Kleine Bielefelder Naturwunder vergammeln

Bielefeld. Rund 380 Bäche plätschern durchs Stadtgebiet, größere wie der Johannisbach und kleinere wie der Zechenbach. Dazu kommen 350 Teiche. An vielen Stellen wurde und wird renaturiert, wird das Bielefelder Nass durch den Rückschnitt des Ufergrüns, Plattformen und Stege "erlebbar" gemacht. Die Lutter hat es mitten im Stadtasphalt sogar wieder über die Erde geschafft und sprudelt nun munter durch die Ravensberger Straße. Zu den - deutlich selteneren - gut erreichbaren Bachquellen gehört die des Bullerbachs. Deren Holzkonstruktion aber gammelt seit Jahren vor sich hin. Wie ein dünnes grünes Band zieht sich das Bullerbachtal durch die Sennestadt. Der namensgebende, nur drei Kilometer lange Wasserlauf mittendrin entspringt wie viele andere Bielefelder Fließgewässer im Teutoburger Wald. Die Stelle unterhalb der Travestraße, wo der Bach wieder an die Oberfläche kommt, wurde 2003 als "Quelle" begehbar gemacht: Müll und Beton wurden entfernt, eine Holztreppe mit Plattform wurde geschaffen sowie eine Infotafel aufgestellt. Zur Freude vieler Bürger, Vereine, Parteien und Initiativen, die sich seit Langem für den kleinen Quell stark gemacht hatten. Im blubbernden Wasser siedelten sich in den nächsten Jahren Strudelwürmer, Kleinkrebse, Wasserkäfer & Co. an, dazu allerlei feuchtigkeitsliebendes Grün. Noch heute ist das Wasser klar, der Sandgrund hell. Inzwischen aber sind 20 Jahre vergangen. Die Schülerpaten, die das Projekt einst betreuten, gibt es nicht mehr, die Schule wurde vor Jahren abgerissen. Treppe und Steg wurden vor zwei Jahren vom städtischen Umweltbetrieb instandgesetzt, nun rotten sie wieder vor sich hin. Vandalen haben erneut Teile herausgebrochen. Die Infotafel wird durch Graffitigekritzel verunstaltet, auch Müll wird hier immer wieder "entsorgt". Kein Nachfolger für Pflege in Sicht Der Verein, der das Quellprojekt früher betreute - die Biologische Station Senne -, hat sich 2014 aufgelöst. Nachfolger, aber nicht im rechtlichen Sinne und ergo auch nicht verantwortlich, ist die Biologische Station Kreis Paderborn-Senne. Deren Geschäftsführer, Peter Rüther, hatte damals den Projektvertrag mit der Stadt Bielefeld für die Bullerbachquelle mitunterzeichnet. "Wir ständen deshalb natürlich auch jetzt zur Verfügung, ein neues Konzept zu entwickeln", versichert er in der jüngsten Sitzung der Bezirkspolitik. Doch lohnt sich das überhaupt? Rüther verweist auf die ungleich größere und gelungenere Renaturierung der Emsquelle 1997. Das kleine Bullerbachrinnsal dagegen sei ein "sehr künstliches Objekt", der Quellbereich bis heute verrohrt und verbaut. Ziel sei es damals gewesen, die Fremdmaterialien ein für alle Mal zu verbannen, einen gleichmäßigen Wasserfluss zu ermöglichen und den Bereich für Besucher zu erschließen. All das habe nicht wirklich geklappt. Das "Naturerlebnis" sei nicht so wie erhofft, es gebe ein starkes Vandalismus- und Müllproblem, aktuell sei die Steganlage gar nicht mehr betretbar. Auch die Quelle selbst sei eigentlich gar keine und auch nicht wirklich renaturiert. Denn das Wasser komme nach wie vor über eine Rohrleitung vom Teich auf der anderen Seite der Travestraße und vom Regen. Es fließe zudem durch einen unterirdischen Sammler. "Es war vorher eine unnatürliche Situation, und das ist es jetzt auch noch", so das Fazit des Biologen. "Es war nie eine echte Renaturierung, es war nur ,schön verpackt'". Gleichwohl habe diese "Ersatzquelle" für Sennestadt eine einzigartige Bedeutung - da sind sich alle Bezirkspolitiker einig. Deshalb soll die Biostation nun Alternativen für das "Naturerlebnis Wasser" erarbeiten. Geprüft werden sollen dafür, da sind sich alle einig, Bereiche weiter unten im Tal, wo der Bullerbach auch mehr Wasser führt.

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