Arminia-Arzt über das bevorstehende Pokalfinale: Döner und Partys vor Berlin?

Bielefeld. Arminia-Arzt Stefan Budde (43) ist am 24. Mai beim DFB-Pokalfinale in Berlin mit dabei – er gehört zum dreiköpfigen Ärzteteam des DSC. Der Ärztliche Leiter für Endoprothetik und Spezielle Orthopädie am EvKB verrät im Interview, was jetzt das beste Dopingmittel ist. Zehn Jahre Arminia-Arzt – Sandhausen überstanden, und jetzt plötzlich Pokalsieger in Berlin gegen Stuttgart. Falscher Film? Absolut falscher Film. Aber wichtiger als Berlin ist, dass die ehrliche Arbeit von zwei Jahren belohnt wird. Keinen Bock auf Berlin? Natürlich! Riesige Vorfreude! Was ich meine, ist, dass ich auch gerne nach Sandhausen fahre, weil ich es mag, dass es da, wie bei uns, um Fußball geht, dass es da nach Bratwurst und Rasen riecht. Ich liebe so was, ich bin Fußballromantiker. &bdquo;Muss mich noch immer jeden Morgen kneifen“ Und diese Fußballromantik bietet nun das Märchen von Berlin. Ich muss mich echt noch immer jeden Morgen kneifen. Dieses Finale ist für mich noch viel höher zu bewerten als jeder Bundesligaaufstieg. Ein Aufstieg kommt aus einer Kontinuität, da reitest du eine Welle – aber der Pokal? Der kommt aus dem Nichts. Na ja, vielleicht nicht aus dem Nichts, aber ohne jede Vorhersagbarkeit. Erträumt haben wir uns das aber schon, intern haben wir zum Viertel- und besonders zum Halbfinale hin schon gemerkt, dass wir das schaffen können. Dieses Gefühl, dass alle denken, dass das unmöglich ist, nur wir nicht. Fühlt es sich auch für die Ärzte wie ein eigenes Finale, ein eigener Titel an? Ja – wir stehen ja nicht nur daneben, sondern haben auch viel Verantwortung und geben viel Herzblut rein. Wenn ich nach einem Sieg dem Trainer oder Sportdirektor gratuliere, höre ich immer das Gleiche: &bdquo;Danke, aber das sind wir doch alle zusammen.“ Trotzdem liegt der Hauptteil für mich bei Mannschaft und Trainerteam. Aber: Wenn wir gewinnen, würde ich mich wie ein Pokalsieger fühlen, und ich habe den Eindruck, dass das gerade für die ganze Stadt gilt, dieser Erfolg vereint Bielefeld. Sie sind gebürtiger Bielefelder, leidenschaftlicher DSC-Fan, jetzt kommt Berlin – ein Kindheitstraum. Ich habe in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet, unser riesiges Emblem in Berlin zu sehen. Maximal habe ich das früher mal an der Computerkonsole durchgespielt. Aber mein Kindheitstraum war trotzdem etwas anderes. Sieg in der Champions League? Mannschaftsarzt von Arminia. Ernsthaft? Spätestens, als ich mit 14 eine Knieverletzung hatte, wurde der Arzt mein Vorbild, habe ich gedacht, dass das ein toller Beruf wäre, vor allem für Arminia. Das war mein Plan. Und vor zehn Jahren klappte es plötzlich. Arminia zahlt Ihnen gerade etwas zurück – immerhin haben Sie sogar eine Chefarztstelle sausen lassen für Bielefeld, fürs EvKB, für Ihren Job beim DSC. Verzicht war das nicht. Vielmehr stellte sich mir die Frage, ob Chefarzt das Beste ist für mich. Und ich weiß, dass dieses hybride Arbeiten – Klinik, Praxis und eben Arminia – genau das Richtige ist für mich. &bdquo;In Aue war der Mannschaftsarzt ein Gynäkologe“ Im EvKB geht es bei Ihnen viel um Endoprothetik, also künstliche Hüften und Gelenke – wie passt das zusammen? Der frühere Mannschaftsarzt von Aue war Gynäkologe. Da bin ich doch dichter dran (lacht). Die Spieler profitieren davon, dass ich Tausende von Gelenken untersucht und operiert habe. Für mich persönlich wichtig ist, dass meine Patienten sehr häufig sehr glücklich sind nach OPs, das ist ein wunderbarer Antrieb. Arminia gibt mir zudem auf anderer Ebene was zurück. Wo? Arminia ist ein Ausgleich zur täglichen Arbeit. Auswärtsfahrten sind besonders, der Klub ist für mich wie eine zweite Familie. Ob im Bus oder im Zug, wenn alle zusammen sind, ist das großartig. Hier und abends im Hotel entsteht eine enge Bindung im gesamten Team. Und die ist wichtig, ich kann meine Arbeit nur machen, wenn die Jungs volles Vertrauen zu mir haben. Okay, im Vertrauen gefragt: Wenn Sie die Wahl hätten – Bundesliga oder Pokalsieg? Spannende Frage, der Pokalsieg ist vermutlich etwas Einmaliges, was richtig Großes. Aber eine langfristige Etablierung in der Bundesliga wäre für den Klub deutlich nachhaltiger. Also: am bestens beides. Zu Ihrem Kernthema, der Spielergesundheit: Ist am 24. Mai in Berlin irgendwas anders als am 11. Mai in Unterhaching? Es ist ja so, dass die Interessen von Spielern, Trainern und Management nicht immer deckungsgleich sind mit den medizinischen. Wäre das immer so, wäre Sportmedizin einfach. Der Spieler will meist immer spielen, egal, was er hat. Wir Mediziner müssen aber bewerten, wie groß das Risiko einer noch größeren Verletzung ist. Das passiert ständig in der Saison, hängt aber nicht mit der Bedeutung eines Spieles zusammen. Die Gesundheit kommt zuerst. Entsteht nicht durch den Druck ein erhöhtes Verletzungsrisiko? Die hatten letztes Jahr gegen Halle am Ende der Saison einen riesigen Druck, noch dazu einen negativen. Hier ist es einfach nur pure Vorfreude, nein, kein erhöhtes Risiko. 80.000 im Stadion, Millionen an den Fernsehern, weltweites Interesse, der erste große Titel – kein Druck? Rein positiver. Alle hatten mal Leistungssport als Ziel – für solche Momente macht man das. Es gibt nichts zu verlieren, wir können nur gewinnen. Lesen Sie auch: Ein Arminia-Spiel macht Bielefeld weltweit bekannt Von Partys und Döner vor dem DFB-Pokalfinale Was raten Sie den Spielern vor dem Finale? Alles machen wie bisher, und wenn bisher ein Döner am Tag davor dazugehört haben sollte, gehört er weiterhin dazu. Freut euch auf diesen Tag, das habt Ihr euch über schwierige Monate hinweg verdient. Wilde Partys? Medizinisch gesehen ist Feiern nicht gut – aber fürs Team, fürs Zusammenschweißen, spielt es eine Rolle. Euphorie, Teamgeist, sich einander pushen – auch das kann die Leistung verstärken. Nur vielleicht nicht direkt vor dem Finale, aber dafür sind die Jungs professionell genug. Ist Arminias Aufstieg vor dem Finale als emotionaler Höhepunkt gut oder schlecht? Die Erfolgswelle türmt sich immer weiter auf, das wirkt sich extrem positiv aus. Die Sorge war eher andersherum, dass die Pokalerfolge sich negativ auf die Liga auswirken könnten, aber das ist nicht passiert. Im Gegenteil. Sie haben Fabian Klos bei Arminia begleitet, ihm war anzusehen, wie er im Halbfinale zwischen Jubel und persönlicher Traurigkeit schwankte: ausgerechnet im Jahr eins nach ihm das Riesenfinale und der Wiederaufstieg. Ich habe den Blick auch gesehen, auf den Sie anspielen. Aber ich kenne ihn: Fabi Klos trägt so viel Arminia-DNA in sich, dass das reine Überwältigung war. Ganz ehrlich: Klos’ Karriere ist ein schwarz-weiß-blaues Gesamtkunstwerk, ein Pokalerfolg mehr oder weniger ändert daran rein gar nichts. Mehr zum Thema: Im Video: So erlebten die Fans das Abschiedsspiel von Fabian Klos in Bielefeld Sie sagten mal, dass Sie nach einem Spiel fragen mussten, wie es ausgegangen ist – wer sagt Ihnen in Berlin, ob Arminia Pokalsieger ist? In Berlin kriege ich das selbstverständlich mit – das war mal ein Spiel, das sehr arbeitsintensiv war, da ist mir irgendwie ein Tor abhandengekommen. Und in Berlin ist unsere Rollenverteilung im medizinischen Team so, dass ich mit meinem Kollegen Tim Niedergassel an der Seite bin und der leitende Mannschaftsarzt Andreas Elsner auf den Platz läuft. Gegen Leverkusen war das andersherum, wir wechseln uns in der Spielbetreuung ab. Die Spiele sind das Sahnehäubchen, aber dahinter steckt natürlich viel mehr. Das teilen wir als Team seit zehn Jahren. So lange kann das nur erfolgreich sein, wenn man extrem vertrauensvoll und eng zusammenarbeitet. Da haben wir vielen Vereinen was voraus. Und nach dem Pokalsieg: Arzt im Koma? Substanzbezogen? Sie haben die Wahl. Wenn es ums Feiern geht, halte ich es wie der Trainer: Zwei, drei Getränke würde es geben ... aber sagen wir besser &bdquo;Freudentaumel“ statt &bdquo;Koma“.

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