Diskriminierung oder nicht? Welche Kostüme an Karneval noch getragen werden dürfen

Gütersloh. Karneval steht vor der Tür und somit für viele das Problem mit der Verkleidung. Denn die Auswahl der rechten – Verzeihung - richtigen Kostümierung fürs närrische Treiben kann schnell zum Stolperstein werden, wie sich vielleicht der ein oder andere noch mit Blick aufs vergangene Jahr erinnert. Da nämlich hatte eine Hamburger Kita den Eltern nahe gelegt, ihre Kinder aus Gründen der Kultursensibilität nicht als Indianer zu verkleiden. Der Fall machte deutschlandweit Schlagzeilen – doch was ist davon geblieben? Broschüre über vorurteilbewusstes Feiern Rückblick: Bereits 2016 hatte die unter anderem vom Bundesfamilienministerium geförderte und in Berlin ansässige &bdquo;Fachstelle Kinderwelten" eine mehrseitige Broschüre mit dem Titel &bdquo;Fasching vorurteilsbewusst feiern! Anregung für eine diskriminierungssensible Praxis" veröffentlicht, in der es um die Vermeidung von sogenannten Stereotypen geht. Damit ist die Verbreitung von Vorurteilen und Klischees gegenüber bestimmten Gruppen gemeint. Vereinfacht ausgedrückt geht es um Diskriminierung, die durch rassistische, kulturisierende oder geschlechterspezifische Verkleidung transportiert werde. Demnach sei bereits eine Kostümierung als Chinese, das sogenannte &bdquo;Yellowfacing", oder als Afrikaner (&bdquo;Blackfacing") tabu, schließlich würden dabei ganze Bevölkerungsgruppen beleidigt und Kindern falsche Bilder vermittelt, so wie beim Thema Indianer. Denn die habe es ja gar nicht gegeben, der &bdquo;Begriff wurde im Zuge der Kolonialisierung Nord- und Südamerikas der damaligen Bevölkerung aufgezwungen und steht somit in Zusammenhang mit der brutalen Vernichtung großer Teile dieser Personengruppe". Soweit der Leitfaden. Jeder soll tragen, was er möchte In der Realität scheint sich an dem allerdings kaum jemand zu orientieren. "Ja, uns sind die diversen Diskussionen in der Republik bekannt, allerdings beteiligen wir uns nicht daran", sagt Robert Junkerkalefeld, Präsident der Grafschaftler Karnevalsgesellschaft in Rietberg. Schließlich sei Karneval seit jeher ein Fest, bei dem sich jeder durch die Kostümierung in eine Rolle begeben darf, die vom täglichen Leben abweiche. "Nach unserer Auffassung ist es auch gut so, diese Freiheit zu haben", betont Junkerkalefeld. Einzig bei Kostümen, die in Konflikt mit geltenden Gesetzen geraten, würde man eingreifen. Nur Gruselmasken sind nicht willkommen Auch in den städtischen Kindertageseinrichtungen in Gütersloh gibt es keine Vorgaben in puncto Verkleidung. "Seitens der Stadt wird weder eine Vorgabe gemacht, dass Karneval zu feiern ist, noch wird in irgendeiner Art und Weise Einfluss auf die Kostümauswahl genommen", berichtet Sprecherin Susanne Zimmermann nach Rücksprache mit dem Fachbereich Tagesbetreuung. Lediglich Gruselmasken, die bei kleinen Kindern Ängste auslösen könnten, seien nicht unbedingt willkommen, hierüber werde aber im Vorfeld mit Eltern und Kindern gesprochen. Ansonsten könne jedes Kind anziehen, was es möchte, weswegen die Kostüme entsprechend bunt seien. Ein Zwang sich zu kostümieren bestehe freilich nicht, es gebe auch Kinder, die das nicht möchten und trotzdem mitfeiern würden. Immerhin sei Karneval für die Kinder ein Höhepunkt des Jahres. "Wir verkaufen alles" Für Sebastian Schmelter, Inhaber des auf Kostümierung aller Art spezialisierten Verler Online-Versandhändlers schmelterland.de ist Karneval ebenfalls einer der Höhepunkte des Jahres. Immerhin 80 Prozent des Jahresumsatzes macht das Unternehmen zwischen September und März, knapp 11.000 verschiedene Artikel lagern hier. "Wir verkaufen alles", sagt der 40-Jährige, die Nachfrage auch nach vermeintlich diskriminierenden Kostümen sei deutschlandweit ungebrochen. "Die Leute lassen sich nicht von solchen Diskussionen beeindrucken, warum auch, wir sind ein freies Land, jeder soll sich so verkleiden können, wie er Lust hat", betont er. Indianerkostüme, Schminke für chinesische Schlitzaugen, ja sogar Verkleidungen für den Dschungel-Häuptling, der seit einigen Jahren dann doch nicht mehr Negerkönig genannt werde, würden nach wie vor bestellt. "Wenn man den Diskussionen folgen würde, dürfte man sich auch nicht als Reh oder Huhn verkleiden, denn Tiere haben doch auch eine Seele und Gefühle, die man verletzten könnte", sagt Schmelter. Generell hält er Ratgeber wie den der "Fachstelle Kinderwelten" für "elitären Tugend-Terror", den sich Wichtigtuer in Großstädten ausdenken, um eine Daseinsberechtigung zu haben. "Mit der Realität und dem, was die Leute möchten, hat das nichts zu tun." Piratinnen und Meerjungmänner Doch was für Kostüme empfiehlt denn nun der Ratgeber? So recht festlegen möchte man sich da nicht, gibt aber Anregungen für Themen, die "viel Kreativität und wenig Klischees" förderten. Für Karneval im Kindergarten könnten das beispielsweise Motto-Themen sein, wie "Chaos im Weltall", "Tiefsee-Party" oder "Unglaubliche Tiere". Kinder, die sich in der ihnen zugeschriebenen Geschlechterrolle unwohl fühlen, könnten sich zudem als Piratinnen und Meerjungmänner verkleiden, manchmal brauche es dazu eine Ermutigung durch Erwachsene. "Warum dem Superhelden-Kostüm nicht einen Glitzerumhang basteln? Und zur Fee passen Pfeil und Bogen eigentlich ganz gut."

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