Bielefeld Droht die Verkehrswende Bielefelds größte Bevölkerungsgruppe abzuhängen?

Bielefeld. Fast 90.000 Bielefelder sind über 60 Jahre alt, Tendenz steigend. Für ihre Interessen setzt sich der gewählte Seniorenrat ein. Er hat jetzt eine Agenda für &bdquo;aktives und zufriedenes Altern in Bielefeld“ vorgelegt. Ziel sei es, dass auch Ältere an allen gesellschaftlichen Aktivitäten teilhaben können. Das gelte für den Verkehr ebenso wie für die Digitalisierung. Senioren dürften nicht abgehängt werden. Gerade die Corona-Pandemie trifft ältere Menschen stark. Vereinsamung und Verarmung seien zunehmend die Folge, sagt der Vorsitzende Wolfgang Aubke. Gleichzeitig würden immer mehr Menschen gesünder älter: &bdquo;Der geänderten Lebensgestaltung müssen wir Rechnung tragen, aber auch der UN-Erklärung, nach der jeder nach seinen Wünschen und Möglichkeiten leben können soll.“Und da gebe es viel zu tun. Der Seniorenrat will &bdquo;wahrnehmbarer“ werden, stärker über seine Projekte informieren und auf Wochenmärkten mit Älteren sprechen, um genauer ihre Wünsche zu erfragen. Aubke: &bdquo;Wir wollen nicht nur auf das reagieren, was uns die Verwaltung oder die Politik der Stadt vorgibt.“Barrierefreiheit dauert zu lang Aber schon das ist sehr viel. So hat der Seniorenrat auf die Stadtentwicklung und Verkehrswende ein waches Auge. Er hat Sorge, dass der Bedarf der Älteren dabei zu kurz komme. Aubke: &bdquo;Wir dürfen das Auto nicht nur verteufeln. Die Möglichkeiten zu allen notwendigen Bewegungen und Transporten müssen gewährleistet bleiben.“ Er fordert zudem, &bdquo;die Verkehrswende von unten zu organisieren“. Wichtig sei eine &bdquo;fußgängergerechte Gestaltung“. Manko bleibt die Barrierefreiheit. Die Stadt muss sie bei Stadtbahn und Bussen bis zum 2022 umsetzen. Das schafft sie nicht. Aubke: &bdquo;Das dauert zu lang.“ Ein &bdquo;neues Denken“ hält Eberhard Göpel aus Sicht des Seniorenrates bei der Stadtentwicklung für notwendig. Große Plätze wie Kesselbrink und Jahnplatz seien zunehmend ins Zentrum gerückt, doch es gehe um nachhaltiges Leben in der Stadt, um Lebensraum für alle zu schaffen. Bezahlbare Wohnungen, seniorengerechte Wohnformen, der Ausbau von Quartiersarbeit und Versorgungsinfrastruktur hält der Beirat für dringend, um ein selbstbestimmtes Leben im vertrauten sozialen Umfeld für Ältere zu ermöglichen. Monika Gebhart: &bdquo;Darauf schauen wir.“ Mehr öffentliche Toiletten Daneben kämpft das Gremium mit Anträgen für Vergünstigungen beim öffentlichen Nahverkehr und Freizeitangeboten für Senioren, aber auch für mehr öffentliche Toiletten in der City und den Außenbezirken. Traurig sei, dass nur die Hälfte der 6.000 Berechtigten ihren Anspruch auf Grundsicherung wahrnehmen, bedauert Iris Huber. Mängel sieht Aubke zudem bei der flächendeckenden, wohnortnahen Ärzteversorgung: &bdquo;2017 haben wir schon einen Antrag auf ein Konzept gestellt. Geschehen ist bisher wenig.“Der Seniorenrat setzt sich zudem für die Stärkung der Kurzzeitpflege, die Gewinnung von Pflegekräften, die Mitwirkung von Heimbeiräten und mehr ehrenamtliches Engagement ein. Dieses sei gerade in Corona-Zeiten nötig. Eine App allein reicht nicht aus&bdquo;Enorm gefordert“ sind auch Senioren durch die Digitalisierung. Renate Worms: &bdquo;Das hat rasant zugenommen.“ Das erleichtere Älteren die Teilhabe, aber es sei auch eine Hürde: &bdquo;Wichtig ist, dass Angebote leicht und sicher zu bedienen sind.“ Aber es müsse auch überall Alternativen geben: &bdquo;Es kann nicht sein, dass ein MoBiel-Angebot wie der Stadtteilbus Anton nur über eine App zu buchen und bezahlen ist.“ Senioren bräuchten direkte Kontakte und Vertrauenspersonen, so Worms.Der Seniorenrat will seine Agenda jetzt den Ratsfraktionen vorstellen und hofft auf Unterstützung. Aubke: &bdquo;Nur mit der Politik können wir das umsetzen.“

Mehr zum Thema