"Nachfrage ist explodiert": Ärzte erleichtert über Impfzentrum-Comeback

Gütersloh. Die Nachricht, dass das ehemalige Impfzentrum des Kreises Gütersloh an der Marienfelder Straße in zwei Wochen wieder an drei Tagen die Woche mit jeweils drei Impfstraßen öffnet, hat bei den heimischen Ärzten Erleichterung ausgelöst. "Gott sei Dank", kommentiert der Friedrichsdorfer Hausarzt Arnd Jaskulla. Durch die Freigabe der Booster-Impfung für alle ab zwölf Jahren und sechs Monate nach der zweiten Impfung war der Druck auf die Praxen zuletzt enorm groß geworden. "Die Nachfrage ist extrem hoch und zuletzt explodiert", bestätigt Jaskulla. Die Terminvergabe reicht bei ihm schon jetzt bis Anfang Februar. Ihre Impfkapazitäten hat die Praxis auch deshalb praktisch verdoppelt: Waren zunächst 35 Impfdosen pro Woche geplant, sind es jetzt bereits 70 in der Woche. Lesen Sie auch: Mega-Schlange vor Impfstation in Gütersloh - vier Stunden Warten auf den Piks Die Booster-Impfungen für alle freizugeben sei "nicht glücklich" gewesen, urteilt Wolfram Coesfeld, Vorsitzender des Gütersloher Ärztevereins. "Wir kommen von dem Pfad ab, zuerst diejenigen zu impfen, die es nötig haben", sagt er. Das Interesse an der dritten Corona-Impfung erstreckt sich nach Angaben von Coesfeld in der Praxisgemeinschaft Avenwedde inzwischen über alle Altersgruppen. Ursprüngliche Impfpriorisierung wird in Praxen beibehalten Ähnliches hat auch Arnd Jaskulla in Friedrichsdorf beobachtet. Viele Menschen, die im Sommer ihre zweite Impfung erhalten haben, würden sich nun mit dem Wunsch nach einem Booster an ihn wenden, berichtet er. "Die möchten zeitgerecht geimpft werden." Bei der Reihenfolge werde aber die ursprüngliche Impfpriorisierung berücksichtigt, das bestätigt auch Coesfeld für seine Praxis. Lesen Sie auch: Corona-Inzidenz im Kreis Gütersloh jetzt über 250 - drei weitere Tote Da die Hochbetagten und Bewohner in den Pflegeheimen in großer Zahl bereits ihre Drittimpfung erhalten haben, sind bei Jaskulla nun erst die 70- und anschließend die 60-Jährigen an der Reihe. Auch die ein oder andere Erst- und Zweitimpfung gebe es noch in der Friedrichsdorfer Praxis. "Das sind aber nur ein bis zwei Patienten pro Woche." So viele Patienten wie nur möglich im ehemaligen Impfzentrum impfen Dass nun das ehemalige Impfzentrum als sogenannte Impfstelle ein Comeback feiert, begrüßt der Vorsitzende der Gütersloher Ärzte. "Es war zwingend und völlig richtig, das Impfzentrum jetzt wieder hochzufahren", findet Coesfeld, der darauf hinweist, dass nicht alle Gütersloher Hausärzte gegen das Coronavirus impfen. Es sei nun wichtig, in der Impfstelle in voller Auslastung so viele Patienten wie nur möglich zu immunisieren. Freude über den Beschluss der politischen Entscheidungsträger kommt auch aus Friedrichsdorf. Man gebe gerne etwas vom Pensum ab, sagt Jaskulla. Neben dem üblichen Tagesgeschäft ist er nämlich zusätzlich mit den Impfungen beschäftigt und hat auch wieder vermehrt Patienten mit positiven PCR-Tests in seiner Praxis. "Mit 50 Stunden pro Woche komme ich aktuell nicht hin", sagt der Hausarzt. Hätten die Impfzentren offenbleiben sollen? Noch bis Frühjahr 2022, so glaubt Jaskulla, werde das frühere Impfzentrum nun gebraucht, um die Praxen zu entlasten. Ob man die Einrichtung generell hätte offenhalten sollen? "Angesichts der niedrigen Impfquote hätte man sich das überlegen können", sagt der Hausarzt. Coesfeld wiederum betont, dass die Infektionszahlen zum Zeitpunkt der Schließung rückläufig waren, dort weniger geimpft wurde und die Zentren in der Unterhaltung teuer sind. "Der Beschluss seinerzeit war folgerichtig", meint er. Vorausschauend wäre es nach seiner Auffassung gewesen, kleinere Zentren offenzuhalten. KVWL erwartet erneuten Kraftakt für die Praxen Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) sieht die Corona-Impfungen laut Angaben von Sprecherin Vanessa Pudlo auch weiterhin in den Praxen der niedergelassenen Ärzte. 8.184 Auffrischungsimpfungen sind von den Ärzten im Kreis Gütersloh bisher schon verabreicht worden (Stand: 8. November). "Ob und inwiefern ergänzend dazu feste Impfstellen sinnvoll sein könnten, kann regional sehr unterschiedlich sein", heißt es. Die nächsten Monate, da ist sich die Sprecherin jedenfalls sicher, werden wegen der Booster-Impfungen ein "erneuter Kraftakt für die Praxen sein". Gleichwohl sei eine Auffrischungsimpfung erst nach sechs Monaten möglich, sodass ohnehin nicht alle Patienten gleichzeitig in die Praxen kommen müssten und eine gewisse zeitliche Entzerrung gegeben ist, meint Pudlo. Miele macht Mitarbeitern ein Impfangebot Auch die Gütersloher Unternehmen greifen wieder mit in den Impfprozess ein. Miele kündigt an, an "allen Standorten den Beschäftigten ab Januar auch für die Booster-Impfung ein betriebliches Impfangebot zu machen." Voraussetzung hierfür sei der dafür notwendige rechtliche Rahmen und die Verfügbarkeit vom Impfstoff. Das Impfangebot bei Miele soll für alle Beschäftigten gelten, im Einzelfall also unabhängig davon, wo zuvor die Erst- und Zweitimpfungen stattgefunden hatten. "Auch Erst- und Zweiimpfungen für Spätentschlossene sind möglich", aus Gründen des Infektionsschutzes gelte dieses Angebot aber nur für Werkangehörige, also nicht für Angehörige oder sonstige dritte Personen. Um die neuerliche Impfaktion am Hauptsitz Gütersloh operativ umzusetzen, soll aber nicht wieder das Miele Forum mit Impfstraßen belegt werden. "Wir nutzen hierfür unsere feste Teststation", so Unternehmenssprecher Carsten Prudent. Bei Tönnies gibt's den Booster schon seit Ende Oktober Bei Beckhoff in Verl war das Impfzentrum gar nicht erst geschlossen worden. "Es war uns wichtig, unseren Kollegen dauerhaft eine Möglichkeit zur Impfung anzubieten", erklärt Frederike Beckhoff und ergänzt: "Wir werden unseren Kollegen zeitnah auch eine Booster-Impfung anbieten." Bertelsmann hat nach eigenen Angaben im Sommer rund 6.000 Impfungen an Mitarbeiter verabreicht. "Aktuell wird ein Konzept für mögliche Booster-Impfungen ausgearbeitet", so ein Sprecher. Claas in Harsewinkel hatte in Eigenregie im Sommer 3.400 Mitarbeiter an den deutschen Standorten geimpft. "Wir überlegen aktuell wie wir mit externen Imfpakteuren in der Region enger zusammen arbeiten können", sagt Unternehmenssprecher Wolfram Eberhardt. Die Nase vorn hat Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. "Booster-Impfungen bieten wir in unserem Impfzentrum seit dem 26. Oktober an", erklärt Firmensprecher Fabian Reinkemeier. Das eigene Impfzentrum sei nie geschlossen worden, "gerade erweitern wir sogar wieder die Öffnungszeiten, weil das Interesse zuletzt wieder stark gestiegen ist."

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