EU-Beilhilferecht. Bei der Nutzung des Vorkaufsrechts und einer anschließenden Ausschreibung oder einem Wettbewerbsverfahren durch die Stadt sei eine weitere Zusammenarbeit mit Hagedorn und anderen Investoren möglich. Laut Mädel beruht dieses Gutachten auf einer &bdquo;falschen Ausgangslage“. Es gebe eine weitere Expertise einer renommierten Münsteraner Kanzlei, die zu einem anderen Schluss komme. Der Geschäftsführer betont erneut, dass Hagedorn eine qualitätvolle Lösung für das Hauptentrée der Stadt am Bahnhof anstrebe. Eine Lösung, die möglicherweise deutschlandweit Beachtung finden werde. &bdquo;Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst.“ Zunächst muss der Rat am 23. Juni in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause über das weitere Procedere entscheiden. In Anbetracht der Kürze der Zeit kommt in der Politik Ungeduld auf. Eine Stimme von gestern: &bdquo;Wir warten immer noch auf eine qualifizierte Beschlussvorlage der Verwaltung.“

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