Universität prüft Querdenker-Rede von umstrittenem Bielefelder Professor

Bielefeld. Der Allgemeine Studierenden Ausschuss (AStA) der Uni Bielefeld und das antifaschistische Recherchenetzwerk OWL haben Jura-Professor Martin Schwab nach seiner Rede beim jüngsten Lichterspaziergang am 18. März auf dem Kesselbrink schwere Vorwürfe gemacht. Der AStA hat zudem die Leitung der Uni Bielefeld aufgefordert, endlich Stellung zu beziehen und sich gegen Schwab zu distanzieren. Der umstrittene Jurist wehrt sich nun gegen diese Vorwürfe. Aber auch die Leitung der Uni Bielefeld meldet sich zu Wort. Sie will nun die kritisierte Rede ihres Professors auf dienstrechtliche Vergehen prüfen. Was war passiert? Wie berichtet, gilt der Bielefelder Lehrstuhlinhaber schon lange als Kritiker der politischen Entscheidungen in der Corona-Pandemie. Dabei leugnet er die Pandemie nicht, stellt aber immer wieder virologische Forschungsergebnisse in Frage und wettert gegen Masken ("Masken machen krank") und Quarantäne. Seine Kritiker sprechen von Falschinformationen, er spricht von Meinungsfreiheit. 19 Auftritte bei Querdenker-Anwalt Reiner Füllmich Seine Meinung als Jurist ist auch fernab juristischer Fragen bei Kritikern der Corona-Politik gefragt – etwa im sogenannten &bdquo;Corona-Ausschuss“ rund um Querdenker-Anwalt Reiner Füllmich. Nach Angaben des AStA trat er in diesem Sende-Format, in dem laut Recherchenetzwerk &bdquo;Fehlinformationen zu den Corona-Schutzmaßnahmen, Verschwörungsmythen und Holocaust-Relativierung verbreitet“ würden, bereits 19-mal auf. Seine Statements seien dabei stets aus seinem Uni-Büro heraus gestreamt worden. Das kritisieren Teile der Studierendenschaft. Seit langem versuchen sie, die Uni-Leitung zu einem Statement in der Causa Schwab zu bewegen. Doch die zog sich bisher mit einem Hinweis auf das hohe Gut der Meinungsfreiheit zurück. Mit der Rede am Kesselbrink, so sagt der AStA, habe Schwab aber endgültig Grenzen überschritten.Jurist wirft "Alt-Medien" Volksverhetzung vor Der Professor für Bürgerliches Recht kritisierte in seiner Rede den Versuch von Politikern und Medien, die Gegner der Corona-Maßnahmen gezielt "als Feindbild darzustellen“. Dabei warf Schwab den &bdquo;Alt-Medien“ Volksverhetzung vor, weil sie &bdquo;unbescholtene Menschen, die einfach nur ihr Leben zurückhaben wollen, mit Neonazis in einen Topf werfen“. Das banalisiere das Treiben derjenigen, die wirklich mit einer rassistischen oder ausländerfeindlichen Agenda unterwegs seien. Sein Fazit: Diese Medien &bdquo;verharmlosen auf diese Weise das Unrecht der NS-Zeit und den Holocaust. So was ist strafbare Volksverhetzung.“ Dabei ist bekannt, dass auch in Bielefeld Reichsbürger, AfD-Vertreter und Rechtsextreme die Lichterspaziergänge der Gruppe &bdquo;Bielefeld steht auf“ besuchen. Das bestätigen Szenebeobachter genauso wie die Polizei in Bielefeld. Niemand behauptet, dass alle Lichterspaziergänger dazu gehören. Doch genauso interpretiert Schwab die Medienberichterstattung in seiner Rede. Zusammenarbeit mit Haverbeck-Sympathisantin? In diesem Zusammenhang steht Schwab in der Kritik, selbst mit Rechtsextremen zusammengearbeitet zu haben. Laut Recherchekollektiv soll er an einem Projekt beteiligt gewesen sein, das Impf-Zentren verhindern wollte. Dabei habe der aktuelle Bielefelder Landtagskandidat der Querdenker-Partei &bdquo;Die Basis“ mit einer Frau zusammengearbeitet, die zugibt, an zwei Neonazi-Demos gegen die Inhaftierung der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld teilgenommen zu haben. Sie selbst soll sich in Telegram-Chats als Reichsbürgerin bezeichnet haben. Schwab sagt dazu in seiner Rede, er habe einer &bdquo;Mutter zweier Kinder“ geholfen, die angesichts der Maskenpflicht Angst um die Gesundheit ihrer Kinder gehabt habe. Auf Anfrage hatte er bereits im August 2021 betont, dass er die politische Agenda der Frau nicht kannte. Er könne nicht von jedem Gesprächspartner die Hintergründe durchleuchten. Deshalb seien die Argumente von AStA und Recherchekollektiv, die ihn in die rechte Ecke stellen sollen, an den Haaren herbeigezogen. "Das Rektorat wird die vorliegenden Informationen auswerten" Der Professor spricht in diesem Zusammenhang von einer &bdquo;Kontaktschuld“, die &bdquo;seit zwei Jahren zum Repertoire der Feindbild-Rhetorik gehört“. Er habe nichts mit solchen Gruppen zu tun, rechtsextremes Gedankengut sei ihm völlig fremd. Neben &bdquo;Widerstand, Widerstand“, &bdquo;Lauterbach muss weg“ oder &bdquo;Scholz muss weg“ skandierte er auf dem Kesselbrink tatsächlich auch &bdquo;Nazis raus“.Nach dem öffentlichen Appell des AStA an die Uni-Leitung reagiert diese nun mit einer Mitteilung: &bdquo;Das Rektorat wird die vorliegenden Informationen sorgfältig auswerten und in Hinblick auf die Grenzen der Meinungsfreiheit und beamtenrechtliche Pflichten bewerten.“ Die Uni Bielefeld, so heißt es weiter, habe wahrgenommen, &bdquo;dass Professor Schwab bezogen auf die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie eine sehr kontroverse Position einnimmt und diese wiederholt auch öffentlich geäußert hat“. Keine Videoauftritte mehr aus dem Uni-Büro mehr Das Rektorat betont dazu, dass es hinter den staatlichen Maßnahmen stehe und sich beim Schutz der Mitglieder der Uni Bielefeld von den anerkannten wissenschaftlichen Standards und Empfehlungen leiten lasse. Zu Schwabs Äußerungen heißt es konkret: &bdquo;Die Mitglieder des Rektorats und die Fakultät für Rechtswissenschaft haben in Hinblick auf die Einschätzung der Pandemie und der notwendigen Maßnahmen eine dezidiert andere Meinung.“ Man nehme aber zur Kenntnis, dass Herr Schwab sich auf die Meinungsfreiheit berufe. Schwab weist in einer eigenen Stellungnahme die Kritik des AStA entschieden als Diffamierung zurück. Dass er bei seiner Rede von "Bielefeld steht auf" gegen Politik und Medien Hetze betrieben habe, wie es von seinen Kritikern formuliert wird, sei genauso wenig zutreffend wie der Vorwurf, für rechtsextremes Gedankengut zu stehen. Allerdings werde er ab sofort keine Videoauftritte im &bdquo;Corona-Ausschusses“ mehr von seinem Büro aus machen. Das geschehe auf Wunsch seiner Dekanin, die er damit aus der öffentlichen Schusslinie nehmen wolle. Er tue dies also nicht aufgrund eines Fehlverhaltens, sondern zur Deeskalation.

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