Autokorso-Alarm in Bielefeld: Was im Konvoi, mit Fahnen und Car-Bikini zu beachten ist

Bielefeld. Das Fußballfieber in Bielefeld ist nach dem zweiten EM-Sieg der aktuellen Kickerhelden Musiala und Gündogan nochmals spürbar gestiegen. Die Fans holten nach dem 2:0 gegen Ungarn womöglich nach vielen Jahren wieder ihre schwarz-rot-goldenen Fahnen und Spiegel-Überzieher raus und gingen in den Nationalfarben ins Autokorso-Hupkonzert. Am kommenden Wochenende ist wieder mit reichlich EM-Party zu rechnen. Am Samstagabend (Anpfiff: 18 Uhr) treffen die Portugiesen um Superstar Cristiano Ronaldo auf die jungen Hoffnungen der Türkei. Sollten Toptalent Arda Güler und Co. wieder genügend Traumtore gelingen, dann ist am Jahnplatz mit einem türkischen Ausnahmezustand in Rot und Weiß zu rechnen. Und am späten Sonntagabend (Anpfiff: 21 Uhr) kann Deutschland im Spiel um den Gruppensieg gegen die Schweiz nachlegen. Akrobatische Manöver im Autofenster Die Bielefelder Polizei begleitet das Treiben der Fußballfans bisher wohlwollend. Zwar standen mehrere Streifenwagen bereits zum Abpfiff der Türkei- und Deutschland-Spiele am Jahnplatz bereit, doch groß einzugreifen gab es bisher nichts. Zumindest musste vorübergehend der Jahnplatz gesperrt werden, sagte Polizeisprecherin Sarah Siedschlag, weil zu viele Autos und Menschen zusammengekommen waren. Die lautstarken Hupkonzerte und so manche akrobatische Manöver außerhalb der Autofenster wurden trotz der Rechtslage zur Kenntnis genommen. Dennoch machen Polizei und andere Verkehrssicherheitsexperten auf einige Regeln aufmerksam – vor allem, um eine Gefährdung für die Feiernden auszuschließen. Bei bedeutenden Ordnungswidrigkeiten etwa muss die Polizei eingreifen, betont die Sicherheitsbehörde. Auch &bdquo;die Beeinträchtigung Dritter“ muss im Konvoi auf ein zumutbares Maß beschränkt bleiben. Das bezieht sich etwa auf Jubelfeiern in den Nachtstunden. Autokorso allgemein Grundsätzlich sind Autokorsos illegal. Sie werden rechtlich als &bdquo;Sondernutzung des Straßenraums“ gewertet und müssten eigentlich von der Straßenverkehrsbehörde genehmigt werden. Da Autokorsos laut Polizeisprecherin Siedschlag durch &bdquo;unnötigen Lärm“ und &bdquo;unnützes Hin- und Herfahren“ gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, ist eine solche Genehmigung ausnahmslos nicht zu erteilen. Weil sie aber spontan entstehen, ist die Polizei vor Ort zuständig. Und die toleriert die Jubelfahrten gerade zu großen WM- und EM-Turnieren meistens. Trotzdem sollte sich jeder Teilnehmer bewusst sein, dass er eine Ordnungswidrigkeit begeht. Was ist denn erlaubt? &bdquo;Es ist alles erlaubt, was die Sicht des Fahrers nicht einschränkt und Mitfahrende sowie andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet“, erklärt der TÜV Nord. Allerdings lauern dabei manchmal Gefahren, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich erscheinen. Gefahren im Korso Wer sich selbst oder andere in Gefahr bringt, muss damit rechnen, dass die Streifenteams eingreifen. Beispielsweise gehen das Sitzen im Autofenster oder das Stehen im offenen Cabrio zu weit. Auch wer sich zu weit aus dem Autofenster lehnt, muss mit Problemen rechnen. Denn es gilt Anschnallpflicht für alle Insassen. Die Praxis zeigt aber, dass die Polizei bei vorsichtiger Fahrweise auch mal ein EM-Auge zudrückt. &bdquo;Wir bitten die Menschen, sich und andere nicht in Gefahr zu bringen. Ich appelliere dabei immer an die gegenseitige Rücksichtnahme“, so Siedschlag. Unnötig zu erwähnen, dass das Mitfahren weder auf der Motorhaube noch auf dem Autodach eine denkbare Alternative ist. Beides ist verboten Die Polizei betont, dass auch bei geringer Fahrweise (kurze Abstände, Ablenkung durch Lärm und Fahnen) Unfallrisiken bestehen. Auch im Autokorso gilt immer die Straßenverkehrsordnung und die kennt das Ignorieren einer roten Ampel als Ausnahme wegen akuter EM-Euphorie nicht. &bdquo;In solchen Fällen wird die Polizei konsequent einschreiten“, sagt Siedschlag. Im Ernstfall greift dann auch die Unfallversicherung nicht. Gefahren am Jahnplatz Am Jahnplatz kommt es immer wieder dazu, dass die Feiernden zu Fuß auf die hupenden Konvois zugehen. &bdquo;Wenn sich feiernde Fußgänger und Autos zu nahe kommen und dabei Menschen oder ,bedeutende Sachwerte’ gefährdet sind, wird die Polizei einschreiten“, betont die Behörde. So scheint es immer noch bei manchen Fußballfans üblich, ihre Fahnen auf die Windschutzscheiben der Verkehrsteilnehmer zu ziehen. Gefahr durch Alkohol Die Polizei betont außerdem: &bdquo;Bei aller Freude und Euphorie sollten Sie niemals alkoholisiert Auto fahren oder zu Alkoholisierten ins Fahrzeug steigen. Verhindern Sie, wenn sich andere unter Alkohol- oder Drogeneinfluss ans Steuer setzen möchten und rufen im Ernstfall den Polizeinotruf 110.“ Probleme mit den Auto-Fahnen Leider halten die kleinen Flaggen am Plastikstab, die gern in die Fensterscheiben der Autos geklemmt werden, nicht so gut, wie die Hersteller versprechen. Schon jetzt sind zahlreiche solcher Nationalflaggen am Straßenrand zu finden. Insbesondere auf Schnellstraßen und Autobahnen können sie bei hohem Tempo riskant werden. &bdquo;Im Stadtverkehr machen sie meist keine Probleme, aber nicht alle Artikel sind für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt“, erklärt Volkmar Wilhelm vom TÜV. &bdquo;Wenn sie bei schnellen Fahrten abfallen, werden sie zu gefährlichen Geschossen.“ Übrigens, jede verlorene Fahne stellt eine Umweltverschmutzung dar, die eigentlich ein Bußgeld nach sich zieht. Lieber abmachen Deshalb rät Wilhelm, provisorisch angebrachte Teile wie auch die Winkehand für den Heckscheibenwischer, Magnetaufkleber oder die beliebte Fanflosse vor Fahrten auf Autobahnen oder Landstraßen auf ihre Sicherheit hin zu überprüfen und gegebenenfalls zu entfernen. &bdquo;Um wirklich sicher unterwegs zu sein, gilt es immer, die Herstellerangaben genau zu beachten und alle Fanartikel korrekt zu montieren.“ Es gibt aber noch ein anderes Fahnen-Problem, worauf der TÜV hinweist: Die Fahnen, die in der Seitenscheibe eingeklemmt sind, erleichtern Langfingern die Arbeit an geparkten Autos. Sie kommen dadurch schneller ins Auto. Viele Autoversicherer übernehmen in so einem Fall deshalb nicht die Regulierung des Schadens. Car-Bikini oder Spiegel-Socken Schwarz-rot-goldene Freude wird auch gern durch Überzieher auf den Außenspiegeln demonstriert. Liebevoll Car-Bikini genannt. Aber Vorsicht: &bdquo;Der beliebte Car-Bikini kann bei Modellen mit integrierten Blinkern oder Assistenzsystemen die Funktionalität beeinträchtigen“, erklärt der TÜV-Experte. Das stelle ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar und kann daher mit einem Bußgeld belegt werden. &bdquo;Für die Fahrerinnen und Fahrer von Fahrzeugmodellen, bei denen der Blinker im Seitenspiegel integriert ist, können die Spiegelsocken zum Eigentor werden“, erklärt der TÜV Nord auf seiner Homepage. Denn das Verdecken der Blinker stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, für die auch ein Bußgeld droht. Laut Bußgeldkatalog liegt das für verdeckte oder verdreckte Blinker bei 20 Euro. Ergibt sich daraus eine Verkehrsgefährdung für andere Verkehrsteilnehmer, weil sie nicht bemerken, dass man abbiegen will, werden 25 Euro fällig. Im Falle einer Sachbeschädigung erhöht sich die Buße auf 35 Euro. Bußgelder Auch wenn die Polizei keine Spielverderberin sein will, muss sie auf die Einhaltung der Regeln bestehen, wenn sie einen Autokorso beobachtet. Ansonsten wird es teuer. &bdquo;Wer nicht angeschnallt ist, muss mit 30 Euro Buße rechnen. Sollten mitfahrende Kinder nicht richtig gesichert sein, droht ein Bußgeld von mindestens 60 Euro. Lehnt sich jemand zu weit aus dem Fenster oder bei zu vielen Personen im Auto sind bis zu 80 Euro und ein Punkt in Flensburg fällig“, informiert die Polizei. Übrigens: Auch dauerhaftes Hupen ist zum Beispiel eine Ordnungswidrigkeit, wird aber häufig in der Euphorie einer Europameisterschaft toleriert. Für die Polizei ist es in Anbetracht der meist vorübergehenden Jubelphasen eine Ermessenssache. Alternativen fürs Fan-Auto Halbtransparente Folien für die Heckscheibe, Radkappen in den Landesfarben oder Nummernschildhalter, die das Kennzeichen nicht verdecken, bieten eine unkomplizierte Möglichkeit, Fußballbegeisterung zu zeigen. Der Innenraum lässt sich beispielsweise mit Kopfstützen-Bezügen, Rollfahnen für die hinteren Seitenscheiben oder Wimpelketten für das Heckfenster ebenfalls problemlos in eine mobile Fanzone verwandeln. TÜV-Experte Wilhelm: &bdquo;Selbst ein Schwarz-Rot-Gold lackierter Wagen ist in Ordnung. Kurzum: Es ist alles erlaubt, was sowohl die Sicht des Fahrers als auch technische Einrichtungen in ihrer Funktion nicht einschränkt sowie andere nicht gefährdet.“

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