Bielefeld-Brackwede. Ein zunächst von der Polizei Bielefeld als blutiger Familienstreit bezeichneter Vorfall an der Hauptstraße in Brackwede hat sich nachträglich nun als brutaler Überfall bewaffneter Krimineller herausgestellt. Wie Polizeisprecherin Sarah Siedschlag mitteilte, konzentrieren sich die Ermittlungen inzwischen auf fünf polizeibekannte Kriminelle (20, 26, 29, 35, 39), die bereits am 22. Juli an der Hauptstraße mit größtmöglicher Gewalt auf ihre Kontrahenten eingewirkt haben sollen. Die Kripo bittet nun um Zeugenhinweise zu dem Vorfall nahe der Straße Kirchweg.
Vor einer Bar dort soll sich damals ein 30-jähriger Bielefelder gegen 20 Uhr mit einem der späteren Tatverdächtigen getroffen haben. Plötzlich sei ein Auto mit vier weiteren Männern vorgefahren, die alle ausstiegen und den 30-Jährigen angriffen.
Opfer erlitten „erhebliche Verletzungen“
Das wiederum sahen drei Bekannte des Angegriffenen und kamen diesem zu Hilfe. Doch das Angreifer-Quintett schlug auch diese Männer „durch massive Gewaltanwendung“, wie es Siedschlag formuliert, nieder. Die Opfer (30, 31, 40, 53) hätten dabei „erhebliche Verletzungen erlitten – unter anderem am Kopf“, sagt Siedschlag.
Einer der Angreifer, das berichteten Zeugen, soll sogar eine Schusswaffe – eventuell einen Revolver – in die Luft gehalten und damit gedroht haben.
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Alle Beteiligten – also Täter und Opfer – sind der Polizei bereits bekannt. Für die Ermittler gestaltet sich die Aufklärung des Falles besonders schwierig, weil selbst die Opfer des Angriffs keinerlei Angaben zu den Tatverdächtigen machen wollten. Ein Großaufgebot der Polizei schwärmte damals zur Hauptstraße aus.
Gerüchte um Bandidos, Bandenkriminalität und Schutzgeld
Schnell kamen Gerüchte auf, wonach ein Mitglied der im Ruhrgebiet ansässigen Rockergruppierung Bandidos aufgetaucht sei, um von den Barbetreibern Schutzgeld zu erpressen. Der mutmaßliche Bandido soll ein guter Bekannter der Bielefelder Ermittler sein, der bereits in der Vergangenheit mit Kapitaldelikten in Verbindung gebracht worden war. Zudem soll es immer wieder an der Hauptstraße zu Konflikten unter Drogenhändlern gekommen sein.
Tatsächlich bestätigt Polizeisprecherin Siedschlag, dass es schon am 3. Juni zu einer „räuberischen Erpressung“ gekommen sein soll. Hintergrund soll die beabsichtigte Übernahme der Bar gewesen sein. Es sei genauso aber auch denkbar, dass es bei der Erpressung um Schutzgeld ging. Die Kripo ermittelt in beide Richtungen. Auch in diesem Fall gehörte eines der Opfer vom 22. Juli zu den Adressaten der tatverdächtigen Gruppe.
Der Haupttäter war untergetaucht
Die Ermittler der Kripo gehen davon aus, dass beide Taten in einem Zusammenhang stehen. Lange und intensive Ermittlungen haben trotz der Aussageweigerung der Opfer zur Identifizierung der Tatverdächtigen geführt. Gegen den Haupttäter, einen 26-jährigen Bielefelder, wurde ein Haftbefehl erlassen. Doch der war untergetaucht.
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Die Bielefelder Kripo konnte ihn schließlich in Spanien ausfindig machen. Am 28. August klickten dort die Handschellen. Der Bielefelder wurde laut Siedschlag am Flughafen in Madrid festgenommen. Offensichtlich wollte er das Land verlassen und war dann aufgrund des europäischen Haftbefehls bei der Passkontrolle verhaftet worden.
Inzwischen sitzt der 26-jährige Bielefelder in Deutschland in Untersuchungshaft, wie Sarah Siedschlag erläutert. Die Ermittlungen zu dem Inhaftierten und seinen vier Komplizen (20, 29, 35 und 39) dauern weiter an. In diesem Zusammenhang hoffen die Kripo-Ermittler und die Staatsanwaltschaft auf weitere Hinweise aus der Bevölkerung.
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Die Polizei hält weitere Überfälle in Brackwede für möglich
„Wir halten es für möglich, dass die Gruppe bereits vorher in Brackwede aktiv war und in ähnlicher Form auf Barbesitzer oder andere Personen eingewirkt hat“, sagt die Polizeisprecherin. Betroffene könnten möglicherweise keine Anzeige erstattet haben, jetzt aber wertvolle Hinweise liefern, um die Machenschaften der Gruppe aufzuklären. Auch Bild- und Videomaterial könnte hier weiterhelfen – etwa von der Tat am Abend des 22. Juli, aber auch von anderen Übergriffen.
Alle Zeugenhinweise in dem Fall gehen an die Kripo der Polizei Bielefeld unter Tel. 0521 5450.