Medizin-Krise Bekannter Kinderarzt aus Bielefeld will aufhören

Bielefeld. Schon jetzt ist die ambulante Versorgung für Kinder und Jugendliche in Bielefeld angespannt. Einige Praxen wurden bereits geschlossen, weil kein Nachfolger zu finden war. Das könnte sich noch weiter zuspitzen, so Marcus Heidemann, der Sprecher der Bielefelder Kinder- und Jugendärzte. Denn für weitere Kollegen stehe in der nächsten Zeit der Ruhestand an. Auch Frank Meyer-Ekkert (67) sucht einen oder zwei Nachfolger oder Nachfolgerinnen. Er möchte seine "sehr gut aufgestellte Praxis in freundliche Hände übergeben". Und ist der Meinung, dass der Blick dringend auch auf die positiven Seiten seines Berufs gerichtet werden müsse. "Natürlich ist die Arbeit für mich als Älterem anstrengender geworden, das ist aber in jedem Beruf so", sagt Meyer-Ekkert, der die Praxis an der Treppenstraße in Brackwede vor 34 Jahren von seinem Vorgänger übernommen hat. Immer nur meckern helfe da aber auch nicht. Die ambulante Praxistätigkeit habe viele wirklich schöne und befriedigende Seiten. "Wir begleiten die Kinder von Geburt an bis ins jugendliche Alter, kennen die Familien und deren Besonderheiten", berichtet der Mediziner, der aus Münster kommt und dort studiert hat. Viele Jugendliche verabschiedeten sich mit dem Ausbildungsvertrag oder dem Abi-Zeugnis in der Hand. Das sei besonders schön zu erleben bei denen, die es nicht immer so einfach gehabt hätten. Viele ehemalige Patienten kämen jetzt mit ihren eigenen Kindern. "Diese Erlebnisse kann man in der Klinik nicht haben", sagt Meyer-Ekkert. Und anstrengend sei die Arbeit dort auch, allein schon aufgrund der Schicht- und Nachtdienste. Klassische Homöopathie als Ergänzung zur Schulmedizin Spannend sei die Kinderheilkunde auch nach 30 Jahren immer noch, weil das gesamte medizinische Spektrum abgebildet werde, man ganzheitlich und interdisziplinär arbeite. Die Kinder gäben einem viel zurück, seien so schön ehrlich: "Wenn sie krank sind, leiden sie; sind sie auf dem Weg der Besserung, zeigen sie wieder ihre Fröhlichkeit", sagt Meyer-Ekkert, selbst Vater und Großvater. Auch aufgrund seiner Zusatzausbildung in klassischer Homöopathie hat er sich über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht. "Ich habe die klassische Homöopathie nie ideologisch gesehen, sondern immer als Ergänzung zur guten Schulmedizin", sagt er. Sicher, die gesetzlichen Vorgaben könnten besser sein. Vieles würde aber auch immer nur sehr negativ dargestellt, dabei habe der Beruf auch sehr viel Schönes. Angespuckt und angeschrien worden sei er beispielsweise definitiv noch nie. Vor etwa zwei Jahren habe er begonnen, nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolgerin zu suchen. Bisher ohne konkreten Erfolg. Seine drei erwachsenen Töchter gehen beruflich andere Wege. Er und seine Ehefrau, die ihn als Praxismanagerin unterstützt, suchen jetzt neue Wege, um Nachwuchs anzuwerben. "Wir haben alle Assistenzärzte hier in den Bielefelder Kliniken und Umgebung persönlich angeschrieben und am 7. Dezember zu einem Infoabend in die Praxis eingeladen", berichtet Meyer-Ekkert. Auch eine Kinderkardiologin, die vor einiger Zeit in eine Praxisgemeinschaft eingestiegen ist und vorher als Oberärztin im Krankenhaus gearbeitet hat, sei bei diesem Treffen mit dabei, um Ängste vor einer Niederlassung abzubauen. Praxisorganisation neu denken und effektivere Strukturen schaffen "Wir sollten darum werben, dass sich junge ausgebildete Kinder- und Jugendärzte wieder mehr für die ambulante Medizin interessieren, mit neuen, kreativen Arbeitszeitmodellen und der Verteilung von Verantwortung auf mehrere Köpfe." Ein gutes Team sei auf jeden Fall hilfreich. Zudem müsse man die Praxisorganisation neu denken und effektivere Strukturen schaffen. Wenig hilfreich seien da auch da allerdings Politik und Kassenärztliche Vereinigung (KV), ergänzt Kinderarztsprecher Heidemann. Sie denke stattdessen darüber nach, "gut eingespielte Abläufen durch neue unsinnige und nicht funktionierende EDV-Systeme völlig zu zerstören". Nicht, weil es helfe oder die Ärzte es bräuchten, sondern weil die Politik es wünsche. "Pseudomodern, aber ineffektiv", urteilt Heidemann.

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