
Bielefeld. Die europäische Automobilkrise macht dem Bielefelder Zulieferer Gestamp Umformtechnik zu schaffen: Der zum spanischen Gestamp-Konzern gehörende deutsche Ableger hat die seit Sommer 2024 angemeldete Kurzarbeit deutlich ausgeweitet. Seit Januar 2025 sind bis zu 50 Prozent Kurzarbeit in den „indirekten Bereichen“ wie etwa Logistik, Forschung und Entwicklung oder in der Verwaltung vereinbart. Entsprechende Informationen hat die „NW“ aus der Belegschaft erhalten.
Damit hat die seit Jahren immer wieder aufkeimende Furcht vor einem massiven Personalabbau in der Fabrik in Brackwede neue Nahrung erhalten. Der Betriebsratsvorsitzende Murat Dogan betont auf Nachfrage, dass in der eigentlichen Produktion derzeit noch Überstunden abgebaut würden, die „in besseren Zeiten“ angesammelt wurden. Akute Sorgen um die Arbeitsplätze gebe es derzeit noch nicht, doch alles hänge von der weiteren Entwicklung ab.
Bei der Gewerkschaft IG Metall kümmert sich jetzt die Bezirksleitung in Düsseldorf um die Sache. Ähnlich wie Dogan ist auch der für Tarifpolitik und die Metall- und Elektroindustrie zuständige Carsten Schuld noch nicht allzu alarmiert: „Hier werden auch Produkte für Elektroautos produziert“, sagt Schuld. Gestamp Umformtechnik stelle erstens Karosserieteile und Fahrzeugteile wie etwa Achsen her, die unabhängig von der Antriebstechnik seien, und mit der Produktion von Batterieboxen setze Gestamp zudem gezielt auf eine Zukunftstechnik: „Durch das Verbrenner-Aus ist Gestamp also nicht gefährdet“, glaubt Schuld.
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Massive Umsatzeinbrüche in der Branche
Doch auf der Hand liegt angesichts der Kurzarbeit, dass der Bielefelder Autozulieferer und sein Schwesterwerk im brandenburgischen Ludwigsfelde inzwischen mit Umsatzeinbrüchen zu kämpfen hat – so wie andere Firmen der Branche auch. Gestamp Umformtechnik verzeichne seit einem Jahr Umsatzrückgänge, so heißt es.
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„Die Geschäftsführung hat die IG Metall zu Gesprächen über die Sicherung des Standortes eingeladen“, bestätigt Schuld. In einem ersten Sondierungsgespräch sei nun eine „wirtschaftliche Begutachtung“ durch einen externen Sachverständigen vereinbart worden. „Sobald die Ergebnisse vorliegen, wollen wir darüber sprechen, was in der gegenwärtigen Lage notwendig und hilfreich ist“, sagt Schuld.
Denkbar sei unter Umständen der Abschluss eines Ergänzungstarifvertrags. Für die Beschäftigten der Gestamp Umformtechnik GmbH, die mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern allein am Standort Bielefeld zu den größten Industriebetrieben der Stadt zählt, könnte dies bedeuten, dass „Arbeitnehmerbeiträge“ eingefordert werden: Im Gegenzug für Gehaltseinbußen oder längere Arbeitszeiten könnten Arbeitsplatzgarantien die Folge sein.
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Mitarbeiter bei Bielefelder Unternehmen sollen mitentscheiden
Über die Köpfe der Belegschaft hinweg sollen allerdings keine Vereinbarungen getroffen werden: „Wir wollen die Mitglieder entscheiden lassen“, verspricht Schuld. Für den 12. März sei die nächste Betriebsversammlung geplant. Kursierende Gerüchte, dass der gesamte Standort in Gefahr sein könnte, halten die Arbeitnehmervertreter für übertrieben.
Das Gestamp-Management bestätigte die Aufnahme von Gesprächen mit der Arbeitnehmerseite, wollte die Situation jedoch zur Wahrung der Diskretion nicht weiter kommentieren.
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