Höxteraner Kreisbrandmeister berichtet: Was tun bei Blaulicht?

Kreis Höxter. Abends auf der B64 zwischen Höxter und Godelheim: Ein Rettungswagen mit Blaulicht und Martinshorn kommt auf dem Stück zwischen den Seen entgegen. Autofahrer bremsen, einige weichen nach rechts aus, andere fahren stur weiter geradeaus. Szenenwechsel auf die B68: Der Rettungswagen kommt auf dem zweispurigen Stück von hinten heran, vorn staut es sich wegen eines Unfalls. Das Chaos dahinter ist perfekt – der RTW weicht auf die einspurige gesperrte Gegenfahrbahn aus und braust vorbei. Zwei Szenen, wie sie täglich im Kreis Höxter passieren. Noch schlimmer wird’s im Stadtverkehr, wenn es eng ist. Wenn – anders als auf Autobahnen zum Beispiel – keine Rettungsgasse vorgeschrieben ist. So wie in der Vorwoche, als es zur Kollision eines Autos mit einem Rettungswagen auf Alarmfahrt auf der Brenkhäuser Straße gekommen war. Viele Autofahrer reagieren hektisch, wissen nicht wohin mit sich und ihrem Fahrzeug auf der Straße. Rettungskräfte im Kreis Höxter sehen oft Unsicherheiten Kein Einzelfall, weiß der stellvertretende Kreisbrandmeister Jürgen Schmits aus Höxter, auch im Rettungsdienstwesen tätig. &bdquo;Das erlebe ich bei nahezu jeder Blaulichtfahrt“, sagt er. &bdquo;Unwissenheit, Unsicherheit, Überforderung mit der Verkehrssituation insgesamt“, ergänzt er dann. &bdquo;Dabei wäre es so einfach: blinken, rechts ranfahren, vorbeilassen.“ Er habe selbst auch schon brenzlige Situationen erlebt, bei denen er schnell reagieren oder scharf abbremsen musste. &bdquo;Passiert ist zum Glück noch nichts.“ Die &bdquo;schlimmste Strecke“ dafür sei für ihn die Bundesstraße 64 zwischen Höxter und Godelheim. Autofahrer würden stupide weiterfahren, dann komme ein Lkw entgegen – &bdquo;und wo halten sie dann an? Auf Höhe des Lkw.“ Lesen Sie auch: Zwei Schwerverletzte bei Unfall nahe Höxter Alle neuen Kollegen bekämen Fahrsicherheitstrainings, würden jährlich geschult. Er sensibilisiere sie, indem er ihnen Bilder von Unfällen mit RTWs schicke. Und dennoch gebe es immer wieder brenzlige Situationen. Und das unabhängig davon, ob im Stadtgebiet oder auf der Landstraße. &bdquo;Nur sind dort die Geschwindigkeiten deutlich höher“, mahnt Schmits. TÜV gibt Tipps für Verkehrsteilnehmer Der TÜV erklärt, was man als Autofahrer tun sollte, wenn von vorn oder von hinten ein Fahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn nähere: &bdquo;In erster Linie Ruhe bewahren, umsichtig handeln und den Weg schnellstmöglich frei machen“, erklärt Volkmar Wilhelm, Leiter der TÜV-Nord-Station in Warburg. Zwar sei die Rettungsgasse weder in der Stadt noch auf der einspurigen Landstraße vorgeschrieben. &bdquo;Wer aber falsch reagiert, behindert nicht nur Rettungskräfte, sondern riskiert auch Bußgeld und Folgeunfälle.“ Diese Tipps hat der TÜV-Nord: Nähern sich Blaulicht und Martinshorn, dann gelte: Ruhe bewahren, Geschwindigkeit reduzieren, den Abstand vergrößern und sich möglichst weit rechts am Fahrbahnrand halten, damit die Rettungskräfte problemlos passieren können. Das Fahrzeug parallel zur Fahrbahn ausrichten, damit kein Teil herausragt und den Weg blockiert. Freie Bushaltestellen oder Ein- und Ausfahrten sind gute Ausweichmöglichkeiten. Der Fußgängerweg darf in solchen Notsituationen als Ausweichmöglichkeit genutzt werden, &bdquo;sofern dies gefahrlos möglich ist“. Wer im Kreisverkehr unterwegs ist, dreht am besten eine Extrarunde, bis das Einsatzfahrzeug vorbeigezogen ist. Blinker verwenden, um den Einsatzkräften die eigene Ausweichrichtung anzuzeigen; gleichzeitig deren Fahrtrichtung immer im Blick behalten, um Kreuzungen nicht zu blockieren. Das passt zum Thema: Schon wieder liegt ein Auto auf den Bahngleisen bei Höxter Ist das Rettungsfahrzeug vorbeigefahren, sollte man sich &bdquo;umsichtig“ wieder einreihen und die Geschwindigkeit nur langsam anpassen: &bdquo;Es kann jederzeit ein weiteres Einsatzfahrzeug folgen“, erklärt er. Im Notfall darf die Haltelinie an Ampeln überfahren werden Doch was gilt bei roten Ampeln? Auch wenn Blitzer das Überfahren der Kreuzung bei Rot erfassen: Im Notfall gilt, es darf die Haltelinie überfahren werden, um Platz für Rettungsfahrzeuge zu machen, sagt Polizeisprecher Achim Reker. Aber nur dann, wenn keine Gefahr besteht. Wird ein Ampelblitzer dabei ausgelöst, empfiehlt er, sich Ort, Datum und Uhrzeit zu notieren, damit die Behörde das nachher kontrollieren kann und der per Post hereinflatternde Bußgeldbescheid nicht gezahlt werden muss. Das passierte vor neun Jahren: Ein Toter bei Kollision mit Rettungswagen Bei grüner Ampel gilt: weit rechts anhalten, ohne die Kreuzung zu blockieren. Blockiert man Einsatzfahrzeuge mit Sonderwegerechten – auch die sind &bdquo;kein Freibrief“, um über Kreuzungen drüber zu brettern –, mache man sich selbst strafbar, betont er. Auch Fahrzeuge im Einsatz müssen sich langsam in große Kreuzungen reintasten. Und was ist mit den Gaffern? &bdquo;Besonders problematisch“, sagt TÜV-Experte Wilhelm. &bdquo;Wer am Unfallort stehenbleibt, Fotos macht oder gar Videos aufnimmt, handelt nicht nur respektlos, sondern gefährdet auch andere. Dieses Verhalten kann Bußgeld oder sogar Freiheitsstrafen nach sich ziehen“, betont er. Zudem erhöhe das Gaffen das Risiko von Auffahrunfällen und stelle zumindest eine Ordnungswidrigkeit dar. Rettungsgasse nicht erst bei Stau bilden Das sagt der ADAC über das richtige Verhalten auf Autobahnen: Die Rettungsgasse müsse nicht erst bei einem Stau gebildet werden, sondern schon, wenn der Verkehr anfängt zu stocken beziehungsweise Schrittgeschwindigkeit gefahren wird. Das gelte sowohl bei zwei-, als auch bei drei- und vierspurigen Autobahnen. Wer auf dem linken Fahrstreifen unterwegs sei, der weiche immer nach links aus. Wer auf einem der übrigen Fahrstreifen unterwegs ist, fährt nach rechts. &bdquo;Bei Annäherung an einen Stau darf das Warnblinklicht kurzzeitig eingeschaltet werden, um andere zu warnen.“ Für Motorradfahrer gilt übrigens das Gleiche wie für Autofahrer: Sie dürfen weder durch die Rettungsgasse noch auf dem Standstreifen einfach vorbeifahren. Bußgeld, wenn die Rettungsgasse nicht gebildet wird: 200 Euro plus zwei Punkte plus ein Monat Fahrverbot (mindestens) sowie unberechtigtes Befahren einer Rettungsgasse 240 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot (ebenfalls mindestens).

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