Gütersloher Hausarzt verlässt Praxis nach 28 Jahren – sein Nachfolger steht schon fest

Gütersloh. Wer übernimmt die Praxis, wer übernimmt die Patienten? Der Weg in die Rente ist für niedergelassene Mediziner in Hausarztpraxen nicht selten mit Frust und Enttäuschung verbunden. Zahlreiche Praxen im Kreis Gütersloh mussten final schließen. &bdquo;Alle Kollegen bemühen sich jahrelang um eine Praxisnachfolge“, weiß Uwe Fraedrich. &bdquo;Ich habe einen einzigen Hinweis bekommen und genau ein Telefonat geführt. Mehr brauchte es nicht, wir haben uns schnell gefunden.“ Bei diesem Satz liegt ein zufriedenes Strahlen auf seinem Gesicht. Diesen Volltreffer erzielt zu haben, stimmt den 67-jährigen Mediziner sichtbar heiter. Somit steht jetzt fest: Zum 31. März wird Internist Uwe Fraedrich aus seiner Praxis Am Haverkamp in Isselhorst ausscheiden und die hausärztliche Versorgung an seinen Nachfolger Gregor Zimmermann (36) übergeben. &bdquo;Nach 28 Jahren ist es mir wichtig, dass die Patienten gut versorgt sind.“ Fraedrich ist sich sicher: &bdquo;Bei Gregor Zimmermann sind sie sogar bestens versorgt.“ Er passe in die Praxis, er passe zum Personal, er passe zum Umfeld. &bdquo;Er bringt eine gute Stimmung mit“, und zusammen mit Alexander Morre seien nun zwei hochqualifizierte Fachärzte in einer Praxis tätig. &bdquo;Das ist ein großer Gewinn für die Patienten.“ Kollegen arbeiteten zusammen im Klinikum Gütersloh Tatsächlich war es Praxiskollege Morre, der den entscheidenden Tipp gab. Vor 20 Monaten wechselte er vom Klinikum Gütersloh in die Gemeinschaftspraxis zu Uwe Fraedrich und trat die Nachfolge von Jan-Peter Theurich an. Der 44-Jährige hat durch seinen entscheidenden Hinweis nun seinen Kollegen und Freund Zimmermann an Bord geholt. Die beiden kennen sich bereits aus Studienzeiten. &bdquo;Wir haben im Klinikum Gütersloh zusammen gearbeitet und uns auf diesem Wege kennen und schätzen gelernt“, erklärt Alexander Morre. &bdquo;Der Gedanke, eine gemeinsame Praxis zu führen, ist bestimmt schon zehn Jahre alt, aber es brauchte Zeit.“ Die scheint jetzt gekommen. Ab 1. April führen Morre und Zimmermann die Praxis gemeinsam. Morre ist Internist, Kardiologe und ausgebildeter Intensivmediziner. Gregor Zimmermann ist Internist und Palliativmediziner. Lesen Sie auch: Hausarzt-Praxis im Kreis Gütersloh schließt – Nachfolger-Suche bleibt erfolglos Während Uwe Fraedrich sich von seinen Patienten gerade verabschiedet, lernt Gregor Zimmermann sie kennen. Seit dem 10. März ist er in den Praxisalltag eingebunden. Als Oberarzt war er die vergangenen drei Jahre im Bielefelder Klinikum auf der gastroenterologischen Station tätig. Gütersloher Praxis soll etwas verändert werden &bdquo;Der Wechsel vom Krankenhaus in die ambulante Versorgung ist eklatant“, weiß der gebürtige Gütersloher. &bdquo;Aber der Gedanke, mich niederzulassen, war immer in meinem Kopf. Und ich weiß durchaus, wie viel Arbeit hier auf mich zukommt.“ Zimmermann ist Vater von zwei kleinen Kindern (2 Jahre und 4 Monate), sein Studium hat er in Ungarn und Köln absolviert, ehe es ihn in die Heimat zurückzog. &bdquo;Wir wollen die Praxis etwas frisch machen“, erklärt Gregor Zimmermann. Farblich und räumlich sollen ein paar Veränderungen stattfinden. Entfallen werden künftig die Hausbesuche am Dienstag und Donnerstagnachmittag. Morre und Zimmermann möchten sich etwas Zeit geben, die Praxis zu strukturieren und gegebenenfalls Veränderungen oder Erweiterungen vorzunehmen. Lesen Sie auch: Hausärztemangel in Gütersloh: Diese Praxis sucht jetzt dringend Verstärkung Uwe Fraedrich unterstützt das Vorhaben, denn mit seiner Kritik am System hält er nicht hinterm Berg: &bdquo;Die derzeitigen Rahmenbedingungen der Kassenärztlichen Vereinigung sind nicht dazu geeignet, es den jungen Kollegen leicht zu machen.“ Viele Abrechnungsprozesse seien nicht nachvollziehbar, raubten den Hausärzten viel Energie. Er selbst habe so manchen Sonntag in der Praxis verbracht, um den erforderlichen Papierkram zu erledigen. 40 Prozent der Hausärzte sind über 60 Jahre In Nordrhein-Westfalen gibt es laut Gesundheitsministerium 11.200 niedergelassenen Hausärztinnen und Hausärzten, von denen mehr als ein Drittel das 60. Lebensjahr überschritten hat. In Westfalen-Lippe sind nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigungen 40 Prozent über 60 Jahre. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) kann laut Ärzteblatt keine genauen Aussagen machen, wie viele Ärzte sich in den kommenden Jahren in den Ruhestand verabschieden. Es gebe keine Altersgrenze, die Ärzte bestimmten den Zeitpunkt ihres Ruhestands selbst. Lesen Sie auch: Wechsel in Gütersloher Praxis: Duo verabschiedet sich – das sind die neuen Betreiber Wenn Uwe Fraedrich an seinen Ausstieg aus der Praxis denkt, kann er seine Emotionen nicht verbergen: &bdquo;Das hier ist eine echte Herzensangelegenheit.“ Als gebürtiger Rheinländer habe er in Ostwestfalen und speziell in Isselhorst immer das Gefühl gehabt, am rechten Platz zu sein. &bdquo;Es ist ein total bereichernder Job.“ Hausarzt betreut den FC Isselhorst Seit vielen Jahren engagiert sich der leidenschaftliche Fußball-Fan - der auch in Isselhorst wohnt - im Vorstand des FC Isselhorst. &bdquo;Der Verein ist wichtig für die Kinder und Jugendlichen“, deshalb stellt er künftig noch mehr Zeit zur Verfügung, um den Fußballstandort im Gütersloher Norden zu sichern. Umgekehrt ist Uwe Fraedrich wichtig für den Verein, denn &bdquo;Uwe, komm mal!“ heißt es fortwährend, wenn sich ein Spieler oder Spielerin verletzt hat. &bdquo;Ich bin halt immer der Arzt“, sagt Fraedrich mit einem Augenzwinkern. Aktuelle News erhalten Sie täglich über den Whatsapp-Kanal der NW Gütersloh Wo er sich selbst demnächst behandeln lässt, falls er mal einen Hausarzt benötigt? &bdquo;Natürlich hier, bei meinem Nachfolger“, lautet die Antwort. Gregor Zimmermann ist nicht überrascht. &bdquo;Er verspricht seinen Patienten bereits, sich demnächst gemeinsam mit ihnen ins Wartezimmer zu setzen.“ Beide lachen herzlich über diesen Gedanken. Es ist das vielleicht größte Lob, dass ein Mediziner dem anderen aussprechen kann.

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