Städtepartnerschaft ruht

Güterslohs Bürgermeister richtet persönlichen Brief an russische Partnerstadt

Der Gütersloher Bürgermeister bat sein Pendant in der russischen Partnerstadt Rshew um eine klare Positionierung gegen den Angriffskrieg auf die Ukraine. Diese blieb aus. Morkes zieht nun Konsequenzen.

Norbert Morkes wandte sich mit einem emotionalen Schreiben an den Bürgermeister von Rshew. Eine Reaktion blieb aus. | © Jens Dünhölter

07.04.2022 | 07.04.2022, 11:00

Gütersloh. Die Städtepartnerschaft mit der russischen Stadt Rshew wird seitens der Stadt Gütersloh bis auf weiteres ausgesetzt. Darüber hat Bürgermeister Norbert Morkes jetzt die Politik informiert. Morkes hatte vor einigen Wochen in einem Brief an die Stadtregierung von Rshew appelliert, ein Signal der Verurteilung des Krieges gegen die Ukraine zu geben und „ein Zeichen, dass die Basis ‚Nie wieder Krieg‘ für unsere Städtepartnerschaft auch weiterhin gilt."

Eine Antwort war bis Ende März erbeten worden. „Da bisher keine Antwort aus Rshew eingegangen ist, werden wir diese Städtepartnerschaft ruhen lassen," so Morkes.Die Entscheidung sei nicht leichtgefallen, da besonders die Städtepartnerschaft mit Rshew - einem Ort, an dem eine der grausamsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs stattfand – auf dem erklärten Willen zum Frieden und der Ächtung des Kriegs als Mittel der Auseinandersetzung aufbaue.

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„Aber wir brauchen ein Zeichen, dass diese Basis auch in Zukunft gilt. Mit dem grausamen Krieg Russlands gegen die Ukraine ist dies allerdings unvereinbar. Schweigen muss hier als Zustimmung gewertet werden."Mit der Aussetzung der Städtepartnerschaft ist auch verbunden, dass die Stadt Rshew nicht am Kulturprojekt „C-Cities" mit den anderen Partnerstädten teilnehmen wird, das im Mai seinen Auftakt in Gütersloh hat.

Im Folgenden der Brief von Norbert Morkes im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Kollege, Bürgermeister der Stadt Rshew, sehr geehrte Mitglieder der Stadtregierung von Rshew.

Wie auch Ihnen bekannt ist, tobt in der Ukraine ein grausamer Krieg, der Zerstörung, Leid und Tod über die Menschen bringt. In Gütersloh kommen täglich inzwischen etwa 50 Menschen an, die auf der verzweifelten Flucht vor russischen Bomben bei uns und in anderen Städten in Deutschland Schutz suchen. Mit all diesen Eindrücken schreibe ich Ihnen als Oberhaupt unserer russischen Partnerstadt Rshew sowie als Vertreter der dortigen Bürgerschaft.

Diese besondere Städtepartnerschaft basiert auf dem erklärten Willen zum Frieden aufgrund der schrecklichen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs. Gemeinsam haben russische und deutsche Jugendliche in den vergangenen Jahren die Gräber der Soldaten aus beiden Ländern gepflegt, einen Friedenspark mit aufgebaut und damit deutlich gemacht, dass Krieg kein Mittel der Politik sein darf. Das ist, worauf wir gemeinsam unsere Städtepartnerschaft gründen.

In Ihrer Stadt hat eine der grausamsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs stattgefunden. Sie werden aus eigenen familiären Erfahrungen heraus in besonderer Weise verstehen können, dass ein Krieg vor allem die Zivilbevölkerung trifft. Deshalb gehe ich davon aus, dass auch Sie in dem Krieg, den der russische Staat gegen das Nachbarland Ukraine führt, kein Mittel sehen, um politische Ziele zu erreichen.

Geben Sie uns hier in Gütersloh ein Signal, dass auch Sie diesen abscheulichen und menschenunwürdigen Krieg verurteilen! Wir in Gütersloh wollen sicher sein, dass die Grundlagen unserer Städtepartnerschaft auch weiterhin gelten und wir auch in Zukunft den Austausch mit Rshew pflegen können.

Bitte nutzen Sie alle Informationsquellen und Ihre Möglichkeiten, um ssich über das Vorgehen Ihrer Regierung zu informieren und auf einen Frieden hinzuwirken! Das wünsche ich mir im Namen Ihrer Partnerstadt Gütersloh. Wie Millionen Menschen weltweit, können auch Sie in Rshew Ihren Beitrag dazu leisten, das Sterben russischer Söhne und Töchter sowie das sinnlose Morden unschuldiger ukrainischer Zivilisten zu beenden.

Darum bitte ich Sie persönlich als Bürgermeister Ihrer Partnerstadt Gütersloh und das wünsche ich auch im Namen des Rates und der Bürger unserer Stadt. Ich würde es begrüßen, Ihre Antwort bis Ende März zu erhalten.

Vielen Dank, mit kollegialen Grüßen und besten Wünschen für Gesundheit und Erfolg!

Norbert Morkes, Bürgermeister der Stadt Gütersloh