"Und das als Kassenpatient": Patient berichtet von Erlebnissen in Bielefelder Klinik

Bielefeld. Überfüllte Notaufnahmen, wenig Pflegekräfte, übermüdete Ärzte - immer wieder hört man von prekären Zuständen in Krankenhäusern. Die Corona-Pandemie verschlimmerte die Lage zusätzlich, das Gesundheitssystem kam an seine Grenzen - auch in Bielefeld. Dass es aber auch die andere Seite gibt, dass das Krankenhauspersonal die Patientenversorgung trotz aller Missstände an oberste Stelle setzt, zeigt Reinhard Bremehrs Geschichte. Im Dezember 2019 stürzte der heute 70-Jährige bei der Arbeit mit einer Leiter über den Arm geklemmt zu Boden. Ein zweifacher Knochenbruch im linken Oberarm und ein elftägiger Aufenthalt auf der Unfallchirurgie im Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) waren die Folge. Die Behandlung, die Reinhard Bremehr dort erhielt, ist ihm bis heute positiv in Erinnerung geblieben. Er wandte sich damit jetzt an die "Neue Westfälische", weil er findet, dass der öffentliche Diskurs über Zustände in Krankenhäusern in der Vergangenheit oft zu negativ behaftet war. "Ich bin Kassenpatient" "Die Schwestern und Pfleger haben mich wirklich gut umsorgt. Auch wenn ich mal zusätzliche Wünsche hatte, waren sie immer bemüht, darauf einzugehen", berichtet der Babenhausener. Ebenso lobt er die Einsatzbereitschaft der behandelnden Ärzte. So sei ihm am Tag des Unfalls in der Notaufnahme zunächst von einem Pfleger mitgeteilt worden, dass er erst am nächsten Tag operiert werde. "Das war ein Schock für mich", erinnert sich Bremehr. "Ich hatte nicht nur starke Schmerzen im Arm, auch die Schwellung und die Hämatome wurden immer schlimmer." Der heute 70-Jährige suchte daraufhin das Gespräch mit einem Arzt und bat darum, noch am selben Tag operiert zu werden. Mit Erfolg. Kurze Zeit später teilte ihm eine Oberärztin mit, dass sie ihn noch heute operieren werde. Auch in den folgenden Tagen seien die Ärzte stets bereitwillig auf seine Fragen eingegangen. "Und ich bin Kassenpatient", betont er an der Stelle. Während seines Aufenthalts im EvKB habe Bremehr aber auch die Probleme im Arbeitsalltag des Krankenhauspersonals mitbekommen. "Ich habe mich oft mit den Schwestern und Pflegern unterhalten. Dabei klagten sie zum Beispiel über zu viel Arbeit und zu wenig Personal", berichtet er. Die Pflegekräfte haben ihn das aber nie spüren lassen, wie er sagt. "Die waren wirklich alle sehr professionell", so der 70-Jährige. "Solche Gesten geben uns Kraft" Trotz Personalmangels eine gute Patientenversorgung leisten - wie schaffen Pflegekräfte das? Daniel Dannenberg, stellvertretende pflegerische Leitung am Klinikum Bethel, sagt, dass neben der Überzeugung für ihren Beruf, der Teamgeist auf der Station immens wichtig für die Motivation der Mitarbeitenden sei. "Wenn jemand ausfällt, springt man füreinander ein und unterstützt sich gegenseitig. Das trägt zu einem guten Betriebsklima bei und das spüren auch die Patienten", so Dannenberg. Reinhard Bremehr will eine Lanze brechen für das Klinikum Bethel. Aber wie oft bedanken sich Patienten eigentlich beim Krankenhauspersonal selbst? "Wir bekommen natürlich Dankbarkeit von unseren Patienten zurück", sagt Thomas Vordemvenne, Direktor der Universitätsklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am EvKB. Das passiere üblicherweise aber nicht so öffentlich und nicht nach so einer langen Zeit, wie im Fall von Reinhard Bremehr. Umso größer sei die Freude darüber. "Solche Gesten geben uns trotz aller Herausforderungen, die wir im Gesundheitssystem zu bewältigen haben, Kraft", so Vordemvenne. Dass dankbare Patienten und ihre Gesten die Mitarbeiter stärken, bestätigt auch Georg Rüter, Geschäftsführer des Franziskus Hospitals. Er betont, dass zwar meist eine positive Grundhaltung und Respekt von Patienten und Angehörigen gegenüber dem Krankenhauspersonal zu spüren sei, es in Einzelfällen allerdings auch Unverständnis, Übergriffigkeit und teilweise Aggression, bis hin zu Hausverboten gebe. "Kritik muss geäußert werden" Einen ähnlichen Fall erlebte Reinhard Bremehr selbst. "Mein Zimmernachbar war oft unfreundlich gegenüber den Pflegekräften und wurde dabei auch laut", erinnert er sich. Axel Dittmar, Sprecher des Städtischen Klinikums Bielefeld, betont jedoch, dass sich die Einstellung der Patienten gegenüber dem Krankenhauspersonal seit der Pandemie insgesamt verbessert habe. "Corona hat den Blick auf das, was in einem Krankenhaus geleistet wird, ganz erheblich verändert. Die Menschen haben erkannt, dass Krankenhäuser und die Menschen, die dort arbeiten, durchaus systemrelevant sind", sagt er. Reinhard Bremehr will mit seinem öffentlichen Dank nicht nur ein Lob für das Klinikum Bethel aussprechen, er will auch an Andere appellieren. "Man kann als Patient offen und freundlich auf Ärzte und Pfleger zugehen. Wenn es Probleme gibt, kann man gemeinsam nach Lösungen suchen. Man sollte aber bedenken, dass man kein Kunde ist, sondern Patient", sagt er. Thomas Vordemvenne vom EvKB ergänzt: "Wenn wir uns etwas wünschen dürfen, ist es das Verständnis füreinander. Wir können versichern, dass wir alles dafür tun, unsere Patienten auf höchstem Niveau zu behandeln. Kritik kann und muss konstruktiv geäußert werden, aber nicht anklagend oder laut".

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