„Massiv unterernährt“: Bielefelder Krankenschwester hilft Kindern in Westafrika

Bielefeld. Mit vom Starkregen ausgehöhlten, kaum mehr befahrbaren Straßen und tropfenden Decken im Operationssaal (OP) seien Klaudia Nußbaumer und das Team des Hammer Forums Ende September dieses Jahres begrüßt worden, sagt die gelernte Fachkinderkrankenschwester über ihren Einsatz in Westafrika. Sie spricht allgemein von katastrophalen Zuständen vor Ort in Guinea-Bissau. Die Mehrheit der Kinder sei massiv unterernährt und weise körperliche Defizite auf. Ein Kind, das im Hospital vorstellig wurde, hätte das Team des Hammer Forums aufgrund der körperlichen Entwicklung auf drei Jahre geschätzt. &bdquo;Der Schock war groß, als sich herausstellte, dass es sechs Jahre alt war“, so die 68-Jährige. So ein Fall sei ein Extrembeispiel, doch körperliche Defizite seien hier fast die Regel. Besonders häufig seien Fehlstellungen der Arme und Beine, die durch einen Vitamin-D-Calcium Mangel ausgelöst werden, sagt Nußbaumer. Lesen Sie auch: Schwerste Hungerkrise seit Jahrzehnten im südlichen Afrika Dieser entstünde aufgrund der oftmals einseitigen Ernährung. &bdquo;Die meisten essen nur Reis“, sagt sie. Das läge zum einen daran, dass sie sich nichts anderes leisten können, selber keine Tiere halten und das Gemüse auf den Markt zu teuer ist, zum anderen aber auch an mangelnder Bildung. &bdquo;Die Relevanz von vitaminreicher Nahrung ist hier einfach nicht bekannt“, erklärt die Krankenschwester. Direkte Hilfe für bedürftige Kinder Seit mehr als 25 Jahren verteilt UNICEF eine Paste auf Erdnussbasis (RUTF), die mit Nährstoffen und Vitaminen angereichert ist. Sie soll bei Kindern unter fünf Jahren Nährstoffmängel ausgleichen, die durch eine einseitige Ernährung entstehen. Aber nicht immer kommt die Paste auch da an, wo sie ankommen soll. &bdquo;Teilweise wird die Erdnusspaste auf dem Markt verkauft anstatt den Kindern gegeben“, sagt Nußbaumer. So etwas ärgere sie enorm. Es sei generell schwer, sicher zu stellen, dass die Spendengelder aus Deutschland und anderen westlichen Ländern tatsächlich bei den Menschen ankommen, für die sie bestimmt sind, sagt die Rentnerin. Deshalb arbeite sie nun schon so lange und gerne beim Hammer Forum. Lesen Sie auch: Rekordbedarf an humanitärer Hilfe für 2023 Vor Ort könne sie direkt helfen und den Kindern eine Chance geben, die sonst keine bekämen, weil sie zu arm sind und sich teilweise nicht mal den Weg zum Krankenhaus leisten können. &bdquo;Wir können die Welt nicht ändern, aber das Leben dieser Kinder können wir enorm verbessern“, betont sie. Es braucht Improvisationsgeschick Deshalb plane sie auch nicht, in nächster Zeit aufzuhören: &bdquo;Solange ich das noch kann, will ich weiter machen“, sagt die 68-Jährige. Obwohl die Einsätze mental und physisch gleichermaßen anstrengend seien. Die Armut erschlage einen quasi bei jedem Gang auf die Straße, ob des verfaulten Gemüses auf dem Markt oder den herunter gekommenen Wohn-Hütten. Die Arbeit im Krankenhaus sei außerdem äußerst kräftezehrend. Stünde man doch oftmals mehr als zwölf Stunden bei tropischen Temperaturen im OP und lebe ansonsten in einem Haus ohne Strom und fließendes Wasser, berichtet die Krankenschwester. Es sei nicht immer leicht, unter diesen Bedingungen gute Ergebnisse zu erzielen. Besonders weil man Ärzte bräuchte, die &bdquo;Alles“ operieren können. In Deutschland aber gäbe es fast nur noch auf bestimmte Körperregionen spezialisierte Mediziner, &bdquo;so jemanden können wir hier nicht wirklich gebrauchen“, sagt Nußbaumer. Wer hier hinkomme, müsse widerstandsfähig sein und vor allem in der Lage zu improvisieren, nicht immer gebe es jedes Spezial-Instrument. Außerdem sei es in der Vergangenheit schon vorgekommen, dass ein Anästhesist bei einer orthopädischen Operation assistiert habe. &bdquo;So was ist in Deutschland undenkbar, hier aber unverzichtbar“, so die Fachkinderkrankenschwester. Schließlich könne man kein unendlich großes Team mitnehmen. Ein zweiwöchiger Einsatz koste meist zwischen 20.000 und 30.000 Euro, bei einem größeren Team würde es noch teurer werden. Man kann mit wenig glücklich sein Für Klaudia Nußbaumer haben die Einsätze mit dem Hammer Forum die Sicht auf das Leben verändert. Man brauche nicht viel, um glücklich zu sein, keine materiellen Gegenstände, Spielzeug oder Statussymbole. Die Menschen dort hätten nichts, &bdquo;nach unseren Maßstäben vegetieren sie eigentlich nur vor sich hin, aber sie sind trotzdem glücklich“, sagt Nußbaumer. Sie würden abends gemeinsam auf der Straße lachen, singen und tanzen. Die Rentnerin wünscht sich mehr von dieser positiven Mentalität und Gemeinschaft in Deutschland: &bdquo;Wir haben es wirklich gut, aber wir sehen es nicht.“ Um das zu ändern, rät sie besonders jungen Leuten, selbst einmal in einem ärmeren Land zu leben, dort beispielsweise soziale Projekte zu unterstützen. Das verändere die Perspektive, mache dankbarer, sagt sie. Lesen Sie auch: 20-Jährige aus Verl geht ein Jahr nach Ghana

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