"Fühle mich wie ein Mensch zweiter Klasse": Bielefelderin verzweifelt am Ausländeramt

Bielefeld. Ihr Befinden wechselt zwischen Verzweiflung, Wut und Resignation, wenn sie mit dem Bielefelder Ausländeramt zu tun hat. Seit mehr als drei Monaten versucht Daisy Bentrup, gebürtige Kenianerin, seit 19 Jahren in Bielefeld, einen Termin dort zu buchen. Immer erfolglos. Dabei muss nur ihr unbefristeter Aufenthaltstitel in ihren neuen Pass übertragen werden; eine Sache von wenigen Minuten. Was die 41-Jährige erlebt, steht stellvertretend für vermutlich Tausende Menschen in der Stadt mit ausländischem Ausweis. Das Ausländeramt hat unter seinen Kunden einen schlechten Ruf. Die Probleme sind längst bekannt. Es ändert sich bisher nur nichts. Arbeitsüberlastung und hohe Fluktuation in der Behörde &bdquo;Ich fühle mich abgestempelt, unwillkommen, als Mensch zweiter Klasse“, sagt Bentrup. Sie war mit einem Deutschen verheiratet, hat zwei Kinder (17 und 10 Jahre), arbeitet als Krankenschwester in Bielefeld und zahlt Steuern. Doch sie kann nicht einfach zur Bürgerberatung gehen, um ihre Angelegenheiten zu erledigen. Sie ist &bdquo;stolze Kenianerin“, wie sie sagt. Also ist das Ausländeramt zuständig, &bdquo;und das versteht sich mehr als Ordnungs- als als Servicebehörde für die Menschen“, wie Murisa Adilovic kritisiert. Die Vorsitzende des städtischen Integrationsrates verlangt seit Jahren eine neue Ausrichtung. Vor mehr als einem Jahr schrieb die NW über dieses Thema in identischer Weise. Bielefelder mit ausländischem Pass waren ohne gültige Papiere, bangten um ihre Arbeitsstellen, bekamen aber keinen Termin. Damals teilte der zuständige städtische Dezernent Udo Witthaus auf Nachfrage mit, dass das Personal aufgestockt worden sei und das Dringlichkeitsangelegenheiten immer rechtzeitig behandelt würden. Die Wahrnehmung der Klienten sowie des Integrationsrates waren schon da – und sind es noch heute – komplett kontrovers. In anderen Städten klappt die Terminvergabe Jetzt gesteht die Behörde Probleme ein. &bdquo;Die weiterhin schwierige Situation hinsichtlich der Kapazitäten der Online-Terminbuchung ist bekannt“, teilt das Ausländeramt schriftlich mit. Aktuell stehe eine organisatorische Untersuchung hinsichtlich des Personalbedarfs sowie der Arbeitsabläufe kurz vor dem Abschluss. &bdquo;Richtig ist, dass wir mehr Termine anbieten möchten und Kundinnen und Kunden immer wieder beklagen, dass die Online-Termine zu schnell ausgebucht sind“, heißt es weiter. Genau das erlebt Daisy Bentrup seit dem Sommer. &bdquo;Bei meinen Freunden und Verwandten in Herford, Düsseldorf und Frankfurt gibt es diese Probleme mit den Ämtern nicht, warum hier?“, fragt die alleinerziehende Mutter. Eine Antwort darauf gibt Murisa Adilovic: &bdquo;Es besteht hinsichtlich der Politik kein Wissen und kein Interesse daran, die Probleme zu beheben.“ Die Integrationsratsvorsitzende wirft der Rathauskoalition vor, das Thema zu ignorieren, zwar von Willkommenskultur zu reden, sie aber nicht umzusetzen. Auch der zuständige Dezernent kommt bei ihr nicht gut weg. Statt mehr Personal, eine neue Ausrichtung und neue Räume zu verlangen, begnüge er sich mit dem aktuellen Status. &bdquo;Dabei sind die Mitarbeiter im Ausländeramt überlastet und es gibt eine hohe Fluktuation, außerdem sind die Räume ungeeignet“, sagt Adilovic. Von Seiten der Stadtverwaltung stellt sich die Lage weniger dramatisch dar. &bdquo;Es werden jeden Werktag sowohl tagesaktuell wie auch für die nächsten zwei Wochen neue Termine angeboten. Es ist also nicht richtig, dass es unmöglich ist, mit der Ausländerbehörde über einen längeren Zeitraum in Kontakt zu treten.“ Die Knappheit der Termine hänge jedoch schon &bdquo;zum einen mit einer Raumsituation zusammen, die es nicht zulässt, das Terminangebot signifikant zu erhören“. Dieses Problem solle Anfang 2023 gelöst werden. Vertröstet und abgewimmelt Aktuell habe man aber festgestellt, &bdquo;dass sich die Buchungssituation nicht verschlechtert habe. &bdquo;Wir bieten allen Kunden an, uns im Falle von erfolglosen Buchungsversuchen oder einer Dringlichkeit per Mail oder durch einen Rückrufwunsch zu kontaktieren“, so die Behörde. Für Daisy Bentrup klingen diese Worte wie Hohn, nachdem sie jetzt über Monate, wie sie sagt, jeden Tag erfolglos versucht habe, einen Termin zu ergattern und sowohl per Telefon wie per Mail vertröstet oder abgewimmelt worden sei. &bdquo;Ich fühle mich diskriminiert“, sagt sie. Für Murisa Adilovic sind das alarmierende und warnende Aussagen. Für sie liegt das Problem eindeutig im Bielefelder Rathaus: &bdquo;Ich bekomme jede Woche mehrere Mail und Anrufe von Menschen, denen es genauso geht.“ Wenn von den Migranten zu Recht Integration erwartet werden würde, dürfe so etwas auf Seiten der Stadt nicht passieren. Als Mitglied des Landesvorstands der Integrationsräte sagt sie: &bdquo;In dieser Sache hängen wir anderen Städte sehr hinterher.“

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