Bilanz von Rot-Grün-Rot: Bielefelds Regierung unter der Lupe

Bielefeld. Eigentlich sind es nur viereinhalb Jahre, in denen SPD, Grüne und &bdquo;Die Linke“ in Bielefeld gemeinsam regiert haben. Sechs Monate dauerte es nach der Kommunalwahl 2020, bis die Koalition stand. Was hat geklappt und was nicht? nw.de stellt zum Ende der Wahlperiode und vor der nächsten Wahl Originalzitate aus dem Koalitionsvertrag der tatsächlichen Entwicklung gegenüber. Verkehr in Bielefeld &bdquo;Wir wollen den Anteil an Rad-, Fuß- und ÖPNV-Verkehren deutlich steigern und den Autoverkehr verringern.“ Nach einer repräsentativen Haushaltsbefragung 2023 ist der Anteil des Autoverkehrs in Bielefeld erstmals unter 50 auf 49 Prozent gesunken. Der Anteil der Radler besonders deutlich von 15 auf 21 Prozent angewachsen. So gesehen zumindest ein kleiner Erfolg. Aber: Der Verkehrsversuch Altstadt-Raum beschränkt sich wegen eines Baustellen-Kuddelmuddels erst einmal auf den Klosterplatz. Überhaupt, Baustellen: Sie sind zur Dauerbelastungsprobe für Bürgerinnen und Bürger geworden. Alles zur Kommunalwahl 2025 in Bielefeld finden Sie hier Die Fahrradstraße Ehlentruper Weg ist zwar beschlossen, ihre Ausgestaltung lässt auf sich warten. Aus der Fahrradmagistrale Artur-Ladebeck-Straße wurde eine umstrittene Bike Lane. Der Vorschlag der Grünen, jedes Jahr 360 Euro fürs Anwohnerparken zu nehmen, ging der SPD zu weit. Es bleibt alles beim Alten. Parken in der City soll jetzt aber zwei Euro pro Stunde statt 1,30 kosten. Wo künftig was gilt, bleibt unscharf. Beim Stadtbahnausbau (Linien 1 und 4) geht es nur zäh voran. Bielefelder Stadtentwicklung &bdquo;Wir sorgen dafür, dass Bielefeld einen langfristigen und nachhaltigen Stadtentwicklungsplan erhält.“ Einen solchen Plan gibt es bislang nicht. Die 2022, gemeinsam mit der CDU, geschlossene XXL-Koalition zur City-Entwicklung macht sich zwar gut auf dem Papier, passiert ist bislang wenig. Ein City-Management wurde auf den Weg gebracht. Für manches kann aber auch Rot-Grün-Rot nichts. Etwa dafür, dass einer der Investoren des Karstadt-Areals verstorben ist. Dieser traurige Umstand und steigende Zinsen lassen die Umgestaltung dort ruhen. Manches bleibt ungelöst wie die Zukunft des Jahnplatzforums. Ein Renommierstück ist die Offenlegung der Lutter in der Ravensberger Straße. Schulen: von Realschule bis Bielefelder Gymnasien &bdquo;Die individuell passende Förderung der Schülerinnen und Schüler und die Beachtung des Elternwillens sind unsere Kernanliegen.“ Dem Elternwillen ist Rot-Grün-Rot zuletzt nicht gefolgt, als es um zusätzliche Realschulplätze ging. Und die Gesamtschulen tun sich schwer mit immer mehr Kindern auf Hauptschulniveau. Unglücklich die Debatte um die Erweiterung des Gymnasiums am Waldhof und das benachbarte Haus des Handwerks. Jetzt kommen zwei statt drei neue Grundschulen, doch wann, ist offen. Der neue Bildungscampus soll auf dem Seidensticker-Gelände entstehen, als erstes ein neues Gymnasium – aber wohl zunächst als Provisorium. Lesen Sie auch: Wie SPD-Kandidat Ingo Nürnberger die OB-Wahl in Bielefeld gewinnen will Soziales und Jugend: kein sozialer Kahlschlag &bdquo;Wir stehen für die nachhaltige Absicherung des sozialen Netzes.“ Einen sozialen Kahlschlag in Bielefeld hat es nicht gegeben. Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen mit den Sozialverbänden stehen auf einer soliden Basis. Aus dem Sozialticket wurde das Bi-Pass-Ticket, das Einkommensschwachen ein günstiges ÖPNV-Angebot bietet. Zu einer Bezahlkarte für Asylbewerber konnte sich das Bündnis nicht durchringen. In die Wahlperiode fiel die schwierige Coronazeit, fielen zusätzliche Belastungen durch 4.000 Ukraine-Flüchtlinge. Die Entscheidungen dazu wurden meist koalitionsübergreifend und im Konsens getroffen. Die Versorgung mit Kita-Plätzen wurde verbessert, zwar Kampagnen für mehr Kita-Personal gestartet. Der Fachkräftemangel in diesem Bereich hält jedoch an. Lesen Sie auch: Mit diesen Themen will Christiana Bauer Bielefelder Oberbürgermeisterin werden Nicht im Bielefelder Koalitionsvertrag: Sicherheit und Ordnung Keine Erwähnung im Koalitionsvertrag. Ein Bereich, der im Koalitionsvertrag nicht vorkommt, aber in den vergangenen fünf Jahren in der Stadt heiß diskutiert wurde. Kesselbrink, Jahnplatz und der Stadtbahnzugang Tüte am Hauptbahnhof entwickelten sich zu Kriminalitätsschwerpunkten. Die Opposition brachte das Thema immer wieder auf die Tagesordnung der Gremien. Die Stadt schloss schließlich mit der Polizei eine neue Kooperationsvereinbarung. Eine SOKO Innenstadt nahm ihre Arbeit und mischt seitdem die Rauschgift- und Dealerszene auf. Lesen Sie auch: Dominic Hallau (Grüne) will Oberbürgermeister in Bielefeld werden Bauen und Wohnen in Bielefeld &bdquo;In den kommenden fünf Jahren sollen in Bielefeld ca. 6.500 Wohnungen neu entstehen.“ Wenn es die Hälfte geworden ist, dann ist es viel. Zwar sind zahlreiche neue Baugebiete ausgewiesen worden, doch der akute Wohnungsmangel ist dadurch nicht behoben. Ein weiteres Problem sind die steigenden Preise für Bau und Miete. Die noch vor 2020 beschlossene Baulandstrategie, wonach die Stadt als Grundstückshändler in Erscheinung tritt, kommt allenfalls langsam in Gang. Was in dem Bereich als Erfolg verkauft wird, etwa das geplante Wohngebiet Amerkamp, hat seine Ursprünge schon vor der Baulandstrategie. Beschlossen wurde, dass der Anteil der Sozialwohnungen bei neuen Bebauungsplänen von 25 Prozent auf ein Drittel angehoben wird. Wirtschaft und Bielefelder Investitionen &bdquo;Wir haben zum Ziel, die vorhandenen und neuen Gewerbegebiete nach sozialen, ressourcenschonenden und klimafreundlichen Standards zu entwickeln.“ Wer in Bielefeld eine größere Gewerbefläche sucht, muss sich gedulden. Aktuell gilt: nahezu null Hektar Gewerbeflächen stehen bereit. Nicht mangelnde Bereitschaft, Flächen auszuweisen, sondern das Problem, Grund zu erwerben, macht die Koalition dafür verantwortlich. Die Opposition spricht dagegen von einer &bdquo;Verhinderungspolitik“, die Bielefeld zum Nachteil gereiche. Die Gewerbesteuern sind aktuell nicht erhöht worden. Die Arbeitslosigkeit in der Stadt gehört zu den höchsten in der Region. Die Stadt selbst ist einer der größten Investoren. Auf 1,5 Milliarden Euro ist das Investitionsvolumen angewachsen – für Großprojekte wie den Neubau der Martin-Niemöller-Gesamtschule oder (geplant) der neuen Feuerwache. Umwelt: klimaneutral – oder nicht? &bdquo;Unser Ziel ist ein klimaneutrales Bielefeld bis 2035.“ Daraus wird wohl nichts. Jetzt wird 2045 angepeilt. Aber auch das ist ambitioniert. Immerhin: Bielefeld ist Vorreiter bei der Wärmeplanung. Eher als vorgeschrieben hat die Stadt vorgelegt, was wo geplant ist, etwa Bereiche, wo es zum Ausbau der Fernwärme kommt. Rot-Grün-Rot hat die Baumschutzsatzung wieder eingeführt. Laubbäume ab einem Umfang von 60 Zentimetern und Nadelhölzer ab 100 Zentimeter Umfang dürfen nur noch auf Antrag gefällt werden. Kritiker sprechen von unnötiger Bürokratie. Bielefelder Stadtfinanzen: Es fehlt an vielen Ecken &bdquo;Wir streben für jedes Haushaltsjahr einen ausgeglichenen Haushalt an.“ 1,89 Milliarden Euro stehen bei der Stadt dieses Jahr auf dem Zettel, 2026 sind es 1,94 Milliarden. Aktuell fehlen 138,7 Millionen, nächstes Jahr sind fast 125 Millionen Euro nicht gedeckt. Der Etatausgleich gelingt nicht mehr. Gerade hat der Kämmerer eine Haushaltssperre erlassen. Unbefristet. Immerhin hat es die Koalition geschafft, nicht in die Haushaltssicherung zu geraten. Das hätte strenge Sparauflagen zur Folge. Die Stadt ist also noch aus eigener Kraft finanziell handlungsfähig und kann auch laufende Investitionen fortsetzen. Großen Ärger brachte die Grundsteuerreform. Für viele Bürgerinnen und Bürger wurde es teurer, obwohl die Stadt durch die Steuer nicht mehr einnimmt. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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