Kommunalwahl in Bielefeld: Demokratie braucht Dialog, aber auch mit der AfD?

Noch knapp drei Wochen bis zur Kommunalwahl. Plätscherte der Wahlkampf, unterbrochen durch die Sommerferien, bis dato eher zäh dahin, so gibt es nun tatsächlich doch ein Thema, das die Gemüter hochkochen lässt. Leider geht es dabei nicht um einen inhaltlichen Diskurs zum Wohle der Stadt, sondern darum, dass eine Diskussion gar nicht erst zustande kommt. Der Bielefelder Seniorenrat sah sich genötigt, die für den 27. August geplante Podiumsdiskussion mit den Kandidatinnen und Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt im Rathaus abzusagen. Das &bdquo;Bündnis gegen Rechts“ hatte eine Mahnwache mit bis zu 150 Teilnehmern angekündigt, da auch AfD-Bewerber Florian Sander eingeladen war. Protestiert werden sollte damit gegen die rechtsextreme Ausrichtung der AfD. Die Partei wird vom Verfassungsschutz als &bdquo;gesichert rechtsextrem“ eingestuft, wogegen sie juristisch vorgeht. Um eine Verunsicherung und Verängstigung der Zielgruppe des Seniorenrates beim Zutritt zum Veranstaltungsort, Großer Ratssaal des Neuen Rathauses, zu vermeiden, &bdquo;haben wir die Veranstaltung schweren Herzens abgesagt“, so Wolfgang Aubke, Vorsitzender des Gremiums. Seniorenrat ist zu strikter Parteienneutralität verpflichtet Nun handelt es sich beim Seniorenrat nicht um eine Ansammlung ängstlicher und besonders schutzbedürftiger Mitbürger, sondern er ist ein überparteiliches Gremium, das den Stadtrat in Bezug auf die Interessen der älteren Bevölkerung Bielefelds berät. Zudem hat sich das Gremium, mit der Entscheidung, den AfD-Vertreter einzuladen, nicht unbedingt leicht gemacht. Die Entscheidung dafür fiel mehrheitlich, aber nicht einstimmig aus. Gemäß seiner Satzung sei der Seniorenrat aber zu strikter Parteienneutralität verpflichtet. In dieser Konsequenz gebiete das demokratische Grundverständnis die Teilnahme aller formalrechtlich zugelassenen Parteien, solange sie nicht verboten sind, erklärte Aubke. Doch wer hat nun den schwarzen Peter? Der Seniorenrat sicher nicht. Er hat sich in einem demokratischen Prozess dafür entschieden, alle OB-Kandidaten einzuladen. Und wer schon mal eine Ratssitzung besucht hat, durch die man nur durch ein Spalier von Demonstranten gelangt, der kann die Befürchtungen der älteren Bielefelder sicher nachvollziehen. Vor den &bdquo;Omas gegen Rechts“ muss sich niemand fürchten Aber auch das &bdquo;Bündnis gegen Rechts“ ist hier nicht der Sündenbock. Natürlich ist eine Warnung vor den Zielen einer rechtsextremen Partei legitim und vor den &bdquo;Omas gegen Rechts“ muss sich niemand fürchten. Letztendlich ist die Kommunikation zwischen Bündnis und Seniorenrat leider gründlich schiefgelaufen. Der von OB-Kandidat Ingo Nürnberger (SPD) vorgeschlagene Kompromiss, nun in der Stichwahlphase eine Veranstaltung explizit für Seniorinnen und Senioren auszurichten, ist ein guter Vorschlag, der nun auch zum Tragen kommt. Immer aktuell: Kommunalwahl 2025 in Bielefeld - alle News im Liveticker Ich persönlich halte es für etwas unfair, die großen Linien der deutschen Politik ausgerechnet auf dem Rücken des Bielefelder Seniorenrates auszutragen. Bessere Plattform war die im Februar vom Bündnis initiierte Großdemo unter dem Motto &bdquo;Keine Stimme für die extreme Rechte“, an der etwa 25.000 Bielefelder teilgenommen haben. Allerdings haben auch wenig später bei der Bundestagswahl 27.000 Bielefelder für den AfD-Kandidaten Maximilian Kneller gestimmt. In den jüngsten Umfragen liegt die AfD bundesweit nur noch knapp hinter der Union, Forsa sieht sie sogar vorn. Jeder vierte Deutsche würde AfD wählen Das zeigt, dass wir nicht so tun dürfen, als ob es diese Partei gar nicht gäbe oder sich das Problem von selber löse, weil die AfD demnächst sowieso verboten wird. Denn jeder vierte Deutsche würde sie wählen. Wir müssen uns mit der AfD auseinandersetzen, sie entlarven und ihre Fake News widerlegen – und zwar auch in öffentlichen Podiumsdiskussionen. Da müssen wir den Bielefelder OB-Kandidaten Florian Sander fragen, ob die AfD denn mehr für die Stadt zu bieten hat, als er in den vergangenen fünf Jahren mit seinem Kompagnon im Rat gezeigt hat. Denn außer krawalligen Redebeiträgen sind die beiden nicht unbedingt durch politischen Fleiß aufgefallen. Fristen, Stimmzettel, Orte: So funktioniert die Briefwahl Dennoch müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass die AfD bei der Kommunalwahl in Bielefeld ein zweistelliges Ergebnis erzielen könnte und dann mit einer größeren Fraktion in den Rat einziehen würde. Und da reicht es für die demokratischen Parteien nicht, einig gegen die AfD, aber uneinig untereinander zu sein. Da müssen sie beweisen, dass sie in Bielefeld etwas gemeinsam für die Stadt hinbekommen, um zu zeigen, dass die Demokratie auch funktioniert. Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Meinung an stefan.gerold@nw.de

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