Update für Fußgängerzone Bahnhofstraße: Millionen-Investition soll Bielefelds City attraktiver machen

Bielefeld. Loom-Manager Jan Tangerding stellte der Bahnhofstraße im NW-Interview jüngst kein gutes Zeugnis aus: Die Fußgängerzone sei vor 30 Jahren stehengeblieben. Ein hartes Urteil, dem sich Stadtmarketing-Chef Martin Knabenreich jetzt anschließt. Er erklärt zugleich, wo es hakt und wie es besser schnell werden könnte. Beim Bielefelder Citymanagement freut man sich unterdessen über einen neuen Fördertopf. Drin sind 1,4 Millionen Euro für die Stärkung von City und Nebenzentren – allerdings weniger für bauliche Verbesserungen. Wie dringend ein Update für die Bahnhofstraße nötig ist, zeigt eine NW-Umfrage unter Passanten: &bdquo;Hässlich“ und &bdquo;furchtbar“ sind die häufigsten Antworten auf unsere Frage, wie Bielefelds Shoppingmeile ankommt. &bdquo;Es ist dreckig und sehr voll, es fehlt einfach der Charme“, sagt Karina Kley aus Heepen, die mit ihrer kleinen Tochter unterwegs ist. &bdquo;Es gibt keinen Rückzugsort oder ruhige Sitzgelegenheiten, wo ich entspannt stillen könnte.“ Am Spindelbrunnen sei ein Anfang gemacht worden. Nun brauche es mehr Plätze zum Zusammenkommen, Ausruhen und für den Austausch – und eine Spielecke für Kids. Spiel- und Sitzmöglichkeiten und Grün – was Loom-Manager Tangerding im NW-Gespräch entlang der Bahnhofstraße vermisste, trifft den Nerv der Bielefelder. So wünscht sich Waltraud Kunze aus Senne Sitzbänke, um sich beim Stadtbummel ausruhen zu können. Besonders die Bahnhofstraße sei ungemütlich geworden, findet die Seniorin. Auch Bielefelderin Louisa Frohwitter geht immer etwas schneller durch die Bahnhofstraße, denn die lade nicht zum Schlendern ein. Ihr Vorschlag, um die beengte Bebauung aufzulockern: mehr Begrünung und mehr Licht. Fußgängerzone wurde von der Politik über Jahre vernachlässigt Dass die Bielefelder selbst ein gutes Gespür haben, für das, was in der wichtigen Fußgängerzone besser werden muss, bestätigt Geschäftsführer Martin Knabenreich von Bielefeld Marketing, der Manager Tangerding ebenfalls recht gibt. In der Tat sei versäumt worden, an der Bahnhofstraße zu investieren. Auch in den politischen Programmen habe die Innenstadtentwicklung lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle gespielt. &bdquo;Und das bei allen Parteien“, betont Knabenreich. &bdquo;Wir dürfen uns aber nicht darauf verlassen, dass der Handel die Innenstadt rettet.“ Denn der kämpft mit eigenen Problemen: Seit Jahren habe man die Konkurrenz durch den Onlinehandel gefürchtet, &bdquo;jetzt ist sie Gegenwart“, so Knabenreich. Leerstände seien häufiger. Selbst großen Filialisten wie der Schuhkette Görtz (hier soll Ende Februar Schluss sein) und Warenhaus-Riese Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) droht aktuell in der Bielefelder Fußgängerzone das Aus. &bdquo;Wo etwas leer steht, ist aber auch Raum für etwas Neues“, so Knabenreich. &bdquo;Wenn wir eine Innenstadt haben, die als attraktiv gilt, wird es auch schnell Nachfolger geben.“ Lesen Sie auch:Darum hat Karstadt in Bielefeld noch eine Chance Stadtmarketing-Chef setzt auf die Bielefelder Altstadt als Vorbild Bauliche Verbesserungen wie eine neue Pflasterung, Sitzmöglichkeiten, Begrünung, mehr Mülleimer, Spielorte seien dabei nur eine Stellschraube, aber eine wichtige. Das habe das Beispiel der Altstadt gezeigt, wo auf das neue Pflaster schnell neue Mieter folgten. &bdquo;Heute ist der Alte Markt zur guten Stube geworden mit einer hohen Aufenthaltsqualität. In Obernstraße und Niedernstraße sind Leerstände nur von kurzer Dauer. Das funktioniert.“ Auch wegen einer Kaufmannschaft, die sich einsetze, betont Knabenreich. &bdquo;Die Altstadt ist ein Erfolgskonzept, das wir auf die Bahnhofstraße übertragen sollten.“ Weil der Raum in der Bahnhofstraße begrenzt sei, auch die Bedürfnisse von Lieferverkehr und Feuerwehr berücksichtig werden müssten, erfordere das hier allerdings eine sehr genaue Planung. Zudem gebe es in der Altstadt mehr &bdquo;soziale Kontrolle“ bis in die Nacht hinein durch ansässige Cafés und Restaurants. &bdquo;Das ist bei einer Einkaufstraße mit Filialisten anders.“ Sauberkeit und Sicherheit seien deshalb weitere Faktoren für eine attraktivere Bahnhofstraße – und ihre &bdquo;Bespielung“. So trügen Weihnachtsmarkt, Weinmarkt und Leinewebermarkt zum guten Image der Altstadt bei. &bdquo;Hier braucht es Ideen, wie wir die Bahnhofstraße mit eigenen Aktionen beleben können.“ 1,4 Millionen Euro sollen in neue Ideen für Bielefelds City und Nebenzentren fließen Zumindest für die Ideen- und Konzeptfindung steht jetzt ein großer Fördertopf zur Verfügung: Wie die Stadt am Mittwoch mitteilt, hat das Bielefelder Cityteam vom Bundesministerium des Inneren für Bau und Heimat (BMI) den Zuschlag für einen Fördertopf aus dem Programm &bdquo;Innenstädte und Zentren“ erhalten. Inklusive eines Eigenanteils von 25 Prozent stünden für die kommenden 2,5 Jahre rund 1,4 Millionen Euro zur Verfügung für die Stärkung von Innenstadt und Nebenzentren. Finanziert werden soll davon laut Mitteilung eine digitale Passantenfrequenzmessung, die Aufschluss über Laufwege und Handlungsbedarfe für die gesamte Innenstadt gibt. Geplant sind zudem Läden auf Zeit, sogenannte Pop-up-Stores, für lokale Akteure. Von Bielefeld Marketing wird 2023 ein Ideenwettbewerb ausgelobt, die &bdquo;Fan-Aktion für Bielefeld“, um neue Projekte und Veranstaltungen für Bielefeld zu entwickeln. Eine Kommunikationskampagne soll zudem das Image der Innenstadt im Umland stärken. Baumaßnahmen in den Fußgängerzonen bringen jedoch auch Probleme mit sich Laut Henrich Hardieck von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Wege, die das Citymanagement unter ihrem Hut hat, könnte ein Teil der Fördermittel in Sitzmöglichkeiten und eine bessere Aufenthaltsqualität in der Innenstadt fließen. &bdquo;Richtig ist, dass die deutschen Innenstädte sich auch baulich den veränderten Bedürfnissen der Menschen anpassen müssen.“ Der deutsche Städtetag beziffere die dafür notwendigen Investitionen auf 2,5 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren. Zu beachten sei dabei, dass jede bauliche Maßnahme immer auch mit Problemen behaftet sei und zu temporären Einschränkungen führe, &bdquo;wie Sie anhand des Jahnplatz-Umbaus wahrnehmen konnten“. Knabenreich: &bdquo;Es braucht jetzt schnelle Investitionen und den Mut, etwas auszuprobieren und umzusetzen, das nicht gleich perfekt sein muss.“

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