
Bielefeld. Zwar wird das rot gemauerte Rund am Rand des Jöllenbecker Marktplatzes immer noch Brunnen genannt, Wasser plätschert dort aber schon lange nicht mehr. Am 26. April 1985 wurde das neue Ortszentrum eingeweiht. Einige Monate später kam nach Stilllegung der Fontäne eine Zimmerlinde „in den vorbereiteten Pflanztrog am Brünnlein“ (NW vom 21. Oktober 1985). Nun wünschen sich Bezirksvertreter, dass auf dem Platz ein Trinkwasserbrunnen installiert wird.
Dem Antrag der SPD schlossen sich die übrigen Politiker nach kurzer Diskussion an. Als Begründung heißt es, dass die Bundesregierung 2022 beschlossen habe, dass künftig Trinkwasser aus dem Leitungsnetz an möglichst vielen öffentlichen Orten frei verfügbar sein müsse. Kommunen sollten künftig Brunnen in Parks, Fußgängerzonen und Einkaufspassagen aufstellen, sofern dies technisch machbar sei.
Bezirksamtsleiter Andreas Hansen erklärte, dass es eine Arbeitsgemeinschaft zu dem Thema gebe, in der alle Voraussetzungen für die Installierung abgeklärt werden würden. Sarah Töne (SPD) erläutert, dass mit dem Antrag bereits ein Ort benannt werden solle, bevor die Stadt ihrerseits eine Stelle festlege.
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Gefahr von Legionellen in Bielefeld
Sven Baumann (CDU) ist skeptisch. Die Wasserqualität sei nur gewährleistet, wenn der Brunnen im Spülbetrieb bleibe. Ab 25 Grad Außentemperatur würden sich Legionellen bilden. Zudem müsse ein Brunnen auch regelmäßig gewartet werden. „Hier ist der Kosten-Nutzen-Faktor nicht gegeben“, meint Baumann.
Parteifreund Erwin Jung hält das Vorhaben jedoch grundsätzlich für gut, „sofern es technisch möglich und hygienisch“ ist. Benni Stiesch (Linke) sagt: „Brunnen werden häufig genutzt, im Sommer gerne abends und an den Wochenenden. Beim Trinken passiert da nichts.“
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Vor rund 40 Jahren war der damalige Marktmeister Günter Schneider für die Funktion des Bauwerkes verantwortlich. Als die Zimmerlinde 1985 gepflanzt wurde, sagte der damalige Ortsvorsteher Günter Tiemann, dass die rote Klinkereinfassung „von vornherein als Baumtrog und nicht als Jöllenbecker Jordansprudel“ angelegt worden sei. 2015 kam das Thema erneut auf die Tagesordnung der Bezirkspolitiker, auch ansässige Geschäftsleute wollten wissen, wann der Brunnen wieder in Betrieb gesetzt werden würde.
Mietkosten von 5.000 Euro pro Jahr fällig
Die Antwort des Amtsleiters war ernüchternd. Andreas Hansen berichtete, dass der Brunnen defekt sei und kein Etat für Reparaturarbeiten zur Verfügung stehe. Die Anlage gehöre dem Immobilienservicebetrieb (ISB). An diesen müssten jedes Jahr 5.000 Euro Mietkosten überwiesen werden. Die Stelle des langjährigen Bezirksamtsmitarbeiters Günter Schneider, der vor neun Jahren in den Ruhestand getreten ist, wurde zudem nicht komplett neu besetzt.

Einige Meter weiter hat der Besitzer des Leineweberhauses während der Sanierung in der Amtsstraße das Bauernhauscafé, das dort 2007 eröffnete, „Jöllequelle“ genannt, um an die Historie zu erinnern. Bei Brüngers im Garten entspringt die Jölle. Schon häufig hat Friedrich Wilhelm Brünger diese Anekdote erzählt. Damals hätten dies die Schulkinder in Jöllenbeck so gelernt.
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Das Besondere: Hinter dem Haus steht ein Brunnen, der mit dem Jöllewasser gespeist wird. Als Friedrich Wilhelm Brünger 2006 den Dreiständerbau, der aus Haupthaus, Webstube, Milchkammer und Upkammer besteht, entkernte, hat er auch die Quelle auf seinem Grundstück freigelegt.
Bielefelder Brunnen ist sechs Meter tief
Ein Steinmetz bearbeitete den Brunnen, der aus Ibbenbürener Sandstein besteht. Er ist 85 mal 80 Zentimeter breit und 90 Zentimeter hoch. Darunter befand sich einst eine sumpfige Niederung mit Quelltöpfen. „Der Brunnen hatte häufig hohes Wasser“, berichtete der Besitzer anlässlich der Eröffnung. Nun müssen Cafébesucher, die sich im Sommer gerne unter dem alten Baumbestand aufhalten, schon sehr tief hinunterschauen, um den Wasserspiegel zu sehen. Der Brunnen ist sechs Meter tief.
Während der historischen Rundgänge, die Heinz Gößling bis vor zehn Jahren im Ort veranstaltete, erfuhren die Bewohner, dass der Bachlauf der Jölle heute nicht mehr im Ortskern sichtbar ist.