Wie bitte? Bielefelder Schulen kriegen jetzt Luftfilter, die sie gar nicht mehr wollen

Bielefeld. In der Hochzeit der Pandemie sei ihnen der Einsatz eigener, mobiler Geräte untersagt worden. Und jetzt, fast drei Jahre später, sollen sie fest installierte Luftfilteranlagen bekommen, für die gar kein Platz mehr da ist. Das sei schon schräg, so Schulleitungen und Lehrer. Zudem blockiere der stadtweit geplante Einbau von Geräten Kapazitäten beim städtischen Immobilienservicebetrieb (ISB). Dringend benötigte Ausbauten für Klassenräume und OGS müssen deshalb warten, kritisieren Elternvertreter. Schulen für weniger Kinder geplant "Ich weiß nicht, wie das funktionieren soll", so die Schulleitung einer Bielefelder Grundschule, die anonym bleiben möchte. Im Neubau aus den 90er Jahren seien die Klassenräume sehr klein geplant worden. "Weil man seinerzeit von deutlich weniger Kindern pro Klasse ausgegangen ist." Diese Situation sei in der Stadt weit verbreitet. Mittlerweile sind aber in vielen Klassen oft 29 Kinder. "Da zählt wirklich jeder Zentimeter." Wenn jetzt die sogenannten Raumlufttechnischen Anlagen (RLT) noch hinzukämen, müsse definitiv das Lehrerpult raus. Die Anlagen, die fest eingebaut werden, sind etwa zwei Meter hoch, fast ebenso breit und etwa 80 Zentimeter tief. Zudem seien bestimmte kooperative Lernformen dann nicht mehr möglich. Die Kollegen seien "aus allen Wolken gefallen", als sie gehört hätten, dass jetzt noch Luftfilter kommen sollen. Eltern machten sich Sorgen bezüglich der Rettungswege in der ohnehin schon engen Raumsituation. "Man hat das gar nicht mit uns abgesprochen", ist auch aus anderen Grundschulen zu hören. "Das wurde nicht gut gedacht, und auch nicht gut kommuniziert." Zu den CO2-Messgeräten hingegen habe es im August eine Abfrage gegeben. "Die hätten wir gerne gehabt", aber sie seien bis heute nicht geliefert worden, so eine Schulleitung. Ein gutes Raumklima könne man damit dann, in Kombination mit dem Stoßlüften, doch auch ohne große Filteranlagen erreichen. Mittlerweile sei zudem auch klar, dass "Schulen wirklich nicht die großen Corona-Spreader waren". Sehr gerne hätten sie in der Hochzeit der Pandemie kurzfristig flexible, mobile Geräte eingesetzt. Da sei die Stadt aber, wie berichtet, sehr kritisch gewesen. "Wir wissen schon kaum, wo wir die zwei neuen Schüler, die jetzt durch Zuzug noch zu uns in die Klasse kommen, hinsetzen sollen", sagt eine Lehrerin. Auch sie möchte lieber anonym bleiben. Und jetzt bräuchten sie die Luftfilter auch nicht mehr. Bei dem Thema habe sich die Stadt wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Nach dem Einbau in den ersten Schulen funktionierte in vielen Klassenräumen der Sonnenschutz nicht mehr. Wegen des heißen Sommerwetters stiegen deshalb in einzelnen Räumen die Temperaturen bei direkter Sonneneinstrahlung auf bis zu 50 Grad. Es musste nachgebessert werden. Vertragliche Verpflichtungen in Millionenhöhe für die Luftfilter Eine entsprechende Abfrage in den 30 Schulen, in der jetzt der Einbau ansteht, wurde nicht durchgeführt, heißt es auf Nachfrage zu der Kritik aus dem Amt für Schule. Der Rat der Stadt habe am 27. Mai 2021 beschlossen, für so viele Bielefelder Schulen wie möglich das Förderprogramm der Bundesregierung zum Einbau stationärer Lüftungsanlagen in Anspruch zu nehmen, um Klassen-, Mehrzweck- und Differenzierungsräumen sowie die Mensen auszustatten. "Nachdem die Zuwendungsbescheide vom Bundesamt erteilt wurden, hat der Schulträger für die sogenannte zweite Tranche der Ausstattung eine öffentliche Ausschreibung der Leistung für Grundschulen, die bisher in der ersten Tranche nicht ausgestattet wurden, und die beiden Förderschulen der Primarstufe veranlasst und ist demzufolge vertragliche Verpflichtungen in Millionenhöhe für die Umsetzung dieser Maßnahme eingegangen", berichtet Amtsmitarbeiterin Annemarie Jochheck. 529 förderfähige Geräte stehen in der Planung, durchschnittliche Kosten pro Stück: 20.000 Euro. Hinzu kämen Peripherie-Arbeiten: Elektriker, Tischler, Maler und Arbeiten am Sonnenschutz. Der Eigenanteil der Stadt liege bei 20 Prozent. Der Ratsbeschluss formuliere vor diesem Hintergrund keine Ausnahmeregelung für Schulen hinsichtlich einer Nichtausstattung. Die Freihaltung der Rettungswege wurde und werde bei der ganzheitlichen Planung rund um den Einbau der stationären RLT-Anlagen an allen Standorten mit betrachtet und berücksichtigt. "Aktuell befinden wir uns in der Phase der Schulraumbegehungen, um hier im Dialog mit den Schulen die Standorte der Geräte zu eruieren und anschließend mit der Installation zu beginnen", ergänzt Jockheck.

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