Medizin-Campus Gegen den Pflegenotstand: Bielefelds neuer einzigartiger Medizin-Lernort

Bielefeld. Das ist neu, bundesweit sogar einzigartig: In Bethel sollen ab Ende 2027 die Schüler von fünf Gesundheitsschulen gemeinsam mit den angehenden Ärzten der neuen Medizinischen Fakultät an der Uni Bielefeld lernen. Miteinander, voneinander. Mehr als 1.000 junge Menschen profitieren jedes Jahr, begegnen sich, lernen zumeist in kleineren Gruppen. Rollenbilder ändern sich: Arzt, Pfleger, Diätassistent, Ergotherapeut? Gemeinsam ist trumpf. In drei Bauabschnitten wird Sarepta, das 150 Jahre alte Mutterhaus der Diakonissen, saniert und umgebaut. Es war immer ein Ort des Lernens, schon die Diakonissen bildeten sich hier für ihren selbstlosen Einsatz fort. Es folgten Pflegeschulen. Und jetzt der breit aufgestellte &bdquo;Medizin-Campus“. Und wie es der Zufall so will (ist es einer?), heißt &bdquo;Sarepta“ übersetzt &bdquo;Schmelzhütte“. 15 Millionen Euro verbaut Bethel, ab September. Dann wird der nordwestliche Teil des Gebäudes für 4,7 Millionen Euro saniert, bis Ende 2023. Danach folgen der mittlere Teil (2024/2025) und der südöstliche (bis Ende 2027). Bauabschnitt eins gilt dem Bereich der Medizinischen Fakultät, hier zahlt das Land – die weiteren Bauabschnitte trägt Bethel. Bethels Vize-Chef Rainer Norden betont: &bdquo;Bei den Baupreisen und ihren Entwicklungen ist die Summe leider ein wenig wie ein Horoskop.“ Bethel verbaut 15 Millionen Euro Nichts mit Horoskop und Glaskugel zu tun haben die Pläne. Im ersten Bauabschnitt sollen die vor allem die Kapelle aus den 50ern sowie der historische Speisesaal saniert und umgebaut werden. Die Buntglasfenster am Altar sowie das große Wandgemälde im Speisesaal bleiben erhalten. Übrigens, typisch Bodelschwingh: Wie in vielen Kunstwerken darf der alte Bodelschwingh auch hier nicht fehlen, als Barmherziger reicht er ganz links außen Bedürftigen die Hand. Auf Augenhöhe Auch wenn in den Bauabschnitten zwischen Uni und Bethels Gesundheitsschulen getrennt wird, soll der Alltag alles andere als trennend sein. Dekanin Claudia Hornberg von der Medizinischen Fakultät hebt &bdquo;das interprofessionelle Konzept“ hervor, alle Beteiligten sprechen davon, dass es bundesweit einzigartig sei. Nicht, weil nicht andere auch für das Zusammenarbeiten auf Augenhöhe wären, sondern weil es nirgendwo so umgesetzt werden könne wie in Bethel. Der Standortvorteil: Passende Strukturen – und ein gut 6.000 Quadratmeter großes Gebäude, in dem bereits die Pflegeschule Bethels mit fast 450 Schülern sitzt. Schüler, die übrigens nur selten abbrechen und zu 80 Prozent anschließend in Bethel Kliniken, das EvKB und Mara, wechseln. Hinzu kommen nun bald aus Schildesche die Schüler der Schulen für Diätassistenz (45) sowie Radiologieassistenz (75) – und auch die Schulen für Ergotherapie (Eckardtsheim, 62) und Physiotherapie (Mitte, 84), die künftig in der Nähe Sareptas angesiedelt werden. Am Ende sind es 715 Schülerinnen und Schüler, die mit Hunderten Studenten in den Räumen themenbezogen gemeinschaftlich lernen sollen. An den Gesundheitsschulen dauert es entweder drei oder fünf Jahre, an der Uni sechs. "Es wird sehr modern werden" Dafür sollen im ersten Bauabschnitt drei Seminarräume und zwölf Kleingruppenseminarräume entstehen, in den weiteren Bauabschnitten 15 Seminarräume und fünf kleinere Seminarräume – sowie diverse Extra-Lernorte. Alles im laufenden Betrieb, betont Bethels Immobilienchef Reinhard Röse. Vor der neuen Nutzung des Gebäudes standen viele Debatten: Was geht, was nicht? Es musste eine Idee her, die keine Parkplätze benötigt, &bdquo;denn die haben wir hier nicht, das ginge nicht“, so Röse. Ziel: Nachwuchs gewinnen Zufrieden ist Thomas Vordemfenne, Ärztlicher Direktor des EvKB: &bdquo;Es wird sehr modern werden, wir planen auch sehr viele virtuelle Lehrformate.“ Für ihn ist das, was auch heute schon gut klappt, das Entscheidende: &bdquo;Es geht für uns darum, Nachwuchs zu gewinnen.“ Menschen zu begeistern – von der Pflege bis zum Arztberuf. Das funktioniere nur, wenn alle Berufe für attraktiv gehalten würden – und diese Wahrnehmung komme eben, wenn gemeinsam an einem Krankenbild gelernt werde. &bdquo;Auf Augenhöhe.“ Für Pflegedirektorin Petra Krause gibt es einen weiteren, attraktiven Nebeneffekt: &bdquo;Wir bringen hier viele Menschen Anfang 20 zusammen – und bieten jede Menge Begegnungen.“ Im Privaten, in den Kliniken, auf dem Campus.

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