Vernachlässigt Bielefeld seinen Trinkwasserschutz?

Bielefeld. Der Schutz des Trinkwassers ist Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge und sollte eigentlich höchste Priorität haben. Das sehen auch die Senner Bezirkspolitiker so. Umso fassungsloser waren sie zu erfahren, dass das kleine Wasserwerk III am Flugplatz Windelsbleiche, das seit 1929 besteht, gar nicht in einem offiziellen Wasserschutzgebiet liegt. Das soll nun endlich ausgewiesen werden. Aber warum erst jetzt? Eigentlich wollten die Senner Bezirkspolitiker lediglich &bdquo;eine Ausweitung des Wasserschutzgebietes im Bereich des Flugplatzes Bielefeld-Senne“ beantragen, weil dort drei der zehn Stadtwerke-Trinkwasserbrunnen aus Sicherheitsgründen verlegt werden sollen. Durch eine solche Ausweitung werde &bdquo;die regionale Eigenversorgung mit Trinkwasser gesichert“, formulierten es die Bündnisgrünen in ihrem Antrag. Sie verweisen darauf, dass eine Eigenversorgung im Hinblick auf den &bdquo;spürbaren Klimawandel“ eine zentrale Bedeutung für Senne und auch für ganz Bielefeld hat. &bdquo;Wir waren dann schon ein bisschen überrascht zu hören, dass es dort gar kein Wasserschutzgebiet geben soll“, meint Sennes stellvertretender Bürgermeister Michael Schnitzer noch im Nachhinein. Darüber hatte Bezirksbürgermeister Stefan Mahne in der Sitzung informiert, als der Antrag an der Reihe war. &bdquo;Warum stehen am Flugplatz Senne Wasserschutzgebietsschilder, wenn da gar kein Wasserschutzgebiet existiert?“, fragte Bezirksvertreterin Annegret Hillmann (Grüne) prompt. Eine Antwort gab’s zunächst nicht, und so wurde der Antrag vertagt. 1890 floss in Bielefeld das erste öffentliche Trinkwasser Das Thema Trinkwasser hat in Bielefeld eine lange Geschichte. Schon 1889 hatte der Stadtrat die Einrichtung einer öffentlichen Trinkwasserversorgung beschlossen. Anfang 1890 floss erstmals Wasser aus dem heute noch bestehenden Wasserwerk 1 im Sennestädter Sprungbachtal. 1906 kam Wasserwerk 2 nahe der Autobahnauffahrt Bielefeld-Süd hinzu, 1929 dann Nummer 3 am Flugplatz Windelsbleiche. Inzwischen betreiben die Stadtwerke 15 Wasserwerke mit insgesamt 154 Brunnen. Durch ihre zentrale Lage könne die kleine Windelsbleicher Anlage die Versorgungssicherheit gewährleisten, wenn ein anderes Werk ausfalle: Das hatte der Leiter der Wassergewinnung bei den Bielefelder Stadtwerken, Olaf Kulaczewski, den Senner Bezirkspolitikern schon vor Jahren berichtet. Als er 2013 Gast in der Sitzung der Bezirksvertretung war, wies er auch darauf hin, dass dieses Wasserwerk nicht im Wasserschutzgebiet liege. Er betonte jedoch, dass der Schutz des Trinkwassers gleichwohl gesichert sei, und zwar durch den Vertrag zwischen Flugplatz GmbH, Stadt Bielefeld und Stadtwerken. Lesen Sie auch: Naturschützer fordern: Kein Trinkwasser von Gelsenwasser in Bielefeld Das sehen auch die Stadtwerke so, die ihrerseits darauf hinweisen, dass Wassergewinnung und Flugplatz seit fast 100 Jahren problemlos nebeneinander existieren. Zudem: &bdquo;Die für die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes notwendige ,Schutzfähigkeit’ ist formal aus der Sicht der zuständigen Behörden aufgrund der parallelen Nutzung durch den Flugplatz in der heutigen Konstellation nicht geben.“ Planung neuer Brunnen ist erst im Frühstadium Aktuell sollen drei Förderbrunnen, die unmittelbar an der Start- und Landebahn liegen, &bdquo;aus Sicherheitsgründen“ auf dem Gelände verlegt werden, teilt die Stadt mit. Dafür seien bereits Probebohrungen durchgeführt worden. Die hydrogeologischen Untersuchungsergebnisse würden derzeit ausgewertet. &bdquo;Weitere Sondierungen sind in Vorbereitung“, ergänzen die Stadtwerke. &bdquo;Ein genauer Zeitplan ist hier aktuell noch nicht absehbar.“ Die Brunnenverlegung erfordere allerdings nun auch die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes, erläutert das städtische Umweltamt: Denn &bdquo;die Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser“ sei durch die Festsetzung von Wasserschutzgebieten sicherzustellen. Bislang befänden sich die Planungen noch in einem sehr frühen Stadium. Sie müssten zunächst konkretisiert werden, bevor ein Ausweisungsverfahren eingeleitet werden könne. Lesen Sie auch: Sabotage, Legionellen, Nitrate: Wie sicher ist Bielefelds Trinkwasser? Was es mit den Wasserschutzgebiet-Schildern auf sich hat Was aber bedeuten denn nun die Schilder? Diese stünden tatsächlich an einigen Stellen am Rande des Flugplatzes und wiesen auf ein Wasserschutzgebiet hin, bestätigt die Stadt. Sie seien &bdquo;von den Stadtwerken auf dem Privatgrundstück aus informatorischen Gründen zum Schutz des Wasserwerks aufgestellt worden“. Die Stadtwerke wiederum weisen darauf hin, dass die Schilder &bdquo;auf den direkt angrenzenden Flächen des Wasserwerks“ ständen und den Wasserschutzgebietsschildern nachempfunden seien, &bdquo;um auf die Schutzbedürftigkeit des Geländes hinzuweisen“ – auch wenn dort formal kein solches Schutzgebiet ausgewiesen sei. Offizielle Schutzgebiete gibt es in Bielefeld bislang nur an anderen Stellen in der Stadt: am Wasserwerk Windfang (Nummer 10), Ummeln (17), Sennestadt-West (2) und Sennestadt (1 und 16).

Meistgelesen