Autozulieferer fällt auf: Razzia bei der Bielefelder Firma Gestamp

Bielefeld. Es war ein anonymer Anrufer, der die Bezirksregierung Detmold auf den Plan gerufen hat. Die Behörde hat am Sonntag, 26. Oktober, unangekündigt eine Kontrolle bei der Firma Gestamp Umformtechnik wegen unerlaubter Sonntagsarbeit durchgeführt. Nach Informationen der NW waren zu diesem Zeitpunkt rund 50 bis 60 Mitarbeitende im Betrieb. Nicht zum ersten Mal ist der große Automobilzulieferer durch solche Aktionen aufgefallen. Peter Westphal, Sprecher der Bezirksregierung, bestätigt auf Anfrage: &bdquo;Es wurde das Einhalten der Arbeitszeitregelungen zur Sonntagsarbeit kontrolliert. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.“ Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz könnten bei Vorsatz mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro geahndet werden, heißt es weiter. Der Betriebsrat hat bereits in der Vergangenheit seinem Arbeitgeber wiederholt vorgeworfen, dass Arbeitszeitregelungen zur Sonn- und Feiertagsarbeit regelmäßig unterlaufen würden. Vor gut drei Jahren, als das Betriebsklima bei Gestamp besonders frostig war, hatte die Interessenvertretung der Belegschaft laut geklagt, dass im Mai 2022 und an Pfingsten mehr als die erlaubten Sonntagsarbeiter im Haus waren, beziehungsweise ohne Genehmigung gearbeitet worden sei. &bdquo;3.500 Mehrarbeitsstunden sind von Freitagnacht bis zum späten Montagabend geleistet worden, zwischen 150 und 250 Leute waren über Pfingsten da“, erklärte der Betriebsrat damals. Bereits im Mai 2020 sind Gestamp hohe Ordnungsstrafen angedroht worden Bereits im Dezember 2021 hatte eine Kontrolle der Detmolder Bezirksregierung wegen unerlaubter Sonntagsarbeit für Schlagzeilen gesorgt. Obwohl im Mai 2020 die Geschäftsführung wegen unerlaubter Sonntagsarbeit ein Urteil bekommen habe und die Ansage, dass bei Zuwiderhandlungen bis zu 10.000 Euro Ordnungsstrafe pro Mitarbeiter fällig werden können, so der Betriebsrat. Das werde wohl billigend in Kauf genommen. Dass so viel Mehrarbeit angeordnet beziehungsweise &bdquo;entgegengenommen“ werde, sei oftmals auf hausgemachte Probleme zurückzuführen, hatte der Betriebsrat 2022 als Grund angeführt. Mängel in der Disposition und fehlendes Personal in der Logistik, mangelnde Vorratshaltung von Materialien und Maschinenteilen. Oft würde wegen Personalmangels Anlagen stillgelegt und dann am Wochenende versucht, die Arbeit nachzuholen. Im Jahr 2024 seien mehr als 10.000 Überstunden nur an Wochenenden geleistet worden, in diesem Jahr stünden bereits mehr als 7.000 Stunden an Wochenenden auf der Uhr, hatte der Betriebsrat kürzlich verlautbart. Es wiederholt sich: Illegale Sonntagsarbeit und massiver Stellenabbau bei Gestamp Mehrarbeit an Sonn- und Feiertagen muss bei der Bezirksregierung mindestens sieben Tage vorab beantragt werden, Betriebsrat und IG Metall müssen zwingend dazu gehört werden. Oguz Önal, 1. Bevollmächtigter der IG Metall, kennt für den aktuellen Fall keinen solchen Antrag. &bdquo;Es passt aber ins Gesamtbild, dass Mitbestimmungs- und Arbeitsschutzrechte bei Gestamp sehr stark ignoriert werden. Es scheint ein stückweit System zu sein.“ .responsive23-fcP3AKu97EQwH23Q-map-map { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-fcP3AKu97EQwH23Q-map-map { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-fcP3AKu97EQwH23Q-map-map { padding-top: 142.86%; } } IG Metall sieht sozialen Frieden bei Gestamp gefährdet Jeder Angestellte, der seine Pflichten in ähnlicher Weise ignorieren würde, &bdquo;hätte schon längst die fristlose Kündigung“. Önal sieht den sozialen Frieden beim Autozulieferer ernsthaft gefährdet. Die Geschäftsführung &bdquo;zerstört relativ schnell viel Vertrauen“. Dies werde man auch beim Termin vor der Einigungsstelle dem leitenden Präsidenten des Landesarbeitsgerichtes vortragen. &bdquo;Das alles macht in der jetzigen Konstellation einfach keinen Sinn.“ Lesen Sie auch: Gestamp droht erneut massiver Stellenabbau in Bielefeld Ob und wie viele Ordnungsstrafen die Firma Gestamp in der Vergangenheit deshalb bereits gezahlt hat, konnte die Bezirksregierung Detmold auf Anfrage nicht mitteilen. &bdquo;Eine Statistik über die möglichen Verstöße im Sinne der Arbeitszeitregelungen liegt der Bezirksregierung Detmold nicht vor“, erklärt Sprecher Peter Westphal. Diese Kontrolle fällt in eine Zeit, in der es beim zweitgrößten Bielefelder Industriebetrieb wieder massiv kriselt. Erst vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass die Geschäftsführung 150 Arbeitsplätze abbauen will. Die Verhandlungen, ob und wie dieser Stellenabbau möglichst sozialverträglich geschehen kann, sind vorerst gescheitert. Geschäftsführung, Betriebsrat und IG Metall treffen sich am Donnerstag, 6. November, vor der Einigungsstelle des Bielefelder Arbeitsgerichtes. Gestamp hat noch knapp 1.000 Beschäftigte Gestamp Umformtechnik stellt Produkte für Pkw, Nutzfahrzeuge und Elektromobilität her. Die Krise in der Automobilbranche macht dem Konzern zu schaffen. Aktuell hat der zum spanischen Gestamp-Konzern gehörende Betrieb in Brackwede noch knapp 1.000 Mitarbeitende. Bereits im Sommer 2024 war Kurzarbeit angemeldet worden, die im Januar auf bis zu 50 Prozent ausgeweitet worden war. Seit Juni ist diese aber komplett ausgesetzt worden. Die Auftragslage sei nämlich deutlich besser als dargestellt, sagte kürzlich Betriebsratsvorsitzender Murat Dogan. Die Geschäftsführung unter Leitung von Jesus Taboada hat eine Anfrage zur Kontrolle und zur Sonntagsarbeit in Brackwede unbeantwortet gelassen. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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