Bielefeld. Er sieht weiterhin einen "großen" Handlungsbedarf - "und doch halten wir jetzt erst einmal inne", sagt Oberbürgermeister Pit Clausen. Die fünf bedrohten Grundschulen in Dornberg, Mitte und Brackwede sollen nicht ab dem kommenden Schuljahr auslaufen, also schrittweise geschlossen werden. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP beuge sich damit den mehr als 30.000 Bürgern, die für den Erhalt der Schulen gestimmt hatten. Clausen: "Wir wollen einen konstruktiven Dialog."
Silke Schüler, eine der beiden Initiatorinnen des Bürgerbegehrens, erhält die Nachricht im Auto, fährt rechts ran, sammelt sich, sagt: "Interessant ... okay ... da kann man sich ja einen kurzen Moment drüber freuen."
Dass Politik und Verwaltung das Aus der Schulen auf Eis legen, gefällt ihr - und obwohl sie davon überzeugt ist, dass alle Schulen erhalten werden sollten, sagt sie: "Ich bin bereit, ergebnisoffen zu diskutieren." Sie betont: "Das Aus der Schulen muss nicht das Ergebnis des Prozesses sein, der jetzt wohl folgen soll." Sie wünsche sich einen Dialog über Qualität und "innovative neue Konzepte", bisher sei die Debatte "zu sehr von der bildungsökonomischen Seite aus und nicht qualitativ geführt worden".
Das weisen die Sprecher der Ampel zurück. Harald Buschmann (FDP): "Wir haben immer betont, dass die finanzielle Seite für uns nicht entscheidend ist - uns geht es um in der Zukunft qualitativ hochwertige Grundschulen." Er wie auch Georg Fortmeier (SPD) und Inge Schulze (Grüne) betonen immer wieder, es gehe ihnen um bessere Grundschulen mit besseren Differenzierungsmöglichkeiten in größeren Systemen - sie wollen keine Kleinstschulen mit teilweise nur knapp über oder unter 100 Schülern. Das Land fordert 192 Schüler als Untergrenze.
Clausen: "Es geht auch um Gerechtigkeit, also um ähnliche Klassenfrequenzen im ganzen Stadtgebiet, es darf nicht hier privilegierter und dort benachteiligten Unterricht angeboten werden."
Schulentwicklungsplanung, so Clausen, "ist keine Wünsch-dir-was-Veranstaltung, sondern für uns eine Pflichtaufgabe". Da er und die Ampel keine Lust hätten, von der Bezirksregierung irgendwann einmal Anweisungen zu bekommen, bleibt er bei der alten Linie: "Wir werden Grundschulen schließen müssen." Bei immer geringeren Schülerzahlen sei es "das kleine Einmaleins, herauszufinden, dass auch weniger Schulen benötigt werden". Clausen: "Jetzt aber nehmen wir uns erst einmal die Zeit, in Ruhe mit den Menschen zu sprechen - und dann entscheiden wir im Jahr 2011." Gedacht ist offenbar an möglichst breit besetzte Bildungskonferenzen, eingebunden werden soll das Bildungsbüro.
Mehr Öffentlichkeit schaffen, das ist das Motto - und Inge Schulze ärgert sich, "dass ich da nicht härter geblieben bin". Sie hatte in den vergangenen Jahren mehrfach moniert, dass Schulentwicklungsplanung öffentlicher diskutiert werden müsse. Clausen, der lange als Richter arbeitete, nickt da, sagt salomonisch: "Recht haben und Recht bekommen sind zwei Dinge, aber zum Glück ist die Demokratie ja ein bewegliches Gebilde."
Nun soll es in der Ratssitzung am 4. November lediglich eine Informationsvorlage geben - und wird Oberbürgermeister Pit Clausen dem Rat vorschlagen, das Bürgerbegehren abzulehnen, es sei eindeutig unzulässig.
Anmeldungen an den fünf Grundschulen (Josef, Hellingskamp, Brocker, Hoberge und Schröttinghausen) können damit vorgenommen werden.
Am Abend gaben die Mitglieder der Grünen ihrer Ratsfraktion grünes Licht für diesen Weg.