Skandal in Bethel: Justiz entschädigt Opfer des Bielefelder Serienvergewaltigers

Bielefeld. Die Serienvergewaltigung eines Assistenzarztes in Bethel bleibt auch dreieinhalb Jahre nach Bekanntwerden der Taten ein Thema für die Justiz. Während die Staatsanwaltschaft Duisburg bis heute der Frage nachgeht, ob Vorgesetzte des Assistenzarztes Warnungen und Hinweise auf die Taten strafwürdig ignoriert haben, hat nun eine Patientin einen Erfolg erzielt. Sie hatte der Staatsanwaltschaft Bielefeld folgenreiche Fehler vorgeworfen. Wie ihre Anwältin Stefanie Höke nun bestätigt, hat die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf ihrer Mandantin nun eine Opferentschädigung von 20.000 Euro angeboten. Die 42-Jährige hatte erst mit großer Verzögerung von ihrer Vergewaltigung im Frühjahr 2020 im Evangelischen Klinikum Bethel erfahren. Der Grund: Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hatte nach Entschlüsselung der Videos, die der Täter von seinen Übergriffen selbst gemacht hatte, und nach dem Suizid des Tatverdächtigen im September 2021 entschieden, die identifizierten Opfer nicht aktiv über die Taten zu informieren. Die Behörde wollte damit Opfer schonen, die aufgrund ihrer Narkose gar nichts von den Taten mitbekommen hatten. Nach 14 Monate wurde die Entscheidung aus Bielefeld korrigiert Das stellte sich spätestens dann als Fehler heraus, als im November 2020 klar wurde, dass der Serienvergewaltiger ansteckende Sexualkrankheiten hatte. Die Opferanwälte hatten von Anfang an gefordert, dass die Behörden mit diesem Wissen die gesetzliche Verpflichtung hätten, alle Opfer zu informieren und vor der Infektionsgefahr zu warnen. Doch die Bielefelder Anklagebehörde blieb bei ihrer Entscheidung. Erst 14 Monate später hatte die Justiz den Fall neu eröffnet und die nun ermittelnde Staatsanwaltschaft Duisburg korrigierte die Entscheidung aus Bielefeld. Vier Mandantinnen von Stefanie Höke hatten daraufhin Verantwortliche der Staatsanwaltschaft Bielefeld wegen Rechtsbeugung und wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt angezeigt. Hören Sie dazu: Der Podcast zu Vergewaltiger-Fall Zysten an der Gebärmutter - Opfer kann Infektion durch Bielefelder Arzt nicht nachweisen Bei einer 42-jährigen Mandatin von Stefanie Höke hatten sich tatsächlich mehrere Zysten an der Gebärmutter gebildet, der Arzt konnte die Ursache aber erst bekämpfen, nachdem er endlich die konkreten Erreger kannte. &bdquo;Eine Patientin kann sich nicht auf Verdacht auf alle Erreger testen lassen“, sagt Höke. &bdquo;Der Arzt braucht einen konkreten Hinweis.“ Erst mit der verspäteten Info konnte eine effektive Therapie beginnen: &bdquo;Deutlich zu spät“, wie der Gynäkologe versicherte. Weil die Mandatin aber nicht mehr nachweisen konnte, dass die Zysten durch eine Infektion durch den Täter entstanden sind, wurde ihre Schmerzensgeldforderung im September 2023 abgelehnt. Die Ermittlungen gegen Verantwortliche der Staatsanwaltschaft Bielefeld wurde ebenfalls eingestellt. Dagegen legte Stefanie Höke Beschwerde ein. Im NRW-Gesundheitsausschuss sprach die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, Susanne Schneider, von einer &bdquo;unterirdischen Reaktion“ der Justiz: &bdquo;Das Unfassbare dabei ist, dass die Opfer erst 2022 von den Vergewaltigungen und der Infektionsgefahr erfahren haben.“ Dabei hatten die Tatfilme namentlich dokumentiert seit September 2020 vorgelegen. Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf räumt Versäumnis in Bielefeld ein Nun lehnte die Generalstaatsanwaltschaft auch die Beschwerde Hökes ab, bestätigte aber gleichzeitig, dass die verzögerte Unterrichtung der Opfer die Aufarbeitung erschwert habe. Laut Höke hieß es sinngemäß: Durch die Verzögerung seien möglicherweise schädliche Mikroorganismen des Täters 14 Monate lang im Körper des Opfers unerkannt geblieben. Die Generalstaatsanwaltschaft kam deshalb nun zu der Entscheidung, dass eine Ablehnung einer Entschädigung trotz aller juristischer Argumente &bdquo;unbillig“ (also unangemessen) sei und bot der 42-Jährigen die Zahlung von 20.000 Euro an. Mit der Annahme des Schmerzensgeldes verzichtet die 42-Jährige in Zukunft allerdings auf jede weitere Forderung gegen die Justiz. Trotzdem ein Erfolg für Opferanwältin Höke: &bdquo;Damit wurde quasi das Versäumnis der Staatsanwaltschaft eingeräumt. Wir haben 20.000 Euro gefordert und bekommen.“ Die Anwältin vertritt in dem Fall 10 der 32 Opfer des Serienvergewaltigers. Drei von ihnen litten später unter gynäkologischen Beschwerden: &bdquo;Ich werde jetzt auch für die beiden anderen Frauen ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro fordern“, kündigt sie an. Lesen Sie auch: Alle Berichte zur Vergewaltigerserie in Bethel

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